Zurück zur Übersicht
06:54 Uhr - 09.07.2015

Der vorsichtige Investor lässt die Finger vom Fussball

Das milliardenschwere Geschäft der europäischen Spitzenclubs ist riskant. Der finanzielle Erfolg lässt sich auf zwei Variablen herunterbrechen.

Die englische Premier League verkauft TV-Übertragungsrechte für 5,14 Mrd. £, für den Gewinn der Champions League streicht Barcelona über 50 Mio. $ ein, und mit über 100 Mio. Fr. knackt der FC Basel 2014 den Umsatzrekord eines Schweizer Fussballvereins. Geld spielt im Fussball schon lange eine Rolle, doch nie war sie so dominant wie heute. Angesichts dessen möchte man meinen, die Welt der Fussball-Finanzkonzerne biete Chancen für Anleger. Doch wie eine Studie des Informationsdienstleisters S&P Capital IQ zeigt, ist diese Welt nicht nur kaum reguliert, sie ist obendrein ein ziemlich riskantes Investment.

Die Experten von S&P Capital IQ haben zum zweiten Mal eine Tabelle der 44 grössten europäischen Vereine (16 davon kotiert) erstellt – nicht nach sportlicher Leistung, sondern nach ihrer Finanzperformance. Anhand der Kriterien Operativ, Solvenz, Liquidität und Gesamt werden die Clubs in die Kategorien Top, Überdurchschnitt, Unterdurchschnitt und Schlusslichter eingeordnet (vgl. Tabelle 1).

Finanzperformance europäischer Spitzenclubszoom Quelle: S&P Capital IQ

Manchester Flop, Roma Top

Ajax Amsterdam und Arsenal London verteidigen dabei ihre Spitzenplätze. Gerade das Fussballschwergewicht Arsenal zeige unter Manager Arsene Wenger (Masterabschluss in Ökonomie) «eine ausgeglichene Finanzstruktur», schreiben die Autoren. Premier-League-Kollege Manchester United (MANU 17.16 -2.83%) fällt hingegen um satte zwölf Plätze auf Rang sechzehn zurück. Weil sich der Club in der Saison 2013/14 nicht für die Champions League qualifiziert hat, ist sein Umsatz signifikant von 662 Mio. im Juni 2014 auf 589 Mio. $ Ende März 2015 gesunken. Darunter leiden Solvenz und Liquidität.

Umgekehrt präsentiert sich die AS Roma (ASR 0.51 -1.83%), die sechzehn Plätze gutgemacht hat. Nachdem der Club mehrere Saisons auf die Champions-League-Teilnahme hatte verzichten müssen, landete er in den beiden vergangenen Spielzeiten der italienischen Liga jeweils auf Platz zwei und verbesserte den Umsatz von 129 Mio. $ per Ende Juni 2014 auf 185 Mio. $ per Ende März 2015.

Finanzperformance europäischer Spitzenclubszoom Quelle: S&P Capital IQ

Umsatzgenerator Champions League

Die letzten beiden Beispiele zeigen eindrücklich eine Haupterkenntnis der Studie. Nicht nur ist die europäische Königsklasse mit höchstem sportlichem Prestige verbunden, auch finanziell ist die Teilnahme an der Champions League für die grossen Clubs das Nonplusultra. Pro Saison werden laut UEFA fast 1,3 Mrd. $ in diesem Wettbewerb verteilt. 12 Mio. $ erhält jeder Verein allein schon für die Teilnahme. Die Summe wächst mit dem Erreichen der einzelnen K.-o.-Runden. 15 Mio. $ gehen dann nochmals an den Gewinner, mit 10,5 Mio. $ darf sich der Zweitplatzierte trösten. Hinzu kommen Einnahmen aus TV-Übertragungsrechten. Die kleine Schwester Europa League und die nationalen Pokalwettbewerbe treten dabei in den Hintergrund.

Die Relevanz des Einnahmengenerators Champions League zeigt auch das Beispiel Valencia. Der spanische Club musste finanziell jahrelang untendurch. Die schlechte sportliche Performance in der spanischen Liga, das Verpassen der Champions League und die hohen Schulden im Vergleich zum Umsatz lassen Valencia zwölf Plätze im Finanzranking abgeben.

Doch die Autoren der Studie sind sicher: Valencia wird bald wieder Boden gutmachen. Die Übernahme durch Peter Lim, Milliardär aus Singapur, und die erfolgreiche Qualifikation zur kommenden Champions League werden den notwendigen finanziellen Schnauf zurückbringen.

Finanzperformance europäischer Spitzenclubszoom Quelle: S&P Capital IQ

Potenter Investor entscheidend

Hier zeigt sich der zweite grosse Treiber für den schnellen finanziellen und sportlichen Erfolg von Fussballvereinen: ein potenter Investor. Eigentlich sollte die Verordnung Financial Fairplay (FFP) der UEFA bei den europäischen Clubs, die an internationalen Wettbewerben teilnehmen, für ausgeglichene Budgets sorgen. FFP ist der erste finanzregulatorische Schritt im europäischen Fussballgeschäft überhaupt. Die Verschuldung sollte begrenzt, nachhaltiges Wirtschaften erreicht werden. Die Lücke zwischen den Superclubs mit ihrem grossen Schuldenhebel und den kleinen Vereinen, die rein aus Überlebensgründen auf Wirtschaftlichkeit angewiesen sind, sollte verkürzt werden.

Doch die UEFA hat FFP am Beispiel des französischen Clubs Paris St. Germain (PSG) aufgeweicht. Die einstige Begrenzung der PSG-Transferausgaben auf 60 Mio. € gilt gemäss einem Bericht der französischen Sportzeitung «L’Equipe» von vergangener Woche nicht mehr. Denn auch unter FFP ist es einem Club nun weiterhin erlaubt, ein höheres finanzielles Risiko einzugehen, wenn sein wohlhabender Besitzer einfach genügend Kapital einschiesst.

So bezuschusst der Besitzer von PSG, der katarische Staatsfonds, den Verein jährlich mit 200 Mio. € – rund zehnmal mehr als bei vergleichbaren Sponsoringverträgen von Clubs wie Bayern München oder Real Madrid. Jetzt will der französische Meister der drei vergangenen Saisons aus dem Vollen schöpfen: Gemäss der englischen Zeitung «Telegraph» will er Starstürmer Christiano Ronaldo verpflichten (Transfersumme: 125 Mio. €).

Finanzperformance europäischer Spitzenclubszoom Quelle: S&P Capital IQ

Ein etwas anderes Business

Trotz der gewaltigen Summen, die im Fussball umgesetzt werden, und auch wenn es im direkten Vergleich sehr gut finanzierte Clubs gibt, grundsätzlich scheinen Fussballvereine eine eher riskante Investition zu sein. Der Median für die Kreditausfallwahrscheinlichkeit der untersuchten Fussballvereine liege laut Studienleiter Pavle Sabic bei 19%, derjenige der anderen Unternehmen in der Unterhaltungsbranche (dazu werden Fussballclubs gezählt) bei nur rund 3,7%.

Von zehn Superclubs (neun im Privatbesitz, einer kotiert), die die Autoren einer intensiveren Bonitätsbewertung unterzogen haben (vgl. Tabelle 2), bekommt nur Chelsea London eine investmentwürdige Kreditreife (bbb–) attestiert. Dies aber auch nur wiederum wegen des Privatvermögens des betuchten Besitzers, des Ölmilliardärs Roman Abramowitsch (8,9 Mrd. $).

Kreditwürdigkeit ausgewählter Spitzenclubszoom Quelle: S&P Capital IQ

Auch die Aktien kotierter Fussballvereine sind wohl nur etwas für Fans. Für eine langfristige Geldanlage schwanken die meisten zu stark, niedrige Handelsvolumen schaffen hohe Volatilität, Erfolge im Fussball sind noch schwerer vorherzusagen als Gewinne in anderen Branchen. Ebenso ist nicht absehbar, wann ein wohlhabender Gönner das Interesse an seinem Spielfeld verliert.

Doch Fussballvereine hätten nun mal auch ein etwas anderes Geschäftsmodell, relativiert Sabic. Sie gingen trotz hoher Wahrscheinlichkeit selten bankrott. Weil Fans und Unterstützer auch in sportlich bescheidenen Zeiten für einen relativ stabilen Cashflow sorgen würden, unternähmen Clubs meist nur «finanzielle Restrukturierungen».

Hat Ihnen der Artikel gefallen? Lösen Sie für 4 Wochen ein FuW-Testabo und lesen Sie auf www.fuw.ch Artikel, die nur unseren Abonnenten zugänglich sind.

Seite empfehlen



Kopieren Sie den Link [ctrl + c] und fügen Sie ihn in ein E-Mail ein [ctrl + v]. Aus Sicherheitsgründen ist kein Versand von E-Mails direkt vom VZ Finanzportal möglich.