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15:41 Uhr - 18.12.2017

Chris Barton: Mit der richtigen Idee viel zu früh am Start

Für 400 Mio. $ kauft Apple den Musikerkennungsdienst Shazam. Gründer Chris Barton hatte die Idee schon Ende der Neunziger – lange bevor es Smartphones gab. 

Seinen grössten Erfolg als Unternehmer erlebt Chris Barton nicht mehr im eigenen Start-up. Er hatte 1999 die Idee zur Shazam Entertainment Limited – die meisten kennen sie als App Shazam von ihrem Smartphone. Einmal gestartet, nimmt das kleine Programm über das Mikrofon des Geräts Musik auf und identifiziert automatisch das Lied, das gerade läuft, etwa auf einer Party oder im Supermarkt. Eine faszinierende Idee. So faszinierend, dass Apple (AAPL 173.97 1.02%) Shazam nun übernommen hat. Über den Kaufpreis herrscht Stillschweigen. Insidern zufolge dürfte er bei 400 Mio. $ liegen – weit unter zuvor gehandelten Werten.

Barton war am Verkaufsprozess nur als Verwaltungsrat beteiligt. Schon 2004 – nur fünf Jahre nach der Gründung – hat er die Führung von Shazam abgegeben. Sie hätten das Unternehmen damals auf den Weg gebracht, erzählte er einmal in einem Interview und wollten sich Zeit nehmen für etwas Neues. Das hat Barton bei Google (GOOGL 1072 1.37%) gefunden. Noch bevor der Suchmaschinenbetreiber an die Börse ging, heuerte er dort an, blieb acht Jahre. Inzwischen arbeitet er bei Dropbox, einem Anbieter von Speicherplatz in der Cloud.

Die Gründungsgeschichte von Shazam hat Barton gründlich geplant. Den Unternehmergeist habe er wohl von seinem Vater, sagt Barton. Der führte sein eigenes Unternehmen, als der junge Chris in San Diego aufwuchs. So hat es den Sohn nach dem Studium der Wirtschaftswissenschaften an der Universität in Berkeley – mit vielen Kursen in Informatik, wie er betont – nicht lange in einer Unternehmensberatung gehalten. Er habe fieberhaft überlegt, mit welcher Idee er eine eigene Firma an den Start bringen könne, beim Laufen, in Gesprächen mit Freunden – und so wurde das Konzept geboren. Der Name Shazam entstammt einem Comic: Es ist das Zauberwort von Captain Marvel.

Doch eine gute Idee und ein eingängiger Name machen noch kein Unternehmen. Barton suchte Mitstreiter. Einen fand er in seinem Freund Dhiraj Mukherjee, einen anderen in Philip Inghelbrecht, einem Kommilitonen. Drei Kollegen – aber keiner verstand etwas von der Technik. Sie suchten im Netz nach einem Experten: So kam Avery Wang an Bord. Er ist der einzige vom Gründerteam, der nur zwischenzeitlich einmal den Job wechselte, wieder zurückkam und nun mit zu Apple geht.

Apple und Shazam arbeiten schon länger zusammen. Wer heute die virtuelle Assistentin Siri auf iPhone oder iPad nach dem Lied fragt, das gerade läuft, erhält die Antwort über die Software von Shazam. Der Weg war lang, bis dies auf so einfache Weise wie heute funktionierte. Vor allem am Algorithmus, der die Songs aufgrund ihrer Struktur aus einer Datenbank von Millionen an Titeln herausfiltert, mussten die Gründer rund um Barton viel Arbeit leisten. In einer idealen Welt, so erzählt er, hätten sie das Unternehmen fünf Jahre später gegründet – um die Mühen am Anfang leichter zu überwinden, als Mobiltelefone noch Handys hiessen, nicht Smartphones. Und nicht bereit für die Technik waren.

Seine Mitstreiter beschreiben den Shazam-Gründer als sprachgewandt und fröhlich. Die Aufgaben bei Google und Dropbox hätten ihm geholfen, Shazam weiterzuentwickeln, sagt Barton. Noch vor wenigen Jahren wurde die Gesellschaft mit Sitz in London als eines der ersten britischen Einhörner gehandelt, also als ein Start-up mit einem Wert von mehr als 1 Mrd. $.

Daraus ist nichts geworden. Doch der Kaufpreis von Apple sollte Barton finanziell absichern. Für den weltweit grössten Tech-Konzern mit einem Liquiditätspolster von 270 Mrd. $ fällt der Kauf in Übersee nicht weiter ins Gewicht. Apple will wohl den eigenen Streaming-Dienst Apple Music über den Zukauf beleben. Gegen europäische Rivalen wie Spotify oder Deezer ist der eher erfolglos. Und doch haben die beiden kleinen Tech-Unternehmen sich gerade an die EU-Kommission in Brüssel gewandt. In ihren Augen missbraucht der Apple-Konzern schon jetzt seine Stellung und bevorzugt das eigene Musikangebot.

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