Es gibt triftige Argumente für die Abschaffung der Emissionsabgabe. Ein Kommentar von FuW-Redaktor Arno Schmocker.
Die Schweiz muss sich dem wachsenden Druck, Steuern international zu harmonisieren, wohl oder übel beugen. Pläne wie die OECD-Steuerreform rauben kleinen Volkswirtschaften mit niedrigen Steuersätzen Schritt um Schritt Standortvorteile. Ein Gegenmittel besteht darin, aktiv Steuern und Abgaben zu eliminieren, die die Konkurrenzfähigkeit einschränken.
Der Bundesrat und eine klare Mehrheit des Parlaments haben daher der Abschaffung der Stempelabgabe auf Eigenkapital zugestimmt. Ein Komitee bestehend aus – welch eine Überraschung – SP, Gewerkschaften und Grünen hat das Referendum ergriffen, sodass das Stimmvolk Mitte Februar das letzte Wort sprechen kann. Aus ordnungspolitischer und liberaler Sicht ist es die einzige von vier Vorlagen, die ein Ja verdient.
Worum geht es? Die Emissionsabgabe wird vor allem für neues Aktienkapital erhoben, und zwar 1% auf einem Betrag ab 1 Mio. Fr. Betroffen sind etwa 2300 Unternehmen. Die Einnahmen für den Bund schwanken, im Durchschnitt waren es seit 2001 rund 250 Mio. Fr., in den vergangenen zwei Jahren 172 und 178 Mio. Fr.
«Diese Behauptung ist völlig daneben»
Gemäss dem Referendumskomitee reisst die Reform eine Einnahmenlücke just in Coronazeiten. Zudem komme sie nur den Grosskonzernen zugute, die Bevölkerung habe nichts davon.
«Diese Behauptung ist völlig daneben», betonte Bundesrat Ueli Maurer, Vorsteher des Finanzdepartements, an einer Medienorientierung am Dienstag. Er verwies dabei auf eine Grafik, wonach die Einnahmen für den Bund aus Unternehmenssteuern nach der ersten Reform 2005 kräftig angezogen haben. Der Indexstand ist von unter 100 auf nahezu 250 gestiegen, ab 2015 gewiss auch der guten Konjunktur wegen.
Die Grafik zeigt überdies, dass die Fiskalbelastung natürlicher Personen seit 2010 in sämtlichen Kantonen abgenommen hat, mit Ausnahme von Schwyz. Notiz am Rande: Die Hälfte aller Personen zahlt keine Steuern.
Im Prinzip unsinnig
Es spricht einiges dafür, in der Frage der Abschaffung von Abgaben keine kurzfristig buchhalterische, sondern eine dynamische Betrachtungsweise zu wählen. Eine Studie der Konjunkturforschungsstelle Bak Economics von 2019 kommt zum Schluss, dass die Reform in zehn Jahren ein Wachstum des Bruttoinlandprodukts von 1,4% pro Jahr auslöst. Das entspricht 22’000 neu geschaffenen Vollzeitstellen.
Mit der Abschaffung der Emissionsabgabe würde ein Wettbewerbsnachteil beseitigt. Ausser der Schweiz erheben sie bloss das Fürstentum Liechtenstein, Griechenland und Spanien. Der hiesige Finanzplatz bekäme in dieser Hinsicht gleich lange Spiesse im Wettbewerb mit London, Luxemburg und Hongkong.
Vor allem ist es unsinnig, produktives und zudem ohnehin kostspieliges Eigenkapital für Unternehmen zusätzlich zu verteuern. Die Pandemie hat es gezeigt: In Krisenzeiten sind substanzstarke Unternehmen eher in der Lage, Liquiditätsengpässe zu überbrücken und Verluste zu absorbieren. Zudem bremst die Abgabe Jungunternehmen, die noch keinen Gewinn erwirtschaften und keine Reserven bilden konnten.
Ein Ja hätte Signalwirkung
Der Bundesrat wetzt nicht das grosse Messer, sondern hat mit Blick auf den strapazierten Bundeshaushalt entschieden, den mit 2 Mrd. Fr. ganz grossen Brocken der Stempelabgaben, die Umsatzgabe auf ausländischen Wertschriften sowie auf Sach- und Vermögensversicherungen, zu sistieren. Er behält also sehr wohl auch die kurzfristigen Steuerausfälle im Auge.
Die Mitte Februar zur Abstimmung gelangende Vorlage ist von vergleichsweise bescheidenem Ausmass. Doch ein (wohl knappes) Ja an der Urne wäre ein wichtiges Signal für ähnliche beschlossene Vorhaben wie die Verrechnungssteuerreform und die Abschaffung der Industriezölle, denen ebenfalls ein Referendum droht. Sie alle haben das Ziel, die Attraktivität des Steuerstandorts und letztlich den Wohlstand wenn nicht zu steigern, so doch wenigstens zu erhalten.
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