Die Aktienmärkte haben sich erholt, letztjährige Verluste sind wettgemacht. Ein guter Zeitpunkt, um seine Investitionen zu prüfen.
Der Frühling ist da. Die Natur erwacht aus dem Winterschlaf. Es ist Zeit für einen Frühlingsputz, auch im Portfolio. Wie im Haushalt schafft eine solche Aufräumaktion Platz für Neues und gibt Anlegern die Möglichkeit, sich von Altlasten zu trennen und bei Bedarf neu zu positionieren.
Unabhängig von der Jahreszeit lohnt sich ein regelmässiger Portfolio-Check ganz generell, um die Risiken zu kennen bzw. zu reduzieren. Dabei geht es um Themen wie die kurz- und die langfristige Anlagestrategie, eine ausreichende Diversifikation und darum, das Portfolio möglichst emotionslos zu analysieren.
Nach einer starken Erholung der Aktienmärkte seit Anfang des Jahres und einer sich abzeichnenden wirtschaftlichen Verlangsamung kann es gerade jetzt ratsam sein, das Portfolio etwas anders zu positionieren. Das heisst allerdings nicht, dass deshalb alles umgestellt werden muss. «Finanz und Wirtschaft» zeigt, welche Fragen sich Anleger in diesem Zusammenhang stellen sollten und was es zu beachten gilt.
Ziele und Strategie überprüfen
Bevor sich Investoren mit einzelnen Bausteinen des Portfolios auseinandersetzen, und im Detail verlieren, sollten die Umrisse der Strategie überprüft werden. Die Aufteilung des Vermögens auf die Vermögensklassen Aktien, Obligationen und alternative Anlagen ist die wichtigste Stellschraube, der einflussreichste Performancetreiber. Eine gerne verwendete Faustregel zur Ermittlung des dem Alter entsprechenden Aktienanteils in Prozent lautet: 100 minus Alter. Ein 50-Jähriger dürfte also etwa die Hälfte seines Vermögens in Aktien investieren. Je jünger der Investor ist, umso höher ist somit der Anteil risikoreicher Anlagen. Das hängt damit zusammen, dass bei einem längeren Anlagehorizont die Wahrscheinlichkeit steigt, dass Kurseinbrüche in der langen Frist wettgemacht werden können. So erscheint die Korrektur Ende 2018 mittlerweile nur noch als kleine Delle.
Der Rest des Geldes wird in festverzinsliche und alternative Investments angelegt. Dazu zählen Hedge Funds, Rohstoffe, Edelmetalle oder Immobilien. Bei der Festlegung der Strategie sind neben den langfristigen Vermögenszielen auch grössere Ausgaben oder Vermögenszuflüsse zu berücksichtigen. Einen signifikanten Abfluss verursachen etwa eine längere Reise, Hausrenovationen, familiäre Veränderungen wie die Geburt eines Kindes oder eine bevorstehende Pensionierung. Eine Erbschaft und der sich daraus ergebende Zufluss können die Risikofähigkeit ebenfalls verändern.
Neben der Risikofähigkeit – sie ergibt sich aus den finanziellen Möglichkeiten des Investors – spielt auch die Risikotoleranz eine wichtige Rolle bei der Festlegung der Anlagestrategie. Unabhängig vom Vermögen geht es um die individuelle Neigung, Risiken einzugehen und Verluste in Kauf zu nehmen.
Kurzfristig und langfristig
Bei der Gewichtung im Portfolio sind taktische und strategische Allokation zu unterscheiden. Die strategische Vermögensallokation bestimmt die langfristige Ausrichtung des Portfolios. Entscheidet sich der Investor für einen strategischen Aktienanteil von 50%, wird mit der taktischen Vermögensallokation auf kurzfristige Gegebenheiten eingegangen. Das heisst, der effektive Aktienanteil schwankt beispielsweise zwischen 40 und 60%.
Das Gleiche gilt für Obligationen. Bei Null- und Negativrenditen sollten sich Investoren überlegen, ob sie tatsächlich an diesen Anlagen festhalten wollen. Sollten die Zinsen in Zukunft steigen, verbuchen sie auf diesen Positionen einen Verlust.
Risiken verteilen, diversifizieren
Um die Risiken im Anlagevermögen zu streuen, empfiehlt es sich, das Kapital auf mehrere Investitionen und Anlageklassen aufzuteilen. Das ist ähnlich wie beim Glücksspiel. Wer beim Roulette alles auf eine Zahl setzt, kann seinen Gewinn zwar vervielfachen, die Wahrscheinlichkeit dafür ist allerdings gering. Mit einer Wahrscheinlichkeit von über 97% jedoch droht der Totalverlust. Wer hingegen auf Rot setzt und somit sein Risiko auf fast die Hälfte der Zahlen verteilt, hat zwar nur die Chance, seinen Einsatz zu verdoppeln, das aber mit einer Wahrscheinlichkeit von 48,6%. Ein Portfolio gilt ab zwanzig Positionen als gut diversifiziert.
Aufräumen tut dem Portfolio gut
Ein Portfolio-Check ist immer auch eine Gelegenheit aufzuräumen. Es geht darum zu prüfen, ob die Positionen im Portfolio noch gehalten werden sollen oder ob sich an der Einschätzung etwas geändert hat. Die entscheidende Frage sollte sein: Würde der Titel auch heute noch gekauft? Die Antwort gibt die Handlungsrichtung vor. Ein Grund für eine veränderte Einschätzung kann etwa die Performance sein. Wenn eine Position wegen der positiven Kursentwicklung teuer geworden ist, kann das Potenzial ausgereizt sein, und es sollte der Verkauf erwogen werden. Umgekehrt, wenn eine Aktie abgestürzt ist, stellt sich die Frage, ob die Position erhöht oder abgestossen werden soll, weil sich etwa fundamental etwas am Unternehmen geändert hat. Ab einer Kursänderung von 10%, das entspricht etwa der jährlich im Schnitt zu erwartenden Performance einer Aktie, empfiehlt es sich, einzelne Positionen zu überprüfen.
Rational und nicht emotional urteilen
Dabei ist es wichtig, Anlageentscheide möglichst emotionslos zu fällen. Dies gilt vor allem in negativen Marktphasen. Nur wer konsequent auch Verluste realisiert, schützt sein Portfolio vor übermässigen Werteinbussen. Zu den Aktien, die dieses Jahr besonders nachgegeben haben, gehören etwa die Titel des Telekommunikationsunternehmens Sunrise (SRCG 69.4 0%), der Onlinebank Swissquote (SQN 39.62 -0.1%) oder des Automobilzulieferers Autoneum (AUTN 136.7 3.01%). Sehen Anleger in solch abgestraften Aktien weiterhin Chancen, bietet ein Kurssturz eine attraktive Einstiegsmöglichkeit.
Besondere Vorsicht ist bei Liebhaberaktien geboten. Das sind Valoren, zu denen Anleger eine besondere Beziehung haben, etwa weil ihnen das Produkt gefällt oder der Grossvater dort gearbeitet hat.
Wie weiter?
Die Märkte haben sich nach dem Einbruch im vierten Quartal des vergangenen Jahres gut erholt. Dieses Jahr haben Investoren an der Schweizer Börse inklusive Dividende im Schnitt gut 16% verdient.
Die Märkte scheinen entspannt. Die Volatilität, sie kann als Zeichen für die Nervosität der Anleger interpretiert werden, befindet sich auf einem Tiefstand. Allerdings folgen auf Phasen niedriger Volatilität immer wieder heftige Ausschläge, sprich Kursstürze. Gewisse Investoren nutzen die Volatilität deshalb auch als Kontraindikator, sie reduzieren ihre Positionen bei niedriger Volatilität und kaufen, wenn es an der Börse kracht. Wer vergangenes Jahr den Zeitpunkt verpasst hat, seine Portfoliorisiken zu verringern, kann die gegenwärtigen Börsenhochs für Verkäufe nutzen. Langfristig lohnt es sich aber, dabeizubleiben.
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