Der Apple-CEO hat den Konzern in seinen ersten fünf Jahren als CEO mehr geprägt, als wahrgenommen wird.
Tim Cook ist nicht daran zerbrochen. Verhindern kann er den ständigen Vergleich mit seinem Vorgänger aber auch nicht. Seit fünf Jahren ist Tim (eigentlich Timothy Donald) Cook beim Konsumelektronikkonzern Apple (AAPL 107.54 -0.03%) am Steuer. Und er wird immer noch an der Leistung von Steve Jobs gemessen. Der Apple-Co-Gründer verstarb 2011 an Krebs. Gäbe es die Apple-Überfigur nicht, würde der 55-jährige Cook als erfolgreicher CEO gefeiert.
Aber Apple und Jobs, das ist nun mal ein untrennbares Begriffspaar. Und Cook diskutierte das in einem Interview mit der Washington Post, das vor vierzehn Tagen erschien, auch gar nicht weg. Im Gegenteil lobt er Jobs als einzigartig, als jemanden, der ihm vieles mitgab. So habe ihm Jobs kurz vor seinem Tod gesagt, er solle nie fragen, was er, Jobs, gemacht hätte. «Tu einfach, was richtig ist», lautete sein Tipp.
Das ist leichter gesagt als getan. Aber Cook hat in seinen fünf Jahren als CEO gar nicht so viel falsch gemacht. Umsatz und Aktienkurs haben sich verdoppelt. Das iPhone wurde weiter verbessert, im Juli ging das milliardste Gerät über den Tisch. Unter Cook hat Apple eine Uhr lanciert, was den Einstieg in den Markt für anziehbare Technologie (Wearables) markierte. Und nicht zuletzt hat Cook, der sich als erster CEO unter den grössten Unternehmen der USA als schwul outete, erstmals Dividende ausbezahlt.
Vielleicht wird angesichts der Leistung von Jobs vergessen, dass Cook längst Mitarchitekt des Erfolgs von Apple war. Er ist seit 1998 dabei und war unter Jobs verantwortlich für die operative Führung des Konzerns (COO). Damals sei ihm abgeraten worden, zu Apple zu wechseln, sagt Cook einmal. Man solle doch das Unternehmen schliessen und das Geld den Aktionären zurückgeben. So hatte der Gründer und Chef des Dell-Computerkonzerns, Michael Dell (Dell 0 0%), über Apple geurteilt kurz bevor Cook damals zu Apple kam. Dells Aussage stand im Zusammenhang mit dem Verlust von 1 Mrd. $, den Apple 1997 geschrieben hatte. Mit der Hilfe von Cook, der mittlere von drei Söhnen eines Werftarbeiters und einer Hausfrau, wurde daraus bereits ein Jahr später wieder ein Gewinn. Cook hatte nach dem Ingenieurstudium und einem Masterdiplom in Wirtschaft bei IBM (IBM 159.95 0.83%) Karriere gemacht und war für kurze Zeit beim Computerhersteller Compaq.
Cook haftet seit der CEO-Ernennung das Image an, er sei ein guter Verwalter, aber nicht der Visionär, der Job war. Tatsächlich lässt das nächste revolutionäre Produkt, wie es einst das Smartphone oder das Tablet waren, auf sich warten. In den vergangenen fünf Jahren hat Cook gezeigt, dass er Apple führen kann. Die grösste Prüfung steht ihm aber noch bevor. Zum ersten Mal seit dreizehn Jahren musste der Konzern einen Umsatzrückgang melden; Samsung (SMSD 531 1.2%) baut den Marktanteil im Telefonbereich aus, der von Apple nimmt ab. Apple ist zudem wegen Steuerpraktiken in Europa in der Kritik.
Wir werden nie wissen, wie Jobs darauf reagiert hätte. Aber wir wissen, dass Cook den Konzern führen kann. Und in einem Punkt kann er sicher sein: Er ist nicht der letzte CEO von Apple, der mit Jobs verglichen wird. Diese Bürde muss man in dieser Rolle ertragen, obwohl Jobs das nicht gewollt hatte.
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