Der Ausrüster medizinischer Labors ist zuversichtlich für 2020. Per saldo könnte der Coronaeffekt neutral ausfallen.
Tecan (TECN 264.4 5.68%) wurde am Dienstag auf den Tag genau vor 40 Jahren gegründet. Dem Management war aber nicht zum Feiern zumute. Die Verwerfungen der Coronapandemie halten auch die auf medizinische Laborprüfgeräte spezialisierte Gesellschaft in Atem.
Immerhin zählt Tecan zu den Unternehmen, deren Geschäft per saldo relativ wenig beeinträchtigt werden dürfte. Das sahen auch Investoren so: Zunächst sprangen die Aktien fast 23% hoch, gaben danach aber einen grossen Teil wieder preis.
CEO Achim von Leoprechting fasste den Coronaeinfluss an einer Internetübertragung so zusammen: «Wir haben sowohl Gegen- wie auch Rückenwind.» In den Spitälern werden mehr Tests durchgeführt. Zudem konnte Tecan mehr als 100 zusätzliche Diagnosegeräte zur Bestimmung menschlichen Erbmaterials nach China und Südkorea liefern.
Beschaffungskette noch intakt
Auf der anderen Seite wird das Geschäft mit Universitäten beeinträchtigt, viele sind geschlossen. Der Betrieb in China wurde auf reduzierter Basis wiederaufgenommen; das Land war eines der grössten Wachstumsmotoren in den vergangenen Jahren. Auch das Komponentengeschäft leidet. Stand heute, halten sich die günstigen und belastenden Faktoren ungefähr die Waage.
Noch ist die Versorgungskette intakt, sagt von Leoprechting: «Wir erhalten von den Zulieferern genügend Material», betont er. Tecan hatte die Lieferkette schon vorher so organisiert, dass 60 bis 80% des Einkaufsvolumens aus der Region stammen, in der sie auch ihre Geräte produziert.
So fällt die Prognose für 2020 vergleichsweise zuversichtlich aus. Wie vor einem Jahr rechnet Tecan mit einem Umsatzwachstum in Lokalwährung von 5 bis 9%. Der Anteil des organischen Wachstums nimmt zu, weil die US-Gesellschaft NuGen (Gen-Analyse) nun voll in die Rechnung einbezogen wird.
Die operative Gewinnmarge auf Stufe Ebitda soll auf 19,6% steigen. Hier erwarteten die Finanzanalysten mehr. Finanzchef Rudolf Eugster wies an seiner letzten Präsentation aber darauf hin, dass Tecan die Jahresprognose jeweils eher vorsichtig ansetze und diese im vergangenen Jahr übertroffen worden sei. Die Erwartung basiert auf einem Durchschnittskurs von 1.08 Fr. zum Euro und 0.98 Fr. zum Dollar.
Üppige Liquidität
Die Zuversicht von Tecan gründet auch auf dem guten Resultat 2019. Wie Mitte August in Aussicht gestellt, machte das Unternehmen die eher schwache Leistung im ersten Halbjahr mehr als wett. Mit einem organischen Umsatzwachstum von 6% wuchs der Spezialist für Laborautomation wiederum klar über dem Markt.
Im Geschäft mit Pharmakunden kam Tecan deutlich rascher voran als im Bereich Partnering Business, wo sie Instrumente und Komponenten herstellt, die Partner in der Diagnostik unter eigenem Namen vertreiben. Im Vorjahr hatte ein Grossauftrag in zweistelliger Millionenhöhe für besonderen Schub gesorgt.
Die inklusive Sondereffekte ausgewiesene Ebitda-Marge stieg 70 Basispunkte. Auf Stufe Ebit allerdings glitt die Profitabilität zurück. Dank günstigem Steuereffekt resultierte gleichwohl mehr Gewinn, der die Bezahlung einer höheren Dividende erlaubt. Die Hälfte wird aus der Kapitaleinlagereserve entrichtet, für Privatinvestoren steuerfrei.
Wie üblich schüttet Tecan etwa 35% des Überschusses aus. Die Rendite bleibt mit knapp 1% bescheiden.
Tecan kann sich auf jeden Fall auf eine sehr solide Bilanz mit 70% Eigenkapitalanteil stützen. Das Unternehmen erwirtschaftet regelmässig einen hohen freien Cashflow. Die Nettoliquidität ist per Ende 2019 auf 312 Mio. Fr. gestiegen. Die Mittel selbst für grössere Akquisitionen sind vorhanden.
Seit 2014 hat Tecan etwa 165 Mio. Fr. für sechs Übernahmen ausgegeben. Diese haben ein Drittel zum Wachstum beigetragen.
Günstigere Übernahmen?
Achim von Leoprechting kann sich vorstellen, dass Zukäufe mit der Zeit zu günstigeren Preisen möglich werden. Im Moment allerdings würden einige Prozesse verzögert, Sorgfaltsprüfungen (Due Diligence) seien derzeit nicht sinnvoll. «Doch wir sind sehr aktiv», fügt er an.
Alles in allem dürfte Tecan glimpflich durch die Coronakrise navigieren. Die Aktien notierten am Dienstagnachmittag 6% höher als am Vortag und bloss 14% unter dem Allzeithoch von Anfang März. Die mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 38 für 2020 teuer bewerteten Aktien sind aber gerade deshalb besonders verwundbar, sollte es zu einem finalen Ausverkauf an den Börsen kommen.
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