CEO Jan Schoch nimmt Stellung zu den Einsparungen bei Leonteq und sagt, wo seiner Ansicht nach die Zukunft des Unternehmens liegt.
Der Spezialist für strukturierte Produkte, Leonteq (LEON 57.45 -6.36%), hat seine Strategie überarbeitet und damit den Markt geschockt. Die Aktie verliert am Mittwoch zeitweise über 10%. Der Chef des Unternehmens, Jan Schoch, lässt sich davon nicht beirren.
Herr Schoch, die Anleger strafen die Leonteq-Aktie heute ab. Haben Sie mit Ihrer überarbeiteten Unternehmensstrategie die Wachstumsambitionen zurückgeschraubt?
Im Gegenteil. In der Vergangenheit haben wir viele Initiativen verfolgt, haben unsere Ressourcen zu breit gestreut, was gerade für das Wachstum nicht hilfreich ist. Jetzt fokussieren wir uns, stecken unsere Ressourcen in die Bereiche und Märkte, in denen wir das grösste Potenzial sehen.
Potenzial in den Titeln sehen die Anleger hingegen nicht. Muss man sich damit abfinden, dass der Markt Leonteq auch in Zukunft schlicht als Broker bewertet?
Darauf stelle ich mich nicht ein. Wir sind kein Broker. Das sehen Sie daran, dass der Grossteil unserer Technologie darauf ausgerichtet ist, unsere Partner in der Herstellung der Anlageprodukte zu unterstützen. In Zukunft wollen wir ihnen mehr und mehr auch den Vertrieb übertragen. Aktuell werden ja schon über 40% der Partnerprodukte von den Partnern im eigenen Netzwerk vertrieben. Darin differenzieren wir uns von allen anderen.
Sie wollen bis Ende 2017 10 Mio. Fr. einsparen und 50 Stellen abbauen. Wo gehen diese Arbeitsplätze verloren?
Das betrifft unter anderem Vertriebspersonal für die Märkte, in die wir nun doch nicht einsteigen werden – namentlich Grossbritannien, China, Norwegen, Finnland und Korea. Das war also ein strategischer Entscheid. Andererseits können Stellen auch dank effizienterer interner Prozesse abgebaut werden, um unser angepeiltes Verhältnis von Kosten zu Ertrag von unter 65% zu erreichen.
Das heisst, auch in der Schweiz wird abgebaut?
Gewisse Stellen sind in der Schweiz betroffen, aber auch an anderen Standorten.
Ist die Phase der Investitionen damit beendet?
Keineswegs. Wir werden immer noch 12,5% des Betriebsertrags, also derzeit rund 25 Mio. Fr., pro Jahr investieren. Ab 2018 wollen wir unsere Personalbasis dann wieder um 5% pro Jahr erhöhen.
Hat die Entscheidung, nicht nach Grossbritannien zu gehen, etwas mit dem Brexit zu tun?
Der Entscheid basiert mehr auf dem bescheidenen Umsatzpotenzial. Der britische Markt ist in der Vergangenheit recht geschrumpft, was auch an der zunehmenden Regulierungsdichte liegt. London als Service-Zentrum behalten wir aber bei, wir glauben an den Standort trotz Brexit.
Sie glauben, Grossbritannien wird auch in Zukunft einen Zugang zum EU-Markt haben?
Davon gehen wir aus.
Warum steigen Sie nicht in China ein? Dort findet das stärkste Vermögenswachstum weltweit statt.
China klingt nach Grösse, doch unser Umsatzpotenzial dort ist klein und die Regulierung ist sehr unklar. Deswegen werden wir in nächster Zeit nicht nach China gehen. Dafür steigen wir jetzt in Japan ein, der weltweit grösste Markt für strukturierte Produkte.
Sie haben sich die neuen Ziele gesteckt, bis 2020 insgesamt zehn Banken und fünf Versicherungen als Partner auf Ihre Plattform zu bringen. Von der früheren Marke von 30 Instituten haben Sie sich also verabschiedet?
Gar nicht. Dieses Ziel gilt nach wie vor. Wir haben es aber auf die drei Geschäftsbereiche Investment Solutions, Banking Solutions und Insurance Solutions aufgeteilt. Rund 15 Partner wollen wir im ersten Bereich, 15 im zweiten und dritten haben.
Die Zukunft von Leonteq liegt also in diesen Bereichen?
Ja, diese beiden Bereiche sind zwar noch kleiner, aber wir sehen darin ein zehnmal höheres Skalierungspotenzial als im ersten.
Sie übernehmen aber weiterhin die Risikoabsicherung der Produkte, das sogenannte Hedging.
Ja, wenn der Partner das wünscht.
Leonteq wird also nie ein 100%iger Technologieanbieter werden?
Sagen Sie niemals nie. Aber auf 2020 ist es sicher nicht geplant.
Sie haben jetzt insgesamt sieben Partner auf der Plattform – neu sind Raiffeisen und die Aargauer Kantonalbank. Wann kommen die schon lange angekündigten Swiss Life (SLHN 274.9 0.18%), Mobiliar, Standard Chartered (STAN 627.1 -1.4%) und Maybank hinzu?
An der Pipeline hat sich nichts geändert, sie ist intakt. Wir kommunizieren jetzt einfach anders, und zwar erst wenn die neuen Partner auch wirklich auf unserer Plattform live sind.
Sind in der Pipeline denn auch die grossen Brocken, die am Ende des Tages den nötigen Umsatz bringen?
Absolut. In Investment Solutions haben wir und werden wir weitere grosse Partner-Institute haben. In Banking Solutions haben wir 75 Banken mittlerer Grösse in unseren Fokusmärkten identifiziert, die für Partnerschaften geeignet sind. Und im Versicherungsbereich haben wir insgesamt 175 potenzielle Partner ausgemacht.
Die Frage ist dann noch, welche Marge Sie auf den Produkten machen. Sinken diese nicht auch bei Ihnen?
Unsere Zahlen zeigen das Gegenteil. In Investment Solutions haben wir eine Marge von 121 Basispunkten, im Vorjahr war sie auf 105 gefallen. Wir haben also eine Umkehr erreicht. Das spricht für unser Modell.
Wenn aber jetzt durch die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten die Zinsen steigen, werden dann nicht Ihre strukturierten Produkte unattraktiver?
Ich glaube nicht, dass die Zinsen in dem Masse steigen, dass die Nachfrage nach strukturierten Produkten sinkt. Das Tiefzinsumfeld wird uns insgesamt erhalten bleiben. Und selbst wenn die Zinsen wirklich wieder stark zulegen, würden andere unserer Produkte an Attraktivität gewinnen.
Den Anlegern versprechen Sie nun eine Mindestdividende von 1.75 Fr. je Titel. Wird diese in den nächsten Jahren steigen können?
Als Wachstumsfirma rechnen wir natürlich mit einem Gewinnwachstum in den nächsten Jahren; dass sich dies in der Dividende niederschlagen kann, ist absolut möglich.
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