Die Initianten haben 100'000 Unterschriften für das Volksbegehren gesammelt. Was Vollgeld ist und wie die Initiative beurteilt wird.
Am Samstag hat der Verein Monetäre Modernisierung (MoMo) bekannt gegeben, er habe für die eidgenössische Volksinitiative «Für krisensicheres Geld: Geldschöpfung allein durch die Nationalbank» 100’000 beglaubigte Unterschriften gesammelt. Sie sollen am 1. Dezember in Bern eingereicht werden, um einen Volksentscheid zu bewirken. Hier sind die wichtigsten Fragen und Antworten zur Vollgeldinitiative.
Was will die Initiative erreichen?
Kernpunkt der Vollgeldreform ist, dass der Franken nur noch vom Staat geschaffen wird. Bisher wird elektronisches Geld auf Bankkonten faktisch durch die Geschäftsbanken geschaffen, indem sie Kredite ausgeben. Das soll sich durch Vollgeld ändern.
Was würde mit unserem Geld geschehen?
Gemäss Initiative soll es neben dem Papiergeld auch elektronisches Geld für die Privatkunden geben, das von der Schweizerischen Nationalbank (SNB) herausgegeben wird. Der Initiativtext sieht dafür eine Änderung des Artikels 99 der Bundesverfassung und einen neuen Artikel 99a vor.
Wieso dürfen private Banken bislang selbst Franken herstellen?
Der Franken ist gesetzliches Zahlungsmittel. Nur Banknoten werden aber direkt durch die Nationalbank herausgegeben. Der Betrag auf einem Bankkonto ist dagegen eine Verbindlichkeit gegenüber der Bank.
Wie schaffen die Banken neues Geld?
Vergibt die Bank einen Kredit, verlängert sie normalerweise ihre Bilanz: Sie schreibt den Kreditbetrag dem Kundenkonto gut (Aktivseite) und nimmt gleichzeitig den Kredit als Forderung in die Bilanz (Passivseite). Damit werden Bankkredite «aus dem Nichts» geschaffen. Näheres zur Geldschöpfung aus der Kreditvergabe finden Sie hier und hier.
Können die Banken unendlich viele Kredite schaffen?
Die Kreditvergabe der Banken ist faktisch durch die Eigenkapitalanforderungen begrenzt. Dagegen spielt die Mindestreserve – der Anteil der Kreditsumme, der bei der Nationalbank hinterlegt werden muss – in der Praxis kaum eine Rolle.
Wie würde verhindert, dass die Banken neue Kredite schaffen und damit Geld schöpfen?
Es wäre ihnen mit der Verfassungsänderung verboten. Das bedeutet, dass eine Bank zuerst Geld von Kunden oder Investoren einsammeln muss, bevor sie Kredite vergeben kann. Die Bankkonten sollen dagegen von der Bilanz der Banken getrennt werden.
Was geschieht dann mit meinem Bankkonto?
Die Konten wären als Einlagen direkt von der Nationalbank garantiert. Damit wäre ein Bankkonto vor einer Bankinsolvenz sicher – denn die Nationalbank kann nicht pleitegehen, da sie selbst Franken herausgibt. Heute gibt es zwar auf Bankkonten eine Einlagensicherung von 100’000 Fr. Über diesem Betrag ist der Kunde aber im Insolvenzfall Gläubiger der Bank.
Ein Schema bringt die Unterschiede zwischen dem bisherigen und dem neuen Geldsystem auf den Punkt:
VollgeldsystemQuelle: FuW
Was für weitere Vorteile verspricht die Vollgeldinitiative?
Gibt es Studien zur Auswirkung von Vollgeld auf das Wirtschaftssystem?
Ein Arbeitspapier von Ökonomen des Internationalen Währungsfonds (IWF) kommt zum Schluss, dass der sogenannte Chicago-Plan positive Effekte hätte. Dieser Plan sieht allerdings nicht Vollgeld vor (also kein staatlich garantiertes elektronisches Geld), sondern die Pflicht der Banken, das Geld auf Konten zu 100% bei der Zentralbank zu hinterlegen. Der Effekt sollte aber ähnlich sein: Die Stabilität des Wirtschaftssystems wird gemäss dem Arbeitspapier verbessert, Rezessionen wären weniger schlimm.
Das klingt alles toll. Warum gibt es das Vollgeld nicht schon längst?
Steht die Schweiz allein da, oder gibt es ähnliche Pläne in anderen Ländern?
Die Schweiz ist mit ihrer direkten Demokratie sicherlich so nahe an einer Umsetzung wie kein anderes Land. Im März wurde bekannt, dass der isländische Premier eine Studie zu einer Reform des Geldsystems in Auftrag gegeben hat. Von einem Parlamentsabgeordneten verfasst, sieht der Reformvorschlag ein Ende der Geldschöpfung durch Banken vor. Das Hauptargument ist das Ende von Finanzkrisen, die durch übermässige Kreditvergabe ausgelöst werden. Die Diskussion in Island scheint aber erst am Anfang zu stehen.
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