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15:58 Uhr - 07.12.2015

Das erste Jahr der SNB-Negativzinsen geht zu Ende

Monatliche Zinskurve Schweiz: Die Bilanz fällt alles in allem überwiegend positiv aus. Die Zinsdifferenz hat sich seit dem Entscheid der SNB wieder vergrössert.

Etwas weniger als ein Jahr nach der Einführung von negativen Einlagenzinsen durch die Schweizerische Nationalbank (SNB) wird es Zeit, eine erste Bilanz zu ziehen. Insgesamt gesehen hat diese äusserst ungewöhnliche Massnahme bislang ihren Zweck erfüllt.

SNB-Präsident Thomas Jordan stimmte die Märkte Anfang November darauf ein. In einer damaligen Rede betonte er, die Nationalbank ziele mit der Einführung negativer Einlagenzinsen auf Giroguthaben von Geschäftsbanken darauf ab, «die traditionelle Zinsdifferenz zwischen Euro- und Frankenanlagen partiell wiederherzustellen».

Das Ziel dieses Unterfangens war klar: Mit den Strafzinsen sollten Anlagen in Franken weniger attraktiv gemacht und die heimische Währung folglich geschwächt werden. Zwei Wirkungskanäle standen dabei im Vordergrund: Die Zuflüsse aus dem Ausland in den «sicheren Hafen» Franken sollten reduziert werden, ebenso wie die Repatriierung von Kapital, das Schweizer im Ausland investiert hatten.

Insbesondere während der Turbulenzen in der Eurozone von 2012 und der Lancierung der quantitativen Lockerung durch die Europäische Zentralbank (EZB) Ende 2014 und Anfang 2015 fanden umfassende Kapitalzuflüsse ihren Weg in die Schweiz. Ein grosser Teil davon stammte von ausländischen Banken, die diese Mittel bei in der Schweiz ansässigen ausländischen Banken deponierten.

Kapitalrückflüsse

Diese Institute verzeichneten folglich eine markante Zunahme ihrer Frankenverbindlichkeiten (vor allem Einlagen), die sie wiederum bei der SNB parkten. Nach der Einführung negativer Zinsen auf Giroguthaben begannen ausländische Banken, ihre Frankenanlagen in der Schweiz zu reduzieren, wenn auch nur allmählich.

Schweizer Anleger haben Kapitalzuflüsse in die Schweiz ausgelöst, indem sie in ausländischen Anlagen investiertes Kapital repatriierten. Darüber hinaus reduzierten sie ihre Käufe ausländischer Vermögenswerte substanziell, was die Kapitalabflüsse schmälerte.

Bisher werden vor allem institutionellen Anlegern und insbesondere Pensionsfonds Negativzinsen auf ihren Einlagen bei Banken belastet. Bei den Pensionsfonds zeigt sich, dass sie die Wirkung der Strafzinsen abzufedern suchen, indem sie ihre Bestände an liquiden Mitteln verringern. Sie scheinen aber ihr Fremdwährungsexposure bisher noch nicht erhöht zu haben. Stattdessen hat ihre Allokation in Immobilien zugenommen. Die gewünschte Wirkung wird damit noch nicht vollumfänglich erzielt.

Effekte stellen sich ein

Den Wirkungen der Negativzinsen stehen Kosten – sie sind sowohl für in der Schweiz ansässige als auch nicht ansässige Investoren recht hoch und können die Rentabilität des Finanzsektors beeinträchtigen – und Risiken gegenüber.

Das offensichtlichste Risiko ist, dass Anleger ihre Bankeinlagen in physisches Geld umschichten. Diese effektive Zinsuntergrenze ist zwar schwer zu identifizieren, gleichwohl dürfte aber in der Schweiz noch nicht erreicht sein. So hat die Nachfrage nach Banknoten zwar zugenommen, die «überschüssige» Cash-Nachfrage liegt aber nach wie vor deutlich unter den Niveaus, welche die gewollten Auswirkungen negativer Zinsen beeinträchtigen oder die Finanzstabilität des Landes bedrohen würden.

Da sich die gewünschten Effekte der Negativzinsen einzustellen beginnen, dürfte die SNB trotz Kosten und Risiken noch während längerer Zeit an dieser Massnahme festhalten – zumindest so lange, bis sich eine erste Leitzinserhöhung durch die EZB am Horizont abzeichnet. Dies ist mit der Entscheidung der EZB vom Donnerstag, ihren Leitzins weiter zu senken und ihr QE-Programm zu verlängern, in weite Ferne gerückt.

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