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14:15 Uhr - 18.12.2014

Warum die SNB den Negativzins gerade jetzt einführt

Die Nationalbank wird die Guthaben der Banken mit einem Negativzins belasten. SNB-Präsident Thomas Jordan erklärt, weshalb das notwendig ist, wie der negative Zins wirkt und inwiefern Sparer und Hausbesitzer betroffen sind.

Die Schweizerische Nationalbank (SNB (SNBN 1070 0.94%)) hat am Donnerstagmorgen Negativzinsen angekündigt (vgl. hier). Die Guthaben der Banken bei der SNB werden ab 22. Januar mit einem negativen Zins von –0,25% belegt. Das soll helfen, den Franken-Euro-Mindestkurs zu verteidigen. An einer Medienkonferenz am Donnerstagvormittag erläuterte SNB-Präsident Thomas Jordan die Massnahmen.

Weshalb wurde der Negativzins gerade jetzt eingeführt?
Dafür gibt es zwei Gründe. Erstens hat die Zinsdifferenz zwischen Euro und Franken dieses Jahr kontinuierlich abgenommen. Schmilzt der Zinsvorteil des Euros dahin, wird die Gemeinschaftswährung unattraktiver und schwächt sich gegenüber dem Franken ab. Dadurch ist der Franken-Euro-Kurs gegen die Untergrenze von 1.20 Fr./€ gesunken. Zweitens hat gemäss Jordan vor allem die Krise in Russland dazu geführt, dass der Franken als sicherer Hafen derzeit vermehrt gefragt ist. Dies drückt den Wechselkurs ebenfalls nach unten.

Hat die SNB am Devisenmarkt interveniert?
Ja. Jordan erklärte: «Der Franken stand in den letzten Tagen erneut unter Aufwertungsdruck. Die rasch zunehmende Unsicherheit an den Finanzmärkten hat zu einer deutlich erhöhten Nachfrage nach sicheren Anlagen geführt. In diesem Umfeld mussten wir den Mindestkurs mit Devisenmarktinterventionen sicherstellen.» In welchem Umfang die SNB interveniert hat, wollte Jordan nicht sagen.

Was soll der negative Zins bewirken?
«Mit dieser Massnahme werden die Zinsen auf Anlagen in Franken weiter sinken. Frankenanlagen werden somit weniger attraktiv, wodurch sich der Aufwertungsdruck verringert», erklärte Jordan.

Weshalb wird der Negativzins erst per 22. Januar eingeführt?
Die Nationalbank muss ihre allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) ändern, und dafür ist eine Frist von einem Monat festgelegt. Jordan geht aber davon aus, dass bereits die Ankündigung die Finanzmärkte beeinflusst.

Wie haben der Wechselkurs und die Kapitalmärkte reagiert?
Gleich nach der Ankündigung sprang der Franken-Euro-Kurs von 1.2009 auf 1.2068 Fr./€. Am Donnerstagmittag handelte das Währungspaar wieder tiefer auf 1.2042 Fr./€. Am Obligationenmarkt waren zehnjährige Anleihen der Eidgenossenschaft in den letzten Tagen äusserst gefragt, der Kurs stieg, und der Marktzins sank. Nach der Ankündigung der SNB am Donnerstag sank der Marktzins weiter, von knapp 0,28 auf gut 0,17%. Am Mittag handelten die «Eidgenossen» zu 0,21%.

Wo liegt nun der Leitzins der SNB?
Das Zielband für den Dreimonats-Libor wurde von bisher 0 bis 0,25% auf neu –0,75 bis 0,25% herabgesetzt. Ein Zinsband von 1 Prozentpunkt war vor der Finanzkrise die Norm und wurde dann mit den Zinssenkungen gegen null verkleinert. Die SNB strebt dabei nicht wie früher den Mittelwert im Zinsband an, er liegt derzeit auf –0,25%. Angestrebt wird derzeit lediglich ein Libor «im negativen Bereich».

Werden die Banken ihren Kunden negative Zinsen auferlegen?
Die Verzinsung der Kundeneinlagen stehe im Ermessen der Banken, sagte Jordan. Darauf nehme die SNB keinen direkten Einfluss. Er gehe davon aus, dass es für die Banken nicht sinnvoll sei, Kleinsparer mit negativen Zinsen zu belasten. «Die Banken haben ein grosses Interesse, dass der relativ robuste Anteil der Spareinlagen längerfristig bestehen bleibt.» Die grossen Beträge von institutionellen Anlegern wie etwa Hedge Funds kämen rasch und würden bei einer Änderung der Marktbedingungen auch schnell verschwinden.

Befeuert der Negativzins den Immobilienmarkt?
«Ich erwarte aufgrund dieser Massnahme keine grossen Auswirkungen auf den Immobilienmarkt», sagte Jordan. Die Hypothekarzinsen seien bereits sehr tief. «Wir erwarten nicht, dass das Kreditvolumen aufgrund dieser Massnahme weiter zunimmt.»

Können Hausbesitzer mit Libor-Hypotheken künftig der Bank eine Rechnung schicken?
«Sie können es ja versuchen», scherzte Jordan auf die Frage eines Journalisten. Er gehe allerdings davon aus, dass die Banken die Bedingungen so anpassen, dass der Zins für die Libor-Hypothek nicht negativ werde.

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