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03:20 Uhr - 06.06.2018

Umut an der Tesla-GV

Aktionäre kritisieren Interessenkonflikte im Verwaltungsrat. Der Druck auf den Elektroautohersteller nimmt damit weiter zu, die Produktion auf ein profitables Niveau zu bringen.

Tesla kommt nicht aus den Negativschlagzeilen heraus. Fast wöchentlich gibt es Meldungen über Produktionsprobleme, mangelnde Sicherheit am Fertigungsstandort Freemont und Verkehrsunfälle. Auch finanziell ist der Elektroautobauer aus Kalifornien gefordert. Allein im ersten Quartal hat er über 1 Mrd. $ verbrannt.

Unter Investoren sorgt das für wachsenden Unmut. An der ordentlichen Generalversammlung von Tesla standen am Dienstag deshalb gleich mehrere Forderungen nach einer Verbesserung der Corporate Governance zur Abstimmung. Dazu gehörte die Aufspaltung des Doppelmandats von Unternehmensgründer Elon Musk als CEO und Chairman.

Unterstützt von den Stimmrechtsberatern ISS und Glass Lewis verlangen Minderheitsaktionäre zudem mehr Unabhängigkeit im Verwaltungsrat. An der GV sprachen sie sich deshalb gegen die Wiederwahl von drei VR-Mitgliedern aus: 21st-Century-Fox-CEO James Murdoch, Antonio Gracias und Musks Bruder Kimbal.

Grossaktionäre halten zu Musk

«Diese drei Personen sind keine glaubwürdigen und unabhängigen Repräsentanten der Aktionäre. Ihr Mangel an Erfahrung in der Autoindustrie und im Bereich Personalmanagement sind dabei nur die offensichtlichsten Defizite», sagte Dieter Waizenegger vom Pensionskassenberater CtW Investment Group unmittelbar vor der Abstimmung.

«Mit Besorgnis zweifeln wir ausserdem daran, dass diese hochbezahlten Verwaltungsräte dem CEO bei der Bewältigung der schwerwiegenden Probleme helfen können, mit denen sich Tesla in den Bereichen Finanzen, Produktion und Arbeitsverhältnisse konfrontiert sieht», kritisierte Waizenegger weiter.

Schon vor dem Aktionärstreffen war jedoch klar, dass diese Anliegen kaum eine Chance haben: Elon Musk kontrolliert knapp 20% der Aktien und kann sich auf die Unterstützung von Grossaktionären wie T. Rowe Price und Fidelity Investments verlassen. Entsprechend wurden die drei zur Wiederwahl stehenden Verwaltungsräte mit überwiegender Mehrheit im Amt bestätigt.

Dennoch wird der Druck auf Tesla nicht nachlassen. Die Produktion des Mittelklassewagens Model 3, von dem das Überleben des Konzerns abhängt, ist bislang hinter den Vorgaben zurückgeblieben. Umstritten ist deshalb, ob das auf Ende Monat gesteckte Ziel von 5000 Einheiten pro Woche erreicht werden kann.

«Die vergangenen Monate waren die qualvollsten und höllischsten, die ich wahrscheinlich je erlebt habe», sagte Musk in emotionalem Ton. «Vielen Mitarbeitenden von Tesla ist es ähnlich ergangen. Ich denke aber, dass wir auf dem richtigen Weg sind», meinte der 46-Jährige. Derzeit belaufe sich die Produktion des Model 3 auf rund 3500 Wagen pro Woche, fügte er hinzu.

An der Börse löste das keine grössere Reaktion aus. Die Aktien von Tesla tendierten am Dienstagabend im nachbörslichen Handel knapp 1% fester, nachdem sie in der regulären Sitzung fast 2% auf 291 $ verloren hatten. Gemessen am Stand von Anfang Jahr notieren sie gut 8% im Minus, wogegen der US-Leitindex S&P 500 (SP500 2748.8 0.07%) rund 2% avanciert ist.

Kunden verlangen Depot für Model 3 zurück

Musk bekräftigte zudem, dass Tesla ab dem zweiten Halbjahr profitabel arbeiten werde. Bisher ist das Gegenteil der Fall: Der negative freie Cashflow ist im ersten Quartal auf über 1 Mrd. $ gewachsen. Prekär sah auch die Erfolgsrechnung mit einem Rekordverlust von fast 710 Mio. $ aus.

Damit fragt sich, wie lange sich der Konzern noch auf seine «Fans» verlassen kann. Um sich einen Wagen zu reservieren, haben viele Kunden ein Depot von je 1000 $ hinterlegt. Per Ende des ersten Quartals machten solche Anzahlungen mehr als ein Drittel der 2,7 Mrd. $ an liquiden Mittel von Tesla aus. Der Researchdienst Second Measure schätzt jedoch, dass mehr und mehr Kunden ihr Geld zurückverlangen. Demnach musste das Unternehmen inzwischen bereits 23% der Anzahlungen für das Model 3 zurückerstatten.

An den Finanzmärkten bleibt die Skepsis gross. Gemäss dem Datendienst S&P Global haben Shortsellers inzwischen mehr als 23% der ausstehenden Tesla-Aktien leerverkauft, um auf einen sinkenden Kurs zu wetten. Sorgen um die finanzielle Gesundheit des Konzerns reflektiert ebenso der Bondmarkt, wo der Preis von Tesla-Anleihen mit Laufzeit bis 2025 auf 88% des Nominalwerts gefallen ist

 

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