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11:40 Uhr - 30.12.2015

Julius Bär ist bald vom US-Steuerstreit befreit

Die Bank hat eine Grundsatzvereinbarung im US-Steuerstreit erreicht und erhöht die Rückstellung. Eine definitive Lösung soll im ersten Quartal erzielt werden. Die Aktien ziehen an.

Julius Bär (BAER 47.62 1.82%) hat einen weiteren Pflock im US-Steuerstreit eingeschlagen – wohl in der Hoffnung, das Thema noch im Rahmen der laufenden Jahresrechnung abschliessen zu können.

Die Schweizer Privatbank hat eine Grundsatzvereinbarung mit der Staatsanwaltschaft des Southern District of New York erreicht, die eine «umfassende Lösung» im US-Steuerstreit vorzeichnet. Den definitiven Abschluss – einschliesslich der noch ausstehenden formellen Unterzeichnung durch die US-Justizbehörde DoJ – erwartet die Bank für das erste Quartal 2016.

Busse von rund 550 Mio. Fr. erwartet

Infolge der Grundsatzvereinbarung, die gemäss Mitteilung die finanzielle Komponente sowie zugehörige Einigungsdokumente umfasst, erhöht Bär die Rückstellung zur Begleichung der erwarteten Busse um 197,25 Mio. $. Bereits im Sommer hatte sie 350 Mio. $ zurückgestellt. Die Lösung im US-Steuerstreit dürfte Bär demnach 547,25 Mio. $ kosten.

Die Präzision, mit der Bär nun die zweite Rückstellungstranche vorgenommen hat, deutet darauf hin, dass die Verhandlungen weit fortgeschritten sind und zumindest bezüglich der Bussenhöhe kaum mehr Überraschungen drohen.

Die Kapitalausstattung von Julius Bär bleibt auch nach der weiteren Rückstellung robust. Der Analyst von Vontobel (VONN 47.4 0.11%), Andreas Venditti, rechnet mit einem Überschusskapital von immer noch 550 Mio. Fr. über dem bankeigenen Zielwert einer BIZ-Gesamtquote von 15%.

Dividende ungefährdet

Julius Bär selbst stellt für das Geschäftsjahr 2015 weiterhin einen Gewinn in Aussicht. «Finanz und Wirtschaft» schätzt, dass nach IRFS noch rund 150 Mio. Fr. Überschuss erzielt werden können, nach 584 Mio. im Vorjahr. Bär sollte damit weiterhin in der Lage sein, die Dividende auf 1.10 Fr. je Titel zu erhöhen, erwartet Venditti.

Unbekannt sind derzeit freilich die nichtmonetären Einigungsvoraussetzungen, die das DoJ Julius Bär auferlegen wird, um von einer Strafverfolgung abzusehen.

Der Hinweis auf eine «umfassende Lösung» deutet zwar darauf hin, dass auch die Fragen zu diesen Kooperationsauflagen weitgehend geklärt sind. Über deren Inhalt schweigt sich die Bank jedoch noch aus. Sie werden erst nach dem formellen Abschluss der Verhandlungen bekannt werden, wenn das DoJ die Einigungsdokumente publizieren wird.

Kooperationsauflagen noch unter Verschluss

Gerüchte, wonach der Fifa-Fall zu einer Verschärfung der Auflagen hätte führen können, scheinen jedoch aus zweierlei Hinsicht unplausibel. Erstens handelt es sich bei den beiden Themen um unterschiedliche allfällige Rechtsverstösse. Im derzeit behandelten Fall geht es um die Steuerproblematik bei US-Personen. Der Fall Fifa dreht sich um das Thema Bestechung und allenfalls um Geldwäscherei.

Zweitens sind bislang im Fall Fifa noch keine Anschuldigungen gegen Banken erhoben worden – zumindest nicht öffentlich. Das Thema wird erst untersucht und kann in diesem frühen Stadium nur schon aus zeitlichen Gründen kaum bereits Auswirkungen auf die nun anstehende Einigung von Bär mit dem DoJ haben.

Sollte Bär eine formelle Einigung noch vor Präsentation des Geschäftsberichts am 1. Februar erreichen, könnte der US-Steuerstreit rückwirkend abgeschlossen werden und die Bank das Thema definitiv hinter sich lassen. Damit könnte das Management die Aufmerksamkeit wieder vollständig der Weiterentwicklung des Geschäfts widmen, und zwar in Kenntnis der endgültigen Bussenhöhe und der Auflagen, die die amerikanische Justiz der Schweizer Bank auferlegen wird.

Zurückgewonnene Handlungsfreiheit

Das Zurückgewinnen der Handlungsfreiheit sollte höher gewichtet werden als der sich nun abzeichnende höhere Preis, den Bär entrichten muss, um einer Strafverfolgung durch die US-Justiz zu entgehen. Denn die Bank muss in der Lage sein, ihre Akquisitionsmaschinerie am Laufen zu halten, um das bisher gezeigte Wachstum aufrechtzuerhalten.

Gelegenheiten dazu bieten sich derzeit einige. Angeblich soll das Asiengeschäft von Barclays (BARC 219.9 -0.95%) erhältlich werden. In der Schweiz steht die Tessiner BSI zum Verkauf – eine gewichtige Privatbank, deren Einverleibung Bär sich wohl nur ungern entgehen lassen würde. Rechtliche und finanzielle Klarheit sind jedoch unabdingbare Voraussetzung dafür, solche Gelegenheiten überzeugt wahrnehmen zu können.

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