Der Messtechnikspezialist erfüllt knapp die eigenen Ziele und sichert die Dividende. Wachstumspotenzial ist bislang aber nicht zu erkennen.
Die ganz grosse Enttäuschung ist ausgeblieben. Landis+Gyr (Landis+Gyr 68.45 0.29%) hat mit der Vorlage des Jahresergebnisses den Abwärtstrend ihrer Aktien, die in der vergangenen Woche 11% verloren haben, vorerst gestoppt. Es ist kein Glanzresultat, das der Anbieter von smarten Stromzählern am Dienstag präsentiert hat. Dank einem über Erwarten hohen freien Cashflow können die Aktionäre aber etwas aufatmen, damit wird eine Dividende von 2.30 je Titel gezahlt. Andererseits vermiesten Probleme das Ergebnis in Europa (Region Emea), und hinter den Wachstumsaussichten stehen weiterhin Fragezeichen.
Europa ist die grösste Baustelle von L+G: «Wir wollen die Bruttomarge wirklich verbessern, das wird 2018 unsere absolute Priorität sein», sagte CEO Richard Mora vor Medienvertretern in Zürich. In der für sie zweitgrössten Region musste L+G einen Rückgang der Bruttomarge von 4,7 Prozentpunkten verbuchen, und das trotz der erfolgreichen Umsetzung eines Effizienzprogramms, genannt Phoenix. Damit resultiert in Europa auf Ebitda-Ebene ein adjustierter Verlust von 8,8 Mio. $ (Bruttomarge 24,9%). Auch das kleinere Geschäft in Asien-Pazifik schreibt operativ rote Zahlen.
Nur Amerika wächst
Damit wird L+G noch abhängiger von den Entwicklungen in Amerika. Derzeit fallen nur in dieser Region, zu der Japan hinzugezählt wird, schwarze Zahlen an (Ebitda-Marge 20,5%). Amerika trägt zudem 94% zum Betriebsergebnis bei, der Rest schreibt Verlust. Beim Börsengang im Juli 2017 hatte der Konzern noch in Aussicht gestellt, dass sich das Wachstum auch in Europa (Emea) beschleunigen würde.
Davon ist nichts zu spüren, in der Region Amerika stieg der Umsatz zwar währungsbereinigt um 4,1%. Emea wuchs im Gesamtjahr aber kaum (+1,7%), während Asien-Pazifik sogar rückläufig war (–3,4%).
Probleme in Europa
Die Situation in Europa gibt Anlass zu Sorge. Lieferengpässe bei Zulieferern von Komponenten, die in Smart Meters verbaut werden, drückten den Konzernumsatz. «Wir werden auch während des Rests des Jahres mit dieser Situation zurechtkommen müssen», sagte Finanzchef Jonathan Elmer. Auch Verzögerungen bei der Markteinführung neuer Produkte wirkten sich negativ aus.
In der Region Amerika ist L+G stark von einem grossen Smart-Meter-Projekt mit dem japanischen Energiedienstleister Tepco abhängig, einem der weltgrössten Projekte dieser Art. Das Problem: Während die installierten Volumen hoch bleiben, nimmt der Ertrag aus dem Projekt ab. Durch den Ausbau der Tepco-Beziehung in andere Anwendungsgebiete, wie die Installation einer vernetzten Smartcity-Infrastruktur, will L+G Gegensteuer geben: «In rund achtzehn Monaten werden wir dadurch den rückläufigen Umsatz aus dem bisherigen Tepco-Projekt kompensieren können», erläuterte Mora.
Er will die Anleger aber auch mit Blick auf die Lage in Europa bei der Stange halten: «Wenn die Probleme gelöst sind, erwarten wir für das zweite Halbjahr eine Margenexpansion.» In den europäischen Absatzmärkten sei durchaus Dynamik festzustellen. Mora hebt Frankreich, die Niederlande und Grossbritannien hervor. Dort habe sich aber die Adoption einer neuen Gerätegeneration zuletzt verzögert.
Weniger Sonderposten
Positiv zu verbuchen ist neben dem unerwartet hohen freien Cashflow von 87,5 Mio. $ der deutliche Rückgang von Sondereffekten im Gewinnausweis. Wurden im ersten Semester noch 65,7 Mio. $ Sonderkosten herausgerechnet, waren es im zweiten netto nur noch 1,3 Mio. $. Besondere Aufmerksamkeit verdienen die Garantieaufwendungen. Sie werden als «Sonderposten» behandelt und machten im ersten Semester rund 70% des rapportierten Ebitda aus. Im zweiten Semester fielen die normalisierten Garantiezahlungen leicht negativ aus. «Wir gehen nicht von weiteren Garantiefällen aus», sagt Richard Mora.
Auf Stufe Nettoergebnis kann L+G für das Gesamtjahr schwarze Zahlen schreiben. Dabei profitiert sie davon, dass keine Goodwill-Abschreibungen wie im Vorjahr verbucht werden mussten (2016: 60 Mio. $). Weiter halfen niedrigere Finanzierungskosten sowie der Umstand, dass die von der US-Regierung angestrengte Reform der Unternehmenssteuern zu einer um 29 Mio. $ tieferen Steuerbelastung führte.
Verhaltene Aussichten
Für das laufende, im März 2019 endende Geschäftsjahr bleibt L+G vorsichtig. Der Umsatz soll sich zwischen 3 und 6% ausweiten, der adjustierte Betriebsgewinn auf 222 bis 232 Mio. $ zu liegen kommen. Für die Dividende entscheidend ist der freie Cashflow – er soll zwischen 95 und 105 Mio. $ liegen. Von der Mitte der Spanne sowie einer Ausschüttungsquote von 75% ausgehend dürften das nächste Mal um 75 Mio. $ oder 2.54 Fr. pro Aktie ausgeschüttet werden.
Angesichts der ungewissen Wachstumsaussichten werden sich Anleger auf die Dividende fokussieren müssen. Die Valoren rentieren derzeit mit 3,3%. Das für das laufende Geschäftsjahr geschätzte Kurs-Gewinn-Verhältnis von 28 suggeriert resp. erfordert erhebliches Wachstumspotenzial, das sich bislang aber nicht konkretisiert hat. Aufgrund dessen sind die Aktien wenig attraktiv.
Die komplette Historie zu Landis+Gyr finden Sie hier. »
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