Der Schweizer Mietwohnungsmarkt entspannt sich weiter. Wer ein Eigenheim erwerben will, muss dagegen noch mehr bezahlen, zeigt das Immo-Monitoring von Wüest Partner.
Der Schweizer Immobilienmarkt ist zweigeteilt: Während die Mieten praktisch im ganzen Land sinken, zeichnet sich am Wohneigentumsmarkt keine Entspannung ab. Erneut sind die Angebotspreise für Eigentumswohnungen im Jahresvergleich 1,5% gestiegen, die für Einfamilienhäuser sogar mehr als 2%.
Der Trend dürfte sich 2018 fortsetzen, wie aus dem neusten Immo-Monitoring des Immobilienberaters Wüest Partner hervorgeht.
Wer im vergangenen Jahr eine Mietwohnung suchte, hatte es wahrscheinlich etwas einfacher als davor. Die Leerstandsquote ist erneut gestiegen, Mietobjekte sind im Schnitt bis zu vierzig Tage ausgeschrieben. Drei Jahre davor betrug die sogenannte Insertionsdauer noch fünfundzwanzig bis dreissig Tage, schreibt Wüest Partner. Das wirkt sich nur langsam auf die Mietpreise aus.
Sinkende Angebotsmieten
Schweizweit sinken die Angebotsmieten zwar bereits seit mehreren Jahren. Trotzdem zeigt der Mietpreisindex des Bundesamts für Statistik weiter nach oben. Denn viele Mieter verbringen mehrere Jahre in derselben Wohnung. Kommt es zu einem Wechsel, wird das Objekt meist etwas teurer vermietet als an den Vorgänger. Die Miete für die neu ausgeschriebene Wohnung fällt aber im Durchschnitt niedriger aus als für zuvor angebotene Objekte.
Die Entwicklung in den verschiedenen Regionen ist zudem unterschiedlich. In der Innerschweiz, in den Kantonen Graubünden und Wallis sowie am Genfersee – mit Ausnahme der Stadt Genf – sinken die Mieten bereits spürbar. Dagegen verzeichneten die Städte Zürich und Genf erneut einen Anstieg der Preise.
Auch für 2018 erwartet Wüest Partner insgesamt sinkende Mieten. Erstmals dürften auch die Mietwohnungen in der Stadt Zürich etwas günstiger werden. Treiber hinter der Entwicklung ist gemäss Wüest Partner das stetig wachsende Angebot. Die sehr tiefen Hypothekarzinsen begünstigen Investitionen im Wohnungsbau. Gleichzeitig sinkt auf der Nachfrageseite der Referenzzins. Seit Anfang September zahlen viele Haushalte 2,9% weniger Miete auf ihre bestehenden Verträge.
Einwanderung ist rückläufig
Zudem sorgt die rückläufige Nettoeinwanderung für eine Entlastung bei der Nachfrage. Wüest Partner führt das auf die besseren wirtschaftlichen Aussichten in ganz Europa zurück. Darum verlassen einerseits mehr Menschen das Land, andererseits ist die Schweiz für neue Zuwanderer relativ betrachtet weniger attraktiv als auch schon.
Am Wohneigentumsmarkt wirkt sich die sinkende Migration noch nicht spürbar aus. Der Effekt der tiefen Hypothekarzinsen überwiegt: Trotz bereits sehr stark gestiegenen Preisen ist die Nachfrage nach dem Eigenheim wegen der geringen Finanzierungskosten ungebrochen gross.
Diese Feststellung teilt Peter Meier, Immobilienexperte der Zürcher Kantonalbank. Das Zinsniveau habe nach einer leichten Beruhigung zwischen 2014 und 2015 in den letzten zwei Jahren zu einem Zwischenspurt bei den Wohneigentumspreisen geführt.
Der wachsenden Nachfrage steht seit mehreren Quartalen ein abnehmendes Angebot gegenüber. Insbesondere die Neubautätigkeit hinkt hinterher. Freistehende Häuser seien in vielen Regionen auf dem Markt praktisch nicht mehr zu finden, schreibt Wüest Partner.
«Keine substanzielle Ausdehnung des Angebots»
Das Unterangebot dürfte nicht so schnell verschwinden, folgert das Beratungsunternehmen: «Im kommenden Jahr ist ganz allgemein keine substanzielle Ausdehnung des Gesamtschweizer Angebots zu erwarten.» Das hat zur Folge, dass die Preise auch im nächsten Jahr steigen dürften.
Aber auch hier gibt es regionale Unterschiede: Die Regionen Zürich, Bern und Genfersee bleiben für Käufer attraktiv und dadurch teuer. In den Kantonen Graubünden und Wallis zeichnet sich dagegen sogar ein leichter Rückgang des Preisniveaus ab.
Eine auffällige Entwicklung zeigt sich auch bei den unterschiedlichen Segmenten. Wegen der starken Verteuerung der vergangenen Jahre können sich immer weniger Haushalte in der Schweiz ein teures Eigenheim leisten. Stattdessen setzen sie vermehrt auf günstige Wohnungen und Häuser mit einem schlechteren Ausbaustandard, wie aus der Erhebung von Wüest Partner hervorgeht.
Mittelfristige Veränderung am Wohneigentumsmarkt
Eine Entspannung ist angesichts des Ungleichgewichts zwischen Angebot und Nachfrage nicht in Sicht. Die ZKB geht aber davon aus, dass sich der Wohneigentumsmarkt mittelfristig verändern könnte. Einerseits glauben die Immobilienexperten an ein Ende der Tiefzinspolitik. Dann wäre es finanziell weniger attraktiv, ein Eigenheim zu erwerben.
Andererseits steht der Schweiz gemäss der jüngsten Bevölkerungserhebung des Bundesamts für Statistik (BFS) ein demografischer Wandel bevor. Die Bevölkerungsschicht der 35- bis 55-jährigen schrumpft tendenziell, und damit verringert sich auch der Anteil der Menschen, die eine Familie gründen und traditionellerweise ein Haus oder eine Wohnung kaufen.
Die ZKB erwartet deshalb, dass die Nachfrage nach Wohneigentum langfristig strukturell tiefer ausfallen wird als heute. Zwar konzentriert sich die Kantonalbank in ihrer jüngsten Studie speziell auf die Region Zürich. Aber die zugrundeliegenden Trends können auf die ganze Schweiz übertragen werden. Diese Tendenzen lassen auf eine weiche Landung nach Jahren der stetig steigenden Immobilienpreise hoffen.
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