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11:23 Uhr - 28.09.2016

Bewährungsprobe für den Teamplayer

Der CEO von ABB steht unter Druck des aktiven Investors Cevian Capital, die Division Stromnetze abzuspalten. Am 4. Oktober will er seine Sicht der Dinge darlegen. 

Was für eine Nervenstärke und Standfestigkeit muss ABB-CEO Ulrich Spiesshofer haben. Seit Monaten macht der aktive Investor Cevian Capital Druck auf ihn, das Management und den Verwaltungsrat des Automations- und Energietechnikkonzerns – zuletzt auch in der Öffentlichkeit mit einer medial unterstützten Kampagne. Cevian fordert die Abspaltung der Division Stromnetze. Die neugebildete Sparte wird seit einem Jahr einer strategischen Überprüfung unterzogen. Spiesshofer wird nachgesagt, er stehe für einen Verbleib der Division im Konzern ein. Details zur strategischen Überprüfung will er am Investorentag am 4. Oktober bekanntgeben.

Wegleitend für das, was Spiesshofer mit der Division Stromnetze vorhat, dürfte sein, was er ab 2010 mit der Geschäftseinheit Robotik erlebte. Als er sein damaliges Amt als Leiter der Division Industrieautomation und Antriebe bei ABB (ABBN 21.85 0.37%) antrat, machte die Einheit auf einen Umsatz von 1 Mrd. $ einen Verlust von 200 Mio. $. Viele Leute rieten ihm, den Geschäftsteil abzustossen. Spiesshofer unterzog die Einheit daraufhin einer strategischen Überprüfung, in der neben einer Abspaltung auch ein Umbau mit einem neuen Geschäftsmodell angeschaut wurden.

Schliesslich entschied man sich, die Einheit zu reorganisieren und zu behalten. Heute ist das Robotergeschäft der «Rockstar» im Portfolio von ABB, wie Spiesshofer in Interviews zu sagen pflegt. Konzernintern heisst es, er habe mit der Division Stromnetze das Gleiche vor.

Spiesshofer ist seit September 2013 CEO von ABB. Gleich bei seiner Amtsübernahme musste er eine Feuerwehrübung starten. Die Division Energietechniksysteme, heute Teil der Sparte Stromnetze, hatte Grossprojekte in der Nordsee vermasselt und schrieb Verluste. Spiesshofer setzte ein neues Management ein, das mit einem angepassten Geschäftsmodell den Turnaround schaffte.

Im Herbst 2014 verordnete er dem Konzern eine neue Strategie. Mit grösserem Kundenfokus und verbesserter bereichsübergreifender Zusammenarbeit sollte ABB auf einen profitablen Wachstumskurs gebracht werden. Die Profitabilität hat sich seither verbessert, das Wachstum ist jedoch – wegen der schwachen Weltkonjunktur – anämisch geblieben.

Vor einem Jahr lancierte Spiesshofer eine Reorganisation des Konzerns. Er vereinfachte die Konzernführung – statt vierzehn gibt es jetzt nur noch sieben Divisions- und Regionenleiter – und machte aus fünf vier Sparten. Die Zahl der Back Offices für die weltweiten Operationen reduzierte er von 68 auf 2 Haupt- und vier Unterdienstleistungszentren. Und den Angestellten im weissen Kragen drückte er ein Effizienzsteigerungsprogramm aufs Auge, mit dem pro Jahr 1 Mrd. $ gespart werden soll.

Der 52-jährige Spiesshofer wuchs in Aalen in Baden-Württemberg auf. 1989 machte der an der Universität Stuttgart den Master in Business Administration and Engineering, 1991 das Doktorat in Ökonomie. Danach heuerte er beim international aktiven Beratungsunternehmen A. T. Kearney an. Hier war er in verschiedenen Funktionen zunächst in Deutschland, dann in Australien und schliesslich in der Schweiz tätig.

2002 wechselte er zu Roland Berger Strategy Consultants, wo er am Sitz Schweiz Senior Partner und Global Head Operations Practice war. 2005 erfolgte dann der Einstieg bei ABB, zunächst als Chef der Unternehmensentwicklung. Seither machte er sich einen Namen als Strategieexperte und als stark auf Kunden und Märkte orientierten, umsetzungsstarken Teamplayer und Teambuilder.

Seit nunmehr fünfzehn Jahren lebt Spiesshofer mit seiner Familie in der Schweiz. In einem Interview bezeichnete er sich einmal als «Schweizer im Herzen». Folgerichtig durchläuft er zurzeit das Einbürgerungsverfahren. Seine Freizeit verbringt Spiesshofer beim Segeln auf dem Zürichsee, beim Skifahren auf der Lenzerheide oder beim Musizieren mit Klarinette, Saxofon und Akkordeon. Als Musiker wird Spiesshofer Harmonien lieben. Die dissonante Stimme von Cevian dürfte ihm deshalb wehtun.

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