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07:23 Uhr - 28.02.2017

Was Wallstreet von Trumps grosser Rede erwartet

US-Präsident Trump wird am Dienstagabend seine erste Rede vor dem amerikanischen Kongress halten. Neue Prioritäten der US-Regierung könnten an den Finanzmärkten für Enttäuschung sorgen.

Die Finanzwelt starrt heute Abend gebannt nach Washington: Zu bester Sendezeit wird US-Präsident Donald Trump seine erste Ansprache vor dem Kongress halten. «Es könnte sich um die wichtigste Rede in seinen ersten hundert Amtstagen handeln», meinen die Analysten von Brown Brothers Harriman.

Rede zur Lage der NationIn der «State of the Union Address» informiert der Präsident der Vereinigten Staaten den Kongress – Repräsentantenhaus und Senat – über die Entwicklungen im vergangenen Jahr und legt seine Pläne für das laufende Jahr dar. Diesmal handelt es sich offiziell nicht um eine Rede zur Lage der Nation, denn Donald Trump befindet sich im ersten Amtsjahr. Seit 1965 wird die Ansprache im Fernsehen übertragen. Trump wird am Dienstagabend um 21 Uhr (3 Uhr Schweizer Zeit, Mittwoch) im Kapitol in Washington ans Rednerpult treten. Die Erwartungen sind gross. Trump hat eine Steuerreform und Infrastrukturprojekte angekündigt. Zudem will er Regulierungen abbauen und die Gesundheitsversicherung Obamacare abschaffen oder sie zumindest neu organisieren. Bislang sind die Pläne allerdings vage.

An den Aktienmärkten haben die Versprechen für Auftrieb gesorgt. Der US-Leitindex S&P 500 (SP500 2369.75 0.1%) hat seit Trumps Wahlsieg am 8. November mehr als 10% zugelegt. Nun hoffen Anleger in Trumps Rede auf Einzelheiten, die diese Kursentwicklung rechtfertigen.

Steuern und Infrastruktur

Zwei Faktoren könnten den Enthusiasmus an Wallstreet bremsen: «Investoren werden nach Anzeichen Ausschau halten, ob sich die Steuerreform oder Programme für Investitionen in die Infrastruktur verzögern», erklärt Ed Yardeni von Yardeni Research.

Gemäss Finanzminister Steven Mnuchin sieht der Zeitplan vor, einen massgeblichen Teil der Steuerreform zu verabschieden, bevor sich die Parlamentarier im August in die Sommerferien abmelden. Er hat allerdings auch erklärt, dass dieses Ziel ambitioniert sei. Die Analysten von Barclays (BARC 225.1 -0.6%) erwarten daher, dass die Reformpläne eher im nächsten Fiskaljahr spruchreif werden, das im Oktober beginnt.

Auch die Strategen von High Frequency Economics dämpfen die Erwartungen: «Wir glauben nicht, dass der Präsident am Dienstag bedeutende Details zur Steuerreform bekanntgeben wird.» Sie gehen zudem davon aus, dass das Fiskalprogramm deutlich kleiner ausfallen wird als von Trump im Wahlkampf angekündigt.

Immigration und Obamacare

Die Prioritäten der US-Regierung decken sich derzeit nicht mit denjenigen der Finanzmärkte. Aktiv war Trump bislang vor allem in der Migrationspolitik. Ausserdem haben die Republikaner wiederholt klargemacht, dass sie zuerst die Krankenversicherung Obamacare aufheben wollen, bevor sie sich mit der Steuerreform befassen.

Die Regierung müsse ihren Fokus in den kommenden Wochen anpassen, wenn sie mit ihren Reformen noch in diesem Jahr das Wachstum ankurbeln wolle, meint dazu das Research-Team von Barclays.

An den Aktienmärkten zeigten sich die Investoren zu Wochenbeginn vorsorglich zurückhaltend. In New York haben die Börsen am Montag eine Verschnaufpause eingelegt und warten auf weitere Richtungsangaben aus dem Weissen Haus.

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