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18:04 Uhr - 27.07.2022

Credit Suisse sägt weiter am eigenen Stuhl

Die Bank feilt nach einem desaströsen Quartal erneut an der Strategie. Auch mit neuem CEO wird die Moral beim Personal tief bleiben.

Credit Suisse (CSGN 5.21 +1.01%) beginnt noch einmal von vorn. Die zweitgrösste Schweizer Bank will mit Ulrich Körner als neuem CEO in den kommenden drei Monaten an ihrer Strategie feilen. Thomas Gottstein, der das Institut seit Anfang 2020 durch eine Reihe von Skandalen und Verlusten führen musste, tritt zurück. «Nach Gesprächen mit (Präsident) Axel (Lehmann) und meiner Familie sowie aus privaten und gesundheitlichen Gründen», sei dieser Entschluss gefallen, so Gottstein gemäss Mitteilung der Bank vom Mittwoch.

Wie dringend eine Generalüberholung der CS ist, hat die erste Hälfte von 2022 überdeutlich gezeigt. Die Bank war zu Beginn des dreifachen Krisenjahres mit Krieg, Inflation und Rezessionsängsten so schlecht aufgestellt, dass sowohl im Halbjahr als auch im zweiten Quartal selbst auf bereinigter Ebene ein Verlust resultierte. Obwohl sich CS gemäss Finanzchef David Mathers in der Mitte ihres angepeilten Kostenbands bewegte, blieb der Ertrag unterhalb der Kosten.

Wirklich desaströs wurde der jüngste Leitungsausweis der Grossbank aber erst durch die vielen Sonderfaktoren (vgl. Box (BOX 28.01 +2.34%)). Diese drücken die Einnahmen und bringen höhere Kosten – und führten unter dem Strich zu einem Verlust von 1,17 Mrd. Fr.

Bussen und Abschreiber

Aufgrund dieses Resultats, das noch weit schlechter war als die ohnehin schon tiefen Erwartungen, gehen der Verwaltungsrat und das – in zwei Jahren praktisch komplett erneuerte – Management zurück ans Reissbrett. Credit Suisse gibt sich erneut ein tieferes Kostendach. Statt jährlich 16,5 bis 17 Mrd. Fr. will die Bank künftig – ohne die erwähnten Sonderfaktoren – höchstens 15,5 Mrd. Fr. jährlich ausgeben. Zudem wurde einmal mehr wiederholt, man wolle eine Investmentbank, die das Wachstum von Vermögensverwaltung und Schweizer Bank stärkt.

Diese Investmentbank war einmal mehr der wichtigste Grund für das schlechte Abschneiden der Bank. Sie schrieb zum vierten Mal in sechs Quartalen Verlust und verbuchte die tiefsten Einnahmen seit mindestens 2020. «In 40 Quartalen haben wir nie ein so hartes Quartal gesehen», sagte CEO Gottstein vor Journalisten.

Neben Rückstellungen von 200 Mio. $ für den falschen Umgang der Banker mit elektronischen Kommunikationsmitteln blieb die CS auf Schuldpapieren aus einem Finanzierungsgeschäft sitzen und musste darauf 245 Mio. $ abschreiben.

Dieser Verlust zeigt ein zentrales Problem der CS-Investmentbank: Da sie, namentlich im Vergleich zur US-Konkurrenz, relativ schmal aufgestellt ist, kann sie einen Einbruch in einem wichtigen Geschäftsbereich nur bedingt durch Erfolge andernorts auffangen. Die Vollbremsung bei den Börsengängen und Unternehmensfinanzierungen, einer zentralen Stärke des Instituts, war deshalb umso fataler.

Falsch in den Bärenmarkt

Zugleich litt auch die Paradedisziplin der Bank: die Vermögensverwaltung. Einerseits schlägt dort die Allfunds-Beteiligung zu Buche. Wie auch bei der Konkurrenz reduzierten Kunden zudem ihre Risiken, indem sie Kredite abbauten, die normalerweise als Kundenvermögen gebucht und entsprechend mit Gebühren belegt werden. Das verstärkte den Effekt sinkender Märkte, der die Kundenvermögen ohnehin schmelzen liess und drückte die wiederkehrenden Gebühren im Jahresvergleich um 14%. Die Handelseinnahmen aus den Transaktionen der reichen Kunden fielen derweil um 11%.

Auch hier zeigt sich, dass die CS mit der falschen Aufstellung in den Bärenmarkt steuerte. Die Handelserträge der Privatbank sanken weniger stark als die vergleichbare Zahl bei der grossen Konkurrentin UBS (UBSG 14.63 -0.03%). Bei der UBS machen die wiederkehrenden Gebühren aber einen viel grösseren Teil des Ertrags aus und waren zudem weniger volatil. Das führte dazu, dass selbst auf adjustierter Basis der Gewinneinbruch der Paradedivision bei der CS deutlich schwerer wiegt.

Angesichts dieser Mängel ist es kein Wunder, muss die Credit Suisse einmal mehr den Sparhammer auspacken. Um trotz des angepeilten Kostendachs von 15,5 Mrd. Fr. – welches schon deutliche Einsparungen erfordert – weiter investieren zu können, muss die Bank zudem übers Ziel hinausschiessen, wie CFO Mathers betonte.

Glaubt man den CS-Chefs, steht eine erneute Sparrunde der Idee, in die Kerngeschäfte Private Banking, Asset Management und das Schweizer Geschäft zu investieren, aber nicht entgegen. Als Beispiel nannte Mathers den Entscheid, das Beschaffungswesen der Bank auszulagern. «Vielleicht ein bisschen peinlich» sei es, wie viel die Bank für gewisse Dinge bisher zu viel bezahlt habe.

Mathers, Gottstein und Lehmann – sie bestritten die Präsentationen zum Quartalsabschluss zu dritt – betonten zudem, das angepeilte Kostendach reiche für die Bank in ihrer derzeitigen Form. Zwischen den Zeilen wird überdeutlich: Weitere Schliessungen von Geschäftsbereichen, gerade in der Investmentbank, scheinen möglich.

Aktie bleibt uninvestierbar

Auch wenn die Börse diese Pläne am Mittwoch verhalten begrüsste und die CS-Papiere in einem stagnierenden Markt zeitweise über 2% zulegten: Die anhaltende Schrumpfkur der Investmentbank ist auch riskant. Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass praktisch jeder einzelne Bereich dieses Geschäfts volatil ist. Mit jedem Ausstieg verliert die Bank ein weiteres Geschäft, welches in einer nächsten, anders gelagerten Krise für Ausgleich sorgen könnte.

Zudem dürfte das «mittelfristige» Erreichen des Kostenziels Sparübungen bis Ende 2024 mit sich bringen. Vor diesem Hintergrund ist die Frage von Anke Reingen, Analystin der Royal Bank of Canada (RY 121.85 -1.02%), berechtigt: Wie CS den Umbau bewerkstelligen wolle, ohne die Moral des Personals zu beeinträchtigen, wollte sie vom CS-Management wissen.

Auch wenn Mathers betonte, der Abbau würde vor allem externe Temporärangestellte betreffen, und man habe bereits in allen Bereichen analysiert, wo das Sparpotenzial liegt: Dieses Problem ist einer der Gründe, weshalb Credit Suisse für FuW uninvestierbar bleibt, auch wenn die Bank mit einer Bewertung zu weniger als einem Drittel des Buchwerts günstig erscheint.

Schon nach dem letzten angekündigten Umbau Ende 2021 mussten die Mitarbeiter zum Teil monatelang warten, bis klar war, wohin sie gehören. Dass in dieser Zeit nur schlecht gearbeitet wurde, hat auf die Zahlen ebenfalls Auswirkungen. Die Aussicht auf weitere Jahre des Umbaus unter gleichzeitigem Abarbeiten von Altlasten dürfte weder Aktionäre noch Mitarbeiter motivieren.

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