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11:27 Uhr - 04.02.2016

Euro/Franken gibt den Takt vor

Der SNB-Massnahmen richten sich nach dem Wechselkurs.

Vor rund einem Jahr erschütterte die Schweizerische Nationalbank (SNB) die Märkte mit ihrer Entscheidung, den Euromindestkurs aufzugeben. Die darauf folgende Aufwertung des Frankens liess das Exportvolumen einbrechen und legte das Wirtschaftswachstum lahm. Der Ertrag der Exporteure wurde zusätzlich durch markante Margeneinbussen reduziert, was Kosteneinsparungsmassnahmen zur Folge hatte.

Zwar haben die Erholung in der Eurozone, die robuste Nachfrage aus den USA und die Abwertung des Frankens zum Dollar den Schock mittlerweile etwas gedämpft und die Schweizer Wirtschaft vor einer Rezession «bewahrt». Die negativen Konsequenzen der Aufhebung der Untergrenze werden aber zunehmend auch ausserhalb der Exportindustrie sichtbar.

Mehr als 10’000 Jobs weg

Bisher dürfte die Frankenaufwertung mehr als 10’000 Stellen im Inland gekostet haben, und das Wirtschaftswachstum wird wohl auch 2016 zu schwach bleiben, um diesen Trend auf dem Arbeitsmarkt umzudrehen. Ein weiterer Anstieg der Arbeitslosenquote ist somit wahrscheinlich.

Der Frankenschock belastet zusehends auch binnenorientierte Sektoren. Der Detailhandel meldet einen rückläufigen Umsatz, wobei der Rückgang im Bekleidungssektor besonders ausgeprägt ist. Mit der abermals deutlichen Zunahme des Einkaufstourismus haben hiesige Detailhändler Marktanteile an ausländische Anbieter verloren. Zudem dämpfen die höhere Arbeitslosigkeit und die eingetrübten Wachstumsperspektiven die Kauflust.

In einem solchen Umfeld sind die Inflationsrisiken natürlich ausserordentlich gering. Es besteht im Gegenteil sogar durchaus ein Deflationsrisiko, auch wenn eine klassische deflationäre Spirale, die durch rückläufige Preise sowie fallende Konsum- und Investitionsausgaben charakterisiert ist, eher unwahrscheinlich erscheint. Bislang ist die Inflationsrate hierzulande nämlich vor allem aufgrund fallender Importpreise negativ, während die Dienstleistungspreise, die mehrheitlich binnenorientiert sind, tendenziell steigen – wenn auch nur sehr moderat.

Volkswirtschaftlich gesehen stünde einer weiteren monetären Lockerung nichts im Wege. Würden da nicht die gängigen Optionen der SNB langsam an ihre Grenzen stossen. Sie ist mit einer Bilanzgrösse von rund 100% des Bruttoinlandprodukts (BIP) und einem Leitzins von −0,75% schon sehr weit gegangen, ihre Geldpolitik kann sie nicht mehr beliebig lockern.

Wenig Spielraum bleibt

Die Zinsen könnten zwar wohl durchaus noch weiter gesenkt werden, ohne das verbreitet Bargeld gehortet wird – das Potenzial nach unten ist aber limitiert. Im letzten Dezember hat die SNB jedenfalls eine weitere Zinssenkung nicht gewagt. Zudem kann sie theoretisch ihre Bilanz zwar unbegrenzt ausdehnen (zumindest solange es keine Inflationsrisiken gibt), der politische Druck dürfte aber parallel steigen. Ein Vorstoss, die SNB unter strengere politische Kontrolle zu setzen, ist im Parlament pendent.

Die SNB muss die verbleibenden Freiräume sehr überlegt einsetzen. Schliesslich ist die Drohung, sie auszunutzen – mit regelmässigen Interventionen –, ihr derzeit wirksamstes Instrument. Spekulationen im Franken werden risikoreicher und somit unattraktiver.

Eine Anpassung der aktuellen Geldpolitik oder aggressivere Devisenkäufe sind trotz negativer Inflation und schwachem Wachstum eher unwahrscheinlich – solange der Franken nicht unter substanziellen Aufwertungsdruck kommt. In Anlehnung an Bill Clintons Wahlkampfspruch 1992 gilt: «It’s the Euro/Swiss Franc exchange rate, stupid.» Entscheidend, ob die SNB die Zinsen weiter senkt, ist der Euro-Franken-Kurs.

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