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10:07 Uhr - 17.02.2016

Nestlé muss sich in China beeilen

Die Partnerschaft mit Alibaba verschafft dem Konzern wichtigen Zugang zu Millionen von Kunden. Andere Nahrungsmittelhersteller sind aber weiter.

Nestlé verliert wohl an SchwungDer Nahrungsmittelkonzern dürfte 2015 ein schwächeres organisches Wachstum vorweisen, die Marge aber etwas erhöhen. Die Weichen zur Verbesserung hat er gestellt.
Lesen Sie hier den Bericht von FuW-Redaktorin Gret Heer.
Wan Ling Martello steht am Donnerstag im Fokus. Dann präsentiert Nestlé (NESN 73.6 0.75%) den Jahresabschluss. Zwar wird sie während der Präsentation in Vevey nicht neben CEO Paul Bulcke Platz nehmen und über die Zahlen Auskunft geben wie in den Vorjahren. Das ist seit Juli 2015 Aufgabe des neuen CFO François-Xavier Roger. Gespannt werden Analysten und Investoren aber auf das Geschäft in Indien und China sein – die Problemkinder von Nestlé. Verantwortlich für diese beiden Länder ist seit Mai 2015 Ling Martello als Leiterin der Region Asien, Ozeanien und Afrika.

zoomChina ist mit einem Umsatzanteil von 7% der zweitwichtigste Markt. In den vergangenen Jahren lief es aber nicht wie gewünscht. Der Nahrungsmittelkonzern lancierte die falschen Produkte und setzte auf die falschen Vertriebskanäle. Das soll sich nun bessern. Mitte Januar gab Nestlé eine Partnerschaft mit Alibaba (BABA 66.29 8.87%) bekannt – das Unternehmen, das die virtuelle Welt von China dominiert. Seit September 2015 sitzt Ling Martello zudem im Verwaltungsrat des Internetriesen.

Dank Big Data zum Kunden

zoomDie Partnerschaft mit Alibaba umfasst drei Aspekte. Über das Portal Tmall will Nestlé neue Produkte auf den chinesischen Markt bringen. Tmall ist eine Plattform für Unternehmen, um im Internet Produkte direkt dem Endkunden anzubieten. Die Wachstumsraten im Verkauf via Internet respektive E-Commerce sind in China zweistellig. Laut Schätzungen des Marktbeobachters Emarketer wird 2018 jeder dritte Yuan im Onlinehandel umgesetzt werden. Der zweite Aspekt ist die Wachstumssteigerung in der ländlichen Bevölkerung. Dies soll über Taobao passieren. Taobao ist das asiatische Pendant von Ebay (EBAY 22.95 2.05%).

Viel wichtiger ist aber der dritte Aspekt: Das Lancieren von neuen Marken. In der Vergangenheit hat Nestlé bewiesen, dass es in China Marken am Kunden vorbei entwickelt hat. Mit der Hilfe von Big Data soll das nicht mehr passieren. Denn Alibaba weiss, was die Kunden wünschen. Laut Nestlé haben die grossen E-Commerce-Portale pro Tag teilweise mehr als 100 Mio. Besucher. Dank Big Data können potenzielle Kunden besser gefunden und gezielt anvisiert werden.

Für die Analysten von Berenberg ist das digitale Geschäft eine der drei grossen Herausforderungen für Nahrungsmittelhersteller. Denn die Kosten für Onlinewerbung sind deutlich gesunken, und damit die Eintrittsbarrieren. Die Schwierigkeit, das richtige Publikum zu erreichen, ist hingegen gestiegen. Roboter – automatische Besucher, hinter denen kein effektiver Konsument steckt – und Werbeblocker erschweren das Geschäft. Berenberg sieht die grossen Konzerne dennoch im Vorteil. Denn nur sie haben genug tiefe Taschen, um die nötigen Investitionen zu tätigen.

Konkurrenz ist schon da

Für Nestlé ist es höchste Zeit, den Schritt in die virtuelle chinesische Welt zu wagen. Konkurrent Unilever (UNA 38.565 0.8%) ist bereits seit Mitte 2015 vor Ort. An einer Präsentation im Juni des vergangenen Jahres sprach CEO Paul Polman davon, dass sich E-Commerce «wie ein Lauffeuer» verbreite und Unilever das Wachstum unterschätzt habe. Im Januar, anlässlich der Veröffentlichung des Jahresergebnisses, verwies Polman dann auf ein Wachstum im E-Commerce in China von 80%.

Von dieser Zahl kann Ling Martello vorerst nur träumen. Die Partnerschaft mit Alibaba wird erst in mehreren Monaten Früchte zeigen. Zu spät dürfte es aber noch nicht sein. Marktbeobachter Euromonitor rechnet für die nächsten Jahre mit einem Wachstum im chinesischen Onlinehandel von jährlich 14%. Überproportional zulegen dürfte der sogenannte M-Commerce – der Onlinehandel über das Mobilgerät. Immer mehr Konsumenten kaufen über das Smartphone ein.

Die Verschiebung des Handels in die virtuelle Welt dürfte auch ausserhalb Chinas immer wichtiger werden. Darauf angesprochen, wie gross der Anteil des E-Commerce in fünf Jahren für Unilever sein wird, antwortete CEO Paul Polman vergangenen Juni, dass er keine Prognosen mehr mache. «Es ist klar, dass es niemand weiss», führte er aus. Beginne das Geschäft aber einmal zu laufen – wie zuletzt in China – und ein Unternehmen sei nicht vertreten, dann habe es das Nachsehen. Nahrungsmittelhersteller, die jetzt die Hausaufgaben im E-Commerce machen, dürften zumindest später nicht auf dem falschen Fuss erwischt werden.

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