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11:32 Uhr - 12.01.2015

Verfechter der Transparenz

Mit Digitec mischte Oliver Herren den Onlinehandel für Elektronik auf. Gleiches plant er in der Vermögensverwaltung mit vergleichbaren, einfachen und transparenten Produkten.

Turnschuhe, ein  bequemer Pullover und darüber eine Freizeitjacke. So erscheint Oliver Herren, 35, zum Gespräch in einem Café in der Nähe des Technoparks in Zürich West. Inmitten von Studenten und Müttern samt ihren Kinderwagen sticht er höchstens durch seine Körpergrösse heraus. Nichts lässt darauf schliessen, dass er erfolgreicher Unternehmer ist und von der Tageszeitung «Blick» vor drei Jahren als «Mini-Zuckerberg» bezeichnet wurde. Das war, als er und seine zwei Gründerkollegen einen Anteil von 30% des Elektronikhändlers Digitec an den Detailhändler Migros verkaufte. Gemäss dem Wirtschaftsmagazin «Bilanz» erhielten die drei Gründer je 14 Mio. Fr. Die Bezeichnung stört Herren nicht. Sie sei ja nicht falsch. Wie der ­Facebook-Gründer Mark Zuckerberg machte Herren aus seiner Affinität zu Computern ein Vermögen, wenngleich in einer anderen Grössenordnung.

Alles noch selbst zusammenschrauben

In Stäfa aufgewachsen, arbeitete er als Kind ab und zu in einer Gärtnerei und kaufte mit dem Ersparten den ersten eigenen PC – einen 486er. Bei Digitec schraubte er anfangs noch selbst Computer für Freunde und Bekannte zusammen, aus der Überzeugung, bessere und günstigere Produkte anbieten zu können. Nach dem Einrichten einer Homepage stieg die Nachfrage. Mitarbeiter wurden eingestellt und das Sortiment kontinuierlich ausgebaut. Unterdessen vertreibt das Unternehmen via Galaxus auch Haushaltsartikel und Spielsachen.

Bei Digitec hat sich sein Aufgabenprofil seit dem Beginn verändert: vom Bau von Computern, übers Produktmanagement, den Einkauf, die Softwareprogrammierung zur Leitungsfunktion. «Meine Motivation ist nicht mehr Geld zu verdienen, sondern etwas zu bewegen», sagt er. So ähnlich wie am Anfang. «Wir zahlten uns fast keinen Lohn aus, sondern hatten Freude an der Arbeit.» Zweifel am Erfolg hatte er keine. Probleme wurden angepackt und gelöst.
Im Vordergrund standen immer das Kunden­erlebnis und eine hohe Transparenz. «Die gute Idee und ein gutes Konzept hat man schnell, viel schwieriger ist dann die Ausarbeitung der Details», sagt der Unternehmer. Damit er sich nicht in den Details verliert, zwingt er sich, genug Zeit für seine Familie freizuhalten.

Als Herren das Geld aus dem Teilverkauf von Digitec anlegen wollte, konnte ihm keine Bank ein zufriedenstellendes Angebot unterbreiten. Versteckte Gebühren und die Vorstellung, regelmässig einen Bankberater zu treffen, hielten ihn davon ab. Dafür fehle ihm schlichtweg die Zeit. Also gründete er mit einem Partner die auf Online-Vermögensverwaltung spezialisierte True Wealth und steht dem Unternehmen beratend bei. Das Konzept ist simpel. Der Kunde wählt eine Allokation aus, True Wealth setzt die Strategie um: kostengünstig und transparent mit passiven Produkten. Ihm geht es nicht um Gewinn, sondern um das Produkt aus Kundensicht.

Arbeit als Passion

Dank seines Vermögens hätte sich Herren zurücklehnen können. Er will aber  bei Digitec weitermachen, das unternehmerische Arbeiten ist seine Passion. Eine Auszeit zum Reisen wäre eine Möglichkeit gewesen, «ich brauche aber auch ­etwas Echtes und nicht nur Konsum. ­Etwas zu machen ist spannender als zu konsumieren», sagt er. Mit Frau und Kindern wohnt er in einer 5,5-Zimmer-Mietwohnung, und das Familienauto ist ein VW Multivan. «Man braucht ja nicht viel, vielleicht ein gutes Buch.» Eines
der letzten, das Herren gelesen hat, ist die Biografie von Steve Jobs, dem Mitbegründer und Chef des Computerherstellers Apple (AAPL 112.01 0.11%). Dieser galt bei der Produktgestaltung als Visionär, aber auch als Choleriker. Als Choleriker sieht sich Herren aber nicht. Ein Perfektionist sei er, sagt sein Geschäftspartner von True Wealth, Felix Niederer, jemand, für den der praktische Nutzen im Vordergrund steht und der keine Angst vor Neuem hat.

Der Erfolg von True Wealth muss sich noch zeigen. Durchhaltewillen und ein gutes Gespür für Produktgestaltung hat Herren bei Digitec bewiesen. Danach muss auch nicht Schluss sein. Optimierungspotenzial sieht er beispielsweise im Gesundheitsbereich – auch aufgrund mangelnder Kostentransparenz.

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