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10:19 Uhr - 05.11.2014

Apec-Gipfel zwischen Kooperation und Rivalität

Geopolitische Machtspiele trüben das Klima zwischen den Ozean-Anrainern. Noch überwiegt die Vernunft der wirtschaftlichen Zusammenarbeit.

Vor dem am Mittwoch beginnenden mehrtägigen Gipfeltreffen der Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftskooperation (Apec) wurde in Peking gründlich aufgeräumt. Nicht nur sorgen in der chinesischen Hauptstadt Tausende zusätzlicher Polizisten für mehr Sicherheit und Sauberkeit. Vor allem ist mit temporärer Ausserbetriebnahme umweltverschmutzender Fabriken sowie massiver Beschränkung des Autoverkehrs dafür gesorgt worden, dass sich der zu dieser Jahreszeit besonders dichte Smog gelichtet hat.

Damit können die Staatsmänner aus den 21 Apec-Mitgliederländern zwar besser atmen. Dennoch behindern politische Nebelschwaden die Sicht auf die 1989 gegründete Apec. Dabei weist zumindest beim ersten Hinsehen eigentlich alles darauf hin, dass in dem Verbund von 21 Ländern alles zum Besten steht, wird doch immer wieder gesagt, dass das einundzwanzigste Jahrhundert Asien gehört. In den Anrainerländern des Pazifischen Ozeans leben 40% der Weltbevölkerung.

Sie wiederum erbringen dank den günstigen demographischen Verhältnissen, den wettbewerbsfähigen Löhnen und vor allem dem rasant wachsenden interregionalen Handel mittlerweile 54% der globalen Wertschöpfung. Noch vor einer Generation lag dieser Anteil unter 30%. Doch die Apec-Mitglieder tragen untereinander auch geostrategische Rivalitäten aus, allen voran die USA und China. Das hat ein eigentliches Wettrüsten ausgelöst, das zunehmend einen Schatten auf die asiatisch-pazifische Region wirft.

Wettlauf der USA und Chinas

Während die USA dabei sind, ihren militärischen Schwerpunkt vom Atlantik und von Nahost in den Pazifik zu verlegen, baut Peking seine See- und Luftstreitkräfte in forschem Tempo aus. Dabei wird auch eifrig an Allianzen geschmiedet. Japan, Vietnam oder auch die Philippinen tragen mit China territoriale Streitigkeiten aus und suchen daher die Nähe zu den USA. China wiederum fühlt sich von den USA, Indien, Australien und Japan umzingelt. Peking hat nicht zuletzt deshalb in den vergangenen Jahren die militärische Zusammenarbeit mit Moskau und den zentralasiatischen Staaten intensiviert.

All das muss nicht unbedingt zu einem Krieg führen. Doch die Gefahr steigt, dass ein kleiner Zwischenfall sich zu einem grösseren bewaffneten Konflikt ausweiten könnte. Vergangenen September kam vor der Küste Vietnams ein chinesischer Abfangjäger einem amerikanischen Aufklärungsflugzeug gefährlich nahe.

Es ist daher umso bemerkenswerter, dass dieser Tage unter anderen die Präsidenten Chinas, der USA oder auch Russlands am Apec-Gipfel über eine engere wirtschaftliche Zusammenarbeit reden. Das beweist schon einmal, dass in der asiatisch-pazifischen Region nach wie vor die grenzüberschreitende wirtschaftliche Vernunft stärker ist, als es die nationalen Leidenschaften sind.

Nebulöse Zukunft

Doch bisher ist nicht klar, ob Apec die Vorstufe eines die gesamte Region umfassenden gemeinsamen Wirtschaftsraums ist oder schliesslich in unterschiedliche ideologische Blöcke auseinanderfallen wird. Das zeigt sich schon einmal daran, dass Peking und Washington in der Gestaltung der regionalen Handelsbeziehungen andere Ziele verfolgen. Die  USA sind die treibende Kraft hinter der sogenannten Trans Pacific Partnership (TPP), deren elf Mitglieder – neben den USA unter anderen Japan, Australien und Indonesien – gegenwärtig über ein weitreichendes Freihandelsabkommen verhandeln.

Allerdings wurde der ursprünglich noch vor Ende dieses Jahres gesetzte Abschluss der Verhandlungen immer wieder verschoben. Schwellenländer wie Malaysia oder auch Indonesien wehren sich gegen die Übernahme von Industrienormen, die sie gegenüber hochindustrialisierten Staaten benachteiligen. Japan, das sich von der TPP ein zusätzliches Wachstum von bis zu 2% verspricht, wehrt sich unter dem Druck der Bauernlobby gegen die Öffnung seines Agrarmarktes.

Vorbehalte kommen vor allem auch von kleineren Staaten, die befürchten, sie könnten durch die Schaffung eines unabhängigen Schiedsgerichts an Souveränität verlieren. Das grösste Hindernis könnten ironischerweise die USA selbst sein. Denn es ist wenig wahrscheinlich, dass ein Präsident Obama feindlich gesinnter Kongress dem Abkommen schliesslich zustimmen wird.

Bezeichnenderweise wurde China, das seit 1991 ein volles Apec-Mitglied ist, von dem Projekt bisher ausgeschlossen. Aus Peking ist wohl nicht ganz grundlos zu hören, dass die TPP nicht primär ein wirtschaftliches, sondern ein geostrategisches Projekt sei. China hat mit dem Vorschlag einer inhaltlich weit weniger ambitiösen Freihandelszone, der Free Trade Area of the Asia Pacific (FTAAP), das Heft mittlerweile in die Hand genommen. FTAAP wäre ein weit loserer Wirtschaftsverband, dessen Eintrittsschwelle entsprechend tief läge. Die kommenden Tage werden zeigen, ob sich der über diesen offenen Fragen schwebende Nebel etwas verzieht.

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