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10:47 Uhr - 26.08.2015

FuW-Forum: «Mehr Regulierung ist nicht besser»

Am Finanz und Wirtschaft Forum plädierte UBS-CEO Sergio Ermotti für «vernünftigere» Finanzgesetze.

Wie sieht die Zukunft des Finanzplatzes aus? An seiner vierten Veranstaltung  beschäftigte sich am Dienstag das Finanz und Wirtschaft Forum mit Fragen zu den Rahmenbedingungen für das Wachstum. Ein dominierendes Thema war die Regulierung der Finanzbranche. In seiner Rede schlug UBS-Chef Sergio Ermotti scharfe Töne an. Er forderte einen Stopp der Regulierungswut in der Schweiz und kritisierte die «wenig ausgewogene» Diskussion insbesondere über die vorgesehene Anpassung des Too-big-to-fail-Regimes in der Schweiz.

ForumAm Dienstag­ fand im Kunsthaus Zürich das vierte Finanz und Wirtschaft Forum «Vision Bank – Vision Finanzplatz Schweiz» statt. Das Forum bietet die Möglichkeit, gemeinsam eine Vision für die Banken und den Finanzplatz zu ­erarbeiten.

Weitere Informationen zur Veranstaltungsreihe finden Sie hier.
«Ich bin nicht gegen Regulierung», betonte der UBS-CEO. Doch es sei «ein Irrtum zu glauben, mehr Regulierung bedeute automatisch bessere Regulierung». Damit zielte er vor allem auf die Too-big-to-fail-Gesetzgebung (TBTF). Zurzeit arbeiten die Bundesbehörden an der Umsetzung der vom Bundesrat im Februar angekündigten Veränderungen. Insbesondere sollen die Kapitalanforderungen im Verhältnis zur Grösse der Bilanz einer systemrelevanten Bank erhöht werden, wie die Expertengruppe zur Weiterentwicklung der Finanzmarktstrategie unter dem Vorsitz von Professor Aymo Brunetti es vorgeschlagen hatte.

Forderung ohne Grundlage

Ermotti gab in seiner Rede zu bedenken, die TBTF-Vorschriften seien von den Schweizer Grossbanken in weiten Teilen bereits konsequent und schnell umgesetzt worden. Es brauche weitere Anpassungen, sagte dagegen Brunetti im Podiumsgespräch mit Vontobel-Chef Zeno Staub, Ständerat Konrad Graber (CVP) und «Finanz und Wirtschaft»-Chefredaktor Mark Dittli. Das TBTF-Problem sei noch nicht gelöst, so Brunetti. Die Schweizer Banken, das sei die Meinung der Arbeitsgruppe gewesen, die auch Vertreter der Branche umfasste, müssten auch bei den ungewichteten Kapitalquoten zu den bestkapitalisierten Instituten der Welt gehören. Gerade bei den ungewichteten Anforderungen gebe es Anpassungsbedarf, so Brunetti.

Ermotti kritisierte in seiner Rede hingegen «Regulatoren und Akademiker», die «mantramässig die Forderung, das Eigenkapital sei weiter zu erhöhen, oft in alarmistischem Ton und ohne Grundlage» vortragen würden. Dabei habe sich die Welt weitergedreht, und die Fakten hätten sich geändert.

Das TBTF-Problem gebe es in der früheren Schärfe dank Anstrengungen der Banken heute nicht mehr. Weiter kritisierte Ermotti den Regulator, der ehemals die selbst festgelegten Kapitalinstrumente plötzlich nicht mehr anerkennen würde. «Wir sollten nicht aus einem Minderwertigkeitskomplex heraus, speziell gegenüber den USA, den Musterschüler spielen», warnte Ermotti eindringlich. Statt an den USA, deren Bankbranche teilweise ganz unterschiedlich arbeite, sollte man sich am ehesten an Grossbritannien orientieren, wo ähnliche Strukturen vorherrschten.

In diesem Zusammenhang gab Vontobel-CEO Staub allerdings zu bedenken, dass für die Branche schlicht die Notwendigkeit bestehe, sich international kompatibel aufzustellen. Der Regulator des weltgrössten Finanzmarktes – die amerikanische SEC – könne nicht ignoriert werden, so Staub. Ebenso wenig wie die Schweizer Pharmabranche die Vorgaben der amerikanischen Medikamentenzulassungsstelle ignorieren könnte.

Ermotti kritisierte, dass «die Promotoren zusätzlicher Regulierung» es unterliessen zu erklären, «wer am Ende die Kosten für jede weitere Regulierung trägt». Es handle sich um mehrere Milliarden Franken pro Jahr. Diese müssten auf die Kunden abgewälzt werden, angesichts dessen, dass es bereits vor den neuen Vorschriften nur ein Drittel aller Schweizer Banken geschafft habe, ihre Kapitalkosten zu decken. Das Letzte, so der UBS-Chef, was die Schweizer Wirtschaft in schwierigem Umfeld brauche, seien regulatorisch verteuerte Finanzdienstleistungen.

Parlament kann mitreden

Auch Ständerat Graber stellte eine Tendenz zur Überregulierung fest. Dagegen würden allerdings die breit besetzte Arbeitsgruppe Brunetti sowie eine regelmässige Evaluation der Gesetzgebung helfen. Zudem könnten die neuen TBTF-Regeln – selbst wenn sie nur auf Verordnungsstufe stehen sollten – auf Wunsch des Parlaments auch noch von diesem behandelt werden.

«Wir wollen keine Strategie vorgeben», beteuerte Brunetti, sondern Rahmenbedingungen schaffen, in denen sich der Finanzplatz entwickeln könne. Allerdings verhehlte er nicht, dass es vor dem Hintergrund der Finanzkrise einen starken Regulierungsschub gab und immer noch gibt. Die Gefahr, dass ein Regulator überschiesse, sei immer gegeben. Doch heute achte man in der Arbeitsgruppe unter seinem Vorsitz darauf, so Brunetti, ob sich der Regulierungsprozess lohnt und von Anfang an alle mitnimmt, die betroffen sind. Es gehe darum, die Regulierungsfolgenabschätzung früh vorzunehmen und die Kosten-Nutzen-Frage nicht erst im Parlament zu stellen.

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