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11:00 Uhr - 27.08.2014

PwC: «Horrorszenarien für Privatbanken sind falsch»

Martin Schilling, Head of Corporate Finance Financial Services, PwC Schweiz, ist optimistischer als andere für den Privatbankenmarkt Schweiz, wie er im Interview mit «Finanz und Wirtschaft» erläutert.

Herr Schilling, in der neuesten Studie von PwC zum Private Banking in der Schweiz wird ein vergleichsweise positiver Ton angeschlagen. Ist der Optimismus gerechtfertigt?
Es ist richtig: Die Horrorszenarien, die von gewissen Kreisen zum Finanzplatz Schweiz im Allgemeinen und zum Private Banking im Besonderen verbreitet werden, können wir angesichts unserer Analysen nicht teilen. Wir haben für die Studie acht spezifische Aussagen oder Vorurteile unter die Lupe genommen. Für fünf dieser acht Negativfaktoren erwarten wir eine Verbesserung.

Gerade aufgrund der negativen Einschätzung erwarten viele, dass sich die Konsolidierung im Private Banking beschleunigen wird. Teilen Sie diese Einschätzung?
Die Anzahl der Privatbanken in der Schweiz mag um weitere 20 oder 25% schrumpfen. Insgesamt wird die Branche jedoch stärker werden, weil die schwächeren Mitspieler aufgeben und/oder sich mit stärkeren  Mitspielern zusammentun. Die Privatbanken, die diese Konsolidierungsphase überstehen, werden davon profitieren, dass das Feld der Mitbewerber kleiner geworden ist.

Aber wie wird sich der Marktanteil des Schweizer Private Banking im globalen Kontext entwickeln?
Er wird hoch bleiben, auch wenn die asiatischen Finanzplätze Singapur und Hongkong stärker wachsen. Dies hängt jedoch generell mit dem höheren Wirtschaftswachstum und dem neu geschaffenen Wohlstand in Asien gegenüber den westlichen Ländern zusammen. Vor der Krise waren schätzungsweise 800 Mrd. Fr. undeklarierte Vermögen in der Schweiz deponiert. Pessimisten rechneten damit, dass ein Grossteil dieser Mittel abfliessen würde. Wir gehen heute davon aus, dass nicht mehr als 350 Mrd. Fr. dieser Mittel den Finanzplatz Schweiz definitiv verlassen haben, wobei davon rund 100 Mrd. Fr. auf Strafzahlungen im Zusammenhang mit der Regularisierung von bis anhin unversteuerten Geldern zurückzuführen sein dürften.

Auch 350 Mrd. Fr. sind noch viel Geld…
Dies ist gesamthaft weit weniger als befürchtet. Die ausländischen Kunden verbinden somit weitere positive Attribute mit dem Schweizer Finanzplatz und seinen Banken als lediglich den Steuervorteil. Zudem konnten die Banken in der Schweiz im Durchschnitt über die letzten Jahre stets einen Nettoneugeldzufluss erzielen, wenn auch auf einem deutlich tieferen Niveau als noch vor 2008. Dies spiegelt die nach wie vor vorhandene Attraktivität des Schweizer Finanzplatzes. Die Banken in der Schweiz sowie ihre Mitarbeiter müssen sich im internationalen Vergleich nicht verstecken.

Die Marge dieser deklarierten Vermögen ist tiefer.
Die Rentabilität der Schweizer Privatbanken ist in den vergangenen Jahren gefallen. Ab Beginn der Krise und bis 2010 war das auf den fallenden Kommissionsertrag zurückzuführen, ab 2009 sanken auch Zins- und Handelseinkommen. Nun bewegen sich die Zinsen jedoch auf einem rekordtiefen Niveau und können nicht mehr weiter fallen. Wir gehen davon aus, dass die Margen eher wieder steigen werden. Wenn es den Banken zukünftig gelingt, die Kundenbedürfnisse über einen qualitativ hochwertigen Beratungsprozess zu befriedigen, dürften sie entsprechend höhere Gebühren dafür verlangen. Sollte sich die Stimmung an den Finanzmärkten nachhaltig verbessern, würden die Kunden vermehrt wieder risikofreudiger werden und ihren derzeit hohen Liquiditätsanteil abbauen. Dies würde sich wiederum positiv in der Erfolgsrechnung der Banken niederschlagen.

Wird das US-Programm den Privatbanken einen Strich durch die Rechnung machen?
Das glauben wir nicht. Die Banken in der Schweiz waren bislang sehr konservativ in ihren Rückstellungen für mögliche Bussen. Sie wollen nicht den Eindruck erwecken, sie hätten sich etwas zuschulden kommen lassen. Die tatsächlichen Aufwendungen werden höher sein. Überfordern werden die Kosten und Bussen des US-Programms die Banken jedoch nicht. Das US-Steuerprogramm wird allerdings dazu führen, dass gerade kleinere ausländische Institute der Schweiz den Rücken kehren werden – zumal sie sich schon heute fragen, warum sie zwingend einen Standort in der Schweiz haben müssen.

Lichtblicke im Schweizer Private BankingDie Beratungsgesellschaft PwC gibt sich in einer neuen Studie überzeugt, dass das Schlimmste in der Branche überwunden ist. Lesen Sie hier den Bericht von FuW-Redaktor Thomas Wyss.

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