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19:08 Uhr - 23.08.2016

«Ich rate allen, selektiv zu sein»

Auch im Banking sind Konzentration der Geschäftstätigkeit, Auslagerung von Prozessen an Drittfirmen und Kooperationen im Trend.

Ist der Finanzplatz Schweiz bereit für den internationalen Wettbewerb? Herbert J. Scheidt, Verwaltungsratspräsident Vontobel (VONN 47 0.75%) und designierter Präsident der Bankiervereinigung, sagte am Finanz und Wirtschaft Forum, die Banken stünden heute im internationalen Wettbewerb, ohne von einer Sonderrolle zu profitieren. «Produktqualität und ein guter Service stehen im Fokus.» Darin zeichneten sich Schweizer Banken aus. Dieses Merkmal sei jedoch schwierig aktiv zu vermarkten.

ForumAm Dienstag fand im Kunsthaus Zürich das sechste Finanz und Wirtschaft Forum «Vision Bank – Vision Finanzplatz Schweiz» statt.

Am 26. Januar 2017 folgt die siebte Veranstaltung, u. a. mit Ariel Sergio Goekmen, Member of the Executive Board Schroders & Co und Iqbal Khan, CEO International Wealth Management Credit Suisse.
www.forum-executive.ch/finanzplatz
Zu Beginn des Nachmittags nahm Mark Dittli, Chefredaktor der «Finanz und Wirtschaft», den Spitzenmann des UBS-Wealth-Managements ins Gespräch. Jürg Zeltner schilderte die Herausforderungen aus dem Blickwinkel der Rentabilität. Private Banking scheint kein lustiges Geschäft zu sein. «Wir haben 20% unserer Bruttomarge verloren», resümierte Zeltner die Entwicklung seit 2009. Der Bank seien 300 Mrd. Fr. mehr Kundenvermögen anvertraut als während der Finanzkrise. Aber der Gewinn sei der gleiche. Der Negativzins, das niedrige Transaktionsvolumen und die gestiegenen Regulierungskosten schlagen zu Buche. «Die Ertragslage bleibt länger schwierig, als wir das wünschen.» Strukturelle Massnahmen sind beispielsweise die Reduktion von Europazentralen und Entlassungen.

In Asien, bis vor Kurzem dem gelobten Land vieler Vermögensverwaltungsbanken, sei es sehr schwierig, profitabel zu sein angesichts der Komplexität des Geschäfts, warnte Zeltner. «Ich würde Asien immer noch nicht als Heimmarkt bezeichnen», sagte er, obwohl UBS (UBSG 13.32 3.26%) dort mit Abstand die grösste Vermögensverwaltungsbank ist. «Ich rate allen, selektiv zu sein. Kompetitiv ist man nur in wenigen Ländern.» In Bezug auf Akquisitionen ist Zeltner skeptisch, für die UBS stehe organisches Wachstum im Vordergrund. «Wenn wir akquirieren, wollen wir am ersten Tag integrieren», womit Kosten im Fokus sind. «Wer seine Akquisition auf Wachstumsprognosen basiert, ist zum Scheitern verurteilt.»

zoomJürg Zeltner. Bild: Iris C. Ritter/FuWZeltner lobte die Qualität der Schweizer Kundenberater. Einen anderen Blickwinkel nahm Jürg Frick, Senior Partner und Vice Chairman Deloitte, ein. Er riet zur Industrialisierung des Bankgeschäfts, mit der sich 25 bis 35% der Kosten sparen liessen. Auch stellte er die bemerkenswerte These auf, dass 75% der Kundenberater nicht zu ihren Kunden passen würden. Er empfahl, die Berater ebenfalls in eine separate Gesellschaft auszulagern.  Markus Graf, Head Innovation Management SIX Group, schilderte kreative Konzepte wie den «Hackathon».

zoomHerbert J. Scheidt. Bild: Iris C. Ritter/FuWIm Podium sagte Francisco Fernandez, CEO Avaloq, der Weg führe weg vom Besitz hin zum Nutzen, was einem Aufbrechen der Wertschöpfungskette entspricht. «Besitzen muss ich nur, wenn ich glaube, selbst etwas besser machen zu können.» Jan Schoch, CEO und Gründer Leonteq (LEON 66.9 1.44%): «Über Industrialisierung sprechen wir seit Jahren, doch ist wenig passiert. Bis jetzt sind im Banking erst rund 2% der Industrialisierung realisiert, also die Fertigungstiefe reduziert.» Es gehe länger als erwartet, «doch ich glaube, es kommt auch extremer als erwartet». Christophe Gabriel, Partner Lombard Odier, konstatiert ein Umdenken. Lombard Odier stellt ihre Plattform Drittbanken zur Verfügung. Während früher die meisten die Kontrolle über ihre Systeme vollständig inhouse halten wollten, sei heute der Wille da, auszulagern, «besonders bei kleineren Banken». Jürg Staub, Vorsitzender der Geschäftsleitung Reichmuth & Co Privatbankiers, vertritt ein Institut, das bereits vor zwanzig Jahren das Backoffice ausgelagert hat, was den Fokus auf Kundenkontakt und Anlagekompetenz ermöglichte.

Martin Scholl, Hansruedi Köng, Patrik Gisel, Markus Gygax (v.l.n.r.). Bild: Iris C. Ritter/FuW

Im zweiten Podium der Retailbanker betonte Hansruedi Köng, der Chef von PostFinance, die Grossbankenregulierung könne nicht einfach auf kleine Institute übertragen werden. Martin Scholl, CEO Zürcher Kantonalbank, stellt einen hohen Wettbewerbsdruck fest, der den Kunden zugutekomme. «Wir stehen uns auf den Füssen rum und sind froh, dass der PostFinance die Schnürsenkel zusammengebunden sind.» Patrik Gisel, CEO Raiffeisen, lehnt einen Verdrängungskampf über den Preis oder das Risiko ab.  Es gehe um Betreuung, Kundenbindung und Effizienz. Markus Gygax, CEO Valiant (VATN 92.4 0.65%) Bank, äusserte sich zu den ambitionierten Plänen der Credit Suisse (CSGN 11.82 2.69%) auf dem Schweizer Markt: «Sie wird entweder ihre Wachstumsziele oder ihre Rentabilitätsziele erreichen können, aber nicht beides.»

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