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18:51 Uhr - 21.04.2015

Frauen für VR-Mandate bereit

Der Arbeitgeberverband stellt eine Liste mit 200 Frauen vor, die sich als Kandidatinnen für den Verwaltungsrat eignen.

Mangelnde Auswahl an Kandidatinnen dürfte kein Verwaltungsratspräsident mehr als Ausrede benutzen, wenn es darum geht, Vakanzen zu besetzen. Das Angebot von qualifizierten Frauen ist gemäss einer Studie des Arbeitgeberverbandes gross genug. Unter Mithilfe von Personalvermittlern hat der Verband eine Liste mit 200 Frauen erstellt und am Dienstag an einer Medienkonferenz vorgestellt. Drei Kandidatinnen für den VerwaltungsratDie Auswahl an qualifizierten Frauen für den Verwaltungsrat ist gross. Drei Kandidatinnen sind hier vorgestellt.
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Diese Frauen haben noch keine Mandate, würden sich aber für den Verwaltungsrat (VR) eines grösseren Unternehmens, definiert als Unternehmen mit mehr als 100 Mio. Fr. Umsatz oder 400 Angestellten, eignen. «Finanz und Wirtschaft» stellt drei vor.

Der Arbeitgeberverband hat das Projekt nach einer Umfrage unter 150 Publikumsgesellschaften im Oktober 2013 lanciert. Eine Vierfünftelmehrheit der befragten VR-Präsidenten sagten damals, sie wollen den Anteil der Frauen im Gremium erhöhen. Die Nachfrage nach Kandidatinnen für den Verwaltungsrat ist also vorhanden und wäre deutlich grösser als die effektive Anzahl der Frauen, die zuletzt in den Verwaltungsrat gewählt wurde. Vielfalt im Verwaltungsrat zahlt sich ausDer Anteil Frauen in den Gremien grosser Schweizer Unternehmen nimmt zu. Diversität macht Sinn, ist aber breiter zu verstehen. Ein Kommentar von FuW-Ressortleiterin Claudia Carl. Wie lässt sich diese Diskrepanz erklären, wenn doch das Angebot und die Nachfrage in genügendem Mass vorhanden sind?

Eigenes Netzwerk dominiert

Doris Aebi vom Personalvermittler Aebi+Kuehni erklärt den Unterschied mit dem Suchprozess. «Bisher lief die Rekrutierung für das oberste Gremium über Netzwerke», sagte Aebi an der Medienkonferenz. Da Frauen weniger in den männlich dominierten Netzwerken vertreten sind, tauchten valable Kandidatinnen seltener auf dem Radar auf. Die Liste sei ein Versuch, das zu ändern. «Das Ziel war es, ein möglichst breites Spektrum abzudecken», sagt Aebi. Es wurde über alle Branchen gesucht, auch in solchen, welche eher von Männern dominiert werden. Gemäss Aebi war es wichtig, «einen bunten Strauss vorzustellen». Sie betont zudem, dass es sich nur um einen Auszug handelt. Es gäbe weit mehr Kandidatinnen, «es hätten auch 300 oder 400 sein können». Letztlich geht es also mehr um die Professionalisierung des Suchprozesses und der Gesamtbetrachtung des Gremiums.

Das ist auch wichtig. Denn Bundesrätin Simonetta Sommaruga plant eine Geschlechterquote von 30% bei Verwaltungsräten und in Geschäftsleitungen von in der Schweiz kotierten Unternehmen einzuführen. Rolle in der Gesellschaft entscheidetDer Verwaltungsrat ist ein Spiegelbild der Gesellschaft. Anders lassen sich die Resultate einer Studie der Universität Cambridge in Zusammenarbeit mit der Bank of New York Mellon nicht interpretieren.
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Gemäss Medienberichten gibt es aber Opposition gegen ihren Versuch, die Quote in die Vorlage zur Revision des Aktienrechts einzubauen. Trotzdem beschäftigt das Thema die Wirtschaft und vor allem die Verwaltungsräte.

Die drohende Quote spielt laut dem Präsidenten des Arbeitgeberverbandes, Valentin Vogt, nur eine Nebenrolle. Der Verband hätte das Projekt gestartet, bevor die Quotendiskussion anfing. «Quoten kommen immer zu spät und werden der Heterogenität nicht gerecht», führte er aus. Gemäss einer Studie, die von der Universität Cambridge zusammen mit der Bank of New York Mellon erstellt wurde, sind Quoten sowieso weniger entscheidend als Rahmenbedingungen für Frauen im Arbeitsmarkt. Auch Guido Schilling, der Führungskräfte rekrutiert, kann einer Quote nicht viel abgewinnen. Er bezeichnet es als «politische Effekthascherei», wenn eine Quote von 30% im VR verlangt werde. Bis sie in Kraft trete, sei der Anteil der Frauen im obersten Gremium bereits auf diesem Niveau.

Nicht alle gleich weit

Aktuell sind gemäss Schillingreport 15% der Verwaltungsratsmandate der grössten hundert Schweizer Unternehmen an Frauen vergeben. Seit 2010 hat sich der Anteil deutlich erhöht und 2014 wurde jede dritte Vakanz mit einer Frau besetzt. Laut Schilling hat ab «2012 ein Boom stattgefunden». Er rechnet mit einer Beschleunigung des Trends und glaubt, dass «2020 bereits 30% Frauen im VR sitzen werden».

Für die grössten Unternehmen mag das stimmen. Je kleiner die Unternehmen, desto tiefer ist aber der Anteil an Frauen. Laut Erhebung des Aktionärsberaters zRating ist bei den kotierten Unternehmen, gerechnet ohne die grössten zwanzig, nur eine von zehn Verwaltungsräten eine Frau. Um eine Geschlechterquote von 30% zu erreichen, müssten diese Unternehmen einen weiteren Weg gehen.

Kritisch wird es aber auf Stufe Geschäftsleitung. Gemäss Schilling beträgt der Frauenanteil dort nur 6%. Zudem waren 2014 nur 9% der neuen Mitglieder Frauen. Die geplante Geschlechterquote von 30% in der Geschäftsleitung wäre die weitaus grössere Baustelle als beim Verwaltungsrat. «Eine Quote auf Stufe Geschäftsleitung wäre eine Illusion, da es nicht genug Frauen im mittleren Management hat», sagt Schilling. Hier handle es sich um ein Generationenprojekt.

Rolle in der Gesellschaft entscheidetDer Verwaltungsrat ist ein Spiegelbild der Gesellschaft. Anders lassen sich die Resultate einer Studie der Universität Cambridge in Zusammenarbeit mit der Bank of New York Mellon nicht interpretieren.

Wirtschaftliche und kulturelle Faktoren entscheiden mit darüber, wie viele Frauen in Verwaltungsräten Platz nehmen und wie lange sie in diesen Gremien vertreten sind. Quoten helfen demnach zwar, dass Frauen in Verwaltungsräten Einsitz nehmen, sie haben aber keinen positiven Einfluss auf die Dauer. Zudem hätten nur wenige Länder gesetzlich festgelegte Quoten und würden diese durchsetzen, sodass die Aussagekraft eingeschränkt sei, schreiben die Autoren.

In der Studie wurden tausend Unternehmen aus 41 Ländern während zehn Jahren unter die Lupe genommen und die Faktoren analysiert, die den Aufstieg von Frauen in den Verwaltungsrat fördern. Den grössten Einfluss haben wirtschaftliche Faktoren: Je länger die erwartete Schulbildung und je höher der Anteil der Frauen am Arbeitsmarkt, desto grösser ist die Anzahl der Frauen im Verwaltungsrat, und desto länger bleiben sie in den Gremien vertreten. Ebenso wichtig sind gemäss der Studie soziokulturelle Faktoren: In Ländern, in ­denen Frauen und Männer gleichgestellt sind, verfügen Frauen über bessere Aussichten auf Verwaltungsratsmandate. Auf die Dauer des Mandats hat die Gleichstellung aber keinen signifikanten Einfluss. In Gesellschaften, die Durchsetzungswillen belohnen, ist die Anzahl der Frauen in Verwaltungsräten tiefer, die Dauer der Mandate länger.

Massnahmen auf Unternehmensebene leisten gemäss der Studie einen wichtigen Beitrag. Hierzu zählen die Autoren flexible Arbeitszeiten, die Möglichkeit, nach der Familiengründung wieder arbeiten zu können und die Ausgestaltung des Mutter- respektive des Vaterschaftsurlaubs.

Solle der Anteil von Frauen in Verwaltungsräten erhöht werden, müsse die Rolle der Frau in der Gesellschaft allgemein gestärkt werden, so die Schlussfolgerung.

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