Der Bankensoftwareanbieter hat im zweiten Quartal die Umsatz- und Gewinnerwartungen verfehlt. Die Qualität der Zahlen überzeugt aber. Im Verlauf des Morgens avancieren die Titel zeitweise über 6%.
Der Bankensoftwarehersteller Temenos (TEMN 34.95 6.23%) hat einmal mehr solide Zahlen vorgelegt. Das Umsatzwachstum lag mit 2% aber unter den Konsensschätzungen. Auch im operativen Ergebnis (bereinigt) verdiente das Unternehmen mit 22,5 (i. V. 20,1) Mio. $ etwas weniger als erwartet. Das Management bekräftigte aber das Ziel für den Gesamtumsatz (+5 bis 10%) und für den Lizenzumsatz (+10 bis 15%, Non-IFRS). Am Aktienmarkt stiegen die Valoren im frühen Handel rund 5,7% auf 34.80 Fr.
Die erfreuliche Kursreaktion ist nachvollziehbar. Der Zahlenkranz fiel qualitativ betrachtet erfreulich aus. Der Lizenzumsatz blieb mit +10% auf Kurs, wenngleich am unteren Ende der Prognosespanne. «Wir werden im Gesamtjahr jedoch nicht am unteren Ende landen», betonte Finanzchef Max Chuard im Gespräch mit FuW. Unter Bezug auf «viel Aktivität» im Markt und eine gut gefüllte Projektpipeline ergänzte er, das Management sei «sehr zuversichtlich». In einer Telefonkonferenz für Analysten am Montagabend hiess es, im US-Markt sei eine rege Nachfrage zu sehen.
Timing für neue Grossprojekte schwierig prognostizierbar
Die Verunsicherung aus der Russlandkrise oder anderen Schwellenländern, die etwa den Bancomatenhersteller Wincor Nixdorf getroffen hat, scheint den Genfern wenig anzuhaben. Das Wachstum bleibt robust, obwohl die Dynamik im europäischen Geschäft verhalten ist und der Anteil Europas am Lizenzumsatz von 38 auf 24% fiel. Dafür gelang es, im zweiten Quartal zehn (i. V. sieben) neue Kunden zu gewinnen und neun (acht) Projekte mit einem Go Live der Kernbankensoftware abzuschliessen. Auch stieg der Anteil an Tier-1- und Tier-2-Kunden leicht. Tier-1- und Tier-2-Kunden sind grosse Banken, die grössere Projektvolumen erwarten lassen.
Ein Grund für die insgesamt schwache Erlöszunahme im zweiten Quartal ist denn auch nicht im Lizenzgeschäft zu suchen, sondern im planmässig rückläufigen Servicegeschäft, das dafür erstmals seit fast dreieinhalb Jahren operativ wieder schwarze Zahlen schrieb. Die operative Marge stieg im Jahresvergleich von 18,2 auf 20% – für das Gesamtjahr stellt Temenos weiter 25,1% in Aussicht. Die Gruppe sei auf Kurs, das Mittelfristziel von 100 bis 150 Basispunkten Margenzuwachs pro Jahr zu erreichen, bekräftigte Finanzchef Chuard.
Keine Aussage zu Julius Bär
Die grosse Frage sind das Timing und die Wahrscheinlichkeit neuer grosser Abschlüsse. Der CFO liess sich nicht auf die Äste hinaus. Die Bilanzreparatur bei den Banken sei vorangekommen, sodass zumindest wieder Entscheidungen über Investitionen getroffen werden könnten. Doch es sei schwierig, das Timing vorauszusagen, so Chuard. Temenos sehe, wie sich auch in Europa – das zuletzt eher schwach abschnitt – eine Pipeline grosser Deals entwickle.
Zu den Chancen eines Abschlusses mit Julius Bär (BAER 39.99 -0.03%) äusserte sich der CFO nicht. Temenos ist zusammen mit dem kleineren Wettbewerber Avaloq in der Endauswahl für eine neue Kernbankenlösung gelandet. Die neue Zahlungslösung Temenos Payment Suite soll gemäss Chuard Ende des dritten Quartals mit dem Entwicklungspartner ABN Amro aufgeschaltet werden. Die Pipeline entwickle sich bereits gut.
Mittelfristig Zukauf möglich
Angesprochen auf mögliche Akquisitionen sagte Chuard, Temenos gehe sehr diszipliniert vor. Der laufende Aktienrückkauf bedeute keinen Verzicht auf mögliche Übernahmen. Auch nach dem Aktienrückkauf und der Dividendenausschüttung werde per Ende Jahr das Verhältnis von Nettoverschuldung zu Ebitda unter 1 liegen. Temenos sei damit weiter gut in der Lage, Zukäufe zu stemmen, die komplementären Charakter haben sollten. Mittelfristig könne es zu einem Deal kommen, eine Akquisition geschehe aber nicht zum Selbstzweck.
Obwohl umsatz- und ergebnisseitig die Zahlen unter den Konsenserwartungen waren, besteht kein Anlass zur Sorge. Die Aktien haben weiter Aufwärtspotenzial, da der weniger schwankungsanfällige Wartungserlös durch eine steigende Anzahl neuer Lizenzabschlüsse sukzessive mehr Gewicht erlangt und das vor einigen Quartalen eingeleitete Kostenmanagement greift. Dies relativiert die gemessen am KGV (2015: 25) und am Kurs-Buchwert-Verhältnis (6) hohe Bewertung der Titel. Eine anhaltende Verunsicherung auf den Finanzmärkten würde an Temenos aber auch nicht spurlos vorbeigehen.
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