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06:13 Uhr - 26.10.2015

«Rezessionsgefahr ist auf Alarmstufe Rot»

Stanley Druckenmiller zählt zu den erfolgreichsten Finanzprofis an Wallstreet. Gegenüber FuW äussert er sich zu seinen wachsenden Sorgen um die amerikanische Wirtschaft.

Wenn sich Stanley Druckenmiller zu Wort meldet, dann hören Investoren genau hin. Der Hedge-Fund-Manager aus den USA hat 1992 mit George Soros die Bank von England in die Knie gezwungen und zählt zu den erfolgreichsten Finanzprofis an Wallstreet. Entsprechend gross war die Aufmerksamkeit, als er sich diese Woche an einer Konferenz des Investmentbulletins «Grant’s Interest Rate Observer» zu den Aussichten an den Märkten äusserte.

Wachsende Sorgen macht dem Gründer der Investmentfirma Duquesne Capital die amerikanische Wirtschaft. Am Markt herrsche die Meinung vor, dass es in den USA nur zu einer Rezession kommen könne, wenn das Federal Reserve die Zinsen erhöhe und sich die Zinskurve invertiere, meinte Druckenmiller. «Ein guter Indikator sind jedoch ebenso die Unternehmensgewinne. Sie gehen dem Konjunkturzyklus stets voran, und es sieht so aus, als ob sie den Zenit überschritten haben.»

Gemäss dem Datendienst FactSet erwarten Analysten, dass die Ergebnisse der fünfhundert grössten US-Konzerne im dritten Quartal fast 5% abgenommen haben. Das, nachdem der Trend bereits im zweiten Quartal negativ war. Er sage aufgrund dieser Entwicklung zwar keinen wirtschaftlichen Abschwung voraus, relativierte Druckenmiller. «Ich bin gegen eine solche Gefahr aber viel weniger voreingenommen als der Konsens und auf Alarmstufe Rot.»

Entsprechend rechnet er nicht damit, dass die US-Währungshüter die Geldpolitik bald straffen werden. «Vielleicht überraschen sie mich im Dezember», räumte er ein. «Die Wahrscheinlichkeit ist aber hoch, dass sie in diesem Wirtschaftszyklus die Zinsen nicht erhöhen.» Ein guter Zeitpunkt dafür wäre nach der Meinung des Starinvestors im Frühjahr gewesen, als sich der Arbeitsmarkt robust entwickelte und zeitweise über 300 000 Stellen pro Monat schuf. «Wenn das Fed die Zinsen selbst unter diesen Voraussetzungen nicht erhöht, dann sind die Chancen gross, dass es bis 2017 nach den US-Präsidentschaftswahlen nicht dazu kommt», sagt er.

Wie das Nullzinsexperiment enden wird, könne er nicht sagen. Unerfreuliche Folgen sieht er jedoch in der kurzsichtigen Strategie vieler Konzerne. 2010 kauften US-Unternehmen für rund 500 Mrd. $ eigene Aktien zurück. Inzwischen hat sich diese Summe verdoppelt. Problematisch ist das aus Sicht von Druckenmiller deshalb, weil dafür immer häufiger Schulden aufgenommen werden. «Zum ersten Mal in der Geschichte übersteigt das Volumen der Aktienrückkäufe den Cashflow», hält er fest. «Dieses Verhalten ist schwachsinnig.»

Das Paradebeispiel dafür ist IBM (IBM 144.68 0.41%). Gemäss dem Datendienst Bloomberg hat der IT-Riese in den vergangenen dreieinhalb Jahren für mehr als 40 Mrd. $ eigene Aktien zurückgekauft. Im selben Zeitraum ist der Umsatz Quartal für Quartal geschrumpft. Besonders enttäuschend sei die Entwicklung im Kerngeschäft von IBM, in der Unternehmensberatung, wo Konkurrenten aus Indien dem Konzern das Wasser abgraben. «Statt sich zu verteidigen und in Wachstum zu investieren, kauft IBM eigene Aktien zurück. Dieser Trend lässt sich überall in Corporate America beobachten», kritisierte Druckenmiller.

Wie sollen sich Anleger unter diesen Rahmenbedingungen verhalten? Der mehrfache Milliardär, der sich nicht als echten Langfristinvestor bezeichnet und kaum auf Diversifikation oder Absicherungsinstrumente setzt, hat eine überraschende Antwort. «Ich halte sehr teure Aktien von Unternehmen wie Facebook (FB 102.19 2.53%) und Amazon (AMZN 599.03 6.23%), die in ihr Geschäft investieren, in einem mediokren Umfeld wachsen können und der Konkurrenz Marktanteile abringen», meint er. «Wie lange ich auf diesen Positionen sitzen bleibe, weiss ich allerdings nicht.»

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