Neue Rückstellungen drücken die Bank tiefer in die roten Zahlen. Und nun harzt es im Private Banking.
Die Grossbank ist weiter mit Schlamassel aus ihrer Vergangenheit beschäftigt. Um sich für juristische Streitigkeiten ihrer Investmentbank zu rüsten, nimmt die CS-Führung um CEO Thomas Gottstein neue Rückstellungen in Höhe von 500 Mio. Fr. vor. Das wird das Nettoergebnis für das Schlussquartal tief in die roten Zahlen drücken. Es wird somit noch übler ausfallen als ohnehin: Im Herbst hatte Credit Suisse (CSGN 8.1940 -0.99%) bereits eine Goodwillwertberichtigung in Höhe von 1,6 Mrd. Fr. in Aussicht gestellt.
Damit nicht genug. Auch die Vermögensverwaltung ist im Schlussquartal unter die Räder gekommen und hat einen Vermögensabfluss verbucht. Einzig das Asset Management scheint sich gegen den Negativtrend zu stemmen und schafft es noch, Kundengelder anzuziehen. Die CS-Aktien reagierten am Dienstag kaum auf die Gewinnwarnung. Sie haben dieses Jahr aber bereits 7% verloren und auf Zwölfmonatssicht über 30% ihres Werts eingebüsst. Sie sind die Titel mit der schlechtesten Performance im Schweizer Blue-Chip-Index SMI (SMI 11'952.11 +0.60%).
Die neuen Rückstellungen über 500 Mio. Fr. gehen wie oft auf die Investmentbank zurück. Sie betreffen eine Reihe von Fällen, bei denen die Grossbank «proaktiv Vergleiche angestrebt hat». Gemäss einer Konzernsprecherin handelt es sich dabei um ein ganzes Bündel alter Verfahren, die bis zur Finanzkrise zurückgehen und mitunter den Libor- (2011) oder den Devisenhandelsskandal (2013) umfassen. CS hat die Rückstellungen teilweise durch den Verkauf von Immobilien abgefedert, die 225 Mio. Fr. einbringen.
Trotzdem ist klar: Im Schlussquartal 2021 wird ein noch grösserer Verlust resultieren als erwartet. CS spricht zwar – unter Ausklammerung eines Goodwillabschreibers über 1,6 Mrd. Fr. – von einem Break-Even beim ausgewiesenen Vorsteuergewinn. Auch ohne diesen Abschreiber wird jedoch im vierten Quartal ein Nettoverlust zu Buche stehen. Der allergrösste Teil dieser bereits bekannten Wertberichtigungen geht ebenfalls auf die Investmentbank zurück, genauer auf die Zeit ihres Ausbaus im Jahr 2000 (sic!). Damals kaufte CS Group die US-Investmentbank Donaldson, Lufkin & Jenrette und führte sie mit Credit Suisse First Boston zusammen.
Doch besorgniserregender als die Rückstellungen und die Wertberichtigungen in der angeschlagenen Investmentbank ist die Tatsache, dass es derzeit auch in der Vermögensverwaltung nicht rund läuft. Die Handelsaktivität hat sich im Schlussquartal verlangsamt, und die reichen Kunden haben ihre Lombardkredite zurückgefahren. Besonders in den wichtigen asiatischen Märkten herrschten «ungünstige Marktbedingungen». Im strategisch wichtigen Private-Banking-Geschäft war 2021 somit in zwei von vier Quartalen der Nettoneugeldzufluss negativ.
Da ist es ein schwacher Trost, dass der Abfluss in der Vermögensverwaltung durch neues Geld im Asset Management «mehr als ausgeglichen» wurde. Das Wealth Management steht im Zentrum der aufgefrischten Konzernstrategie der CS. Schwächelt dieser Bereich und verlieren Kunden das Vertrauen, hat CS ein gröberes Problem, zumal zu hören ist, dass weiterhin viele Kundenberater die Bank für die Konkurrenz verlassen.
CEO Thomas Gottstein und das neue Management der Vermögensverwaltung müssen schnell Gegensteuer geben, um nur schon den Eindruck eines Vertrauensverlusts zu vermeiden. Das ist keine leichte Aufgabe, zumal sich der Bereich im Rahmen der neu definierten Strategie in einer Neuorganisation befindet und stark mit sich selbst beschäftigt ist.
Die CS-Aktien sind nach dem jüngsten Kurstaucher mit einem Kurs-Buch-Verhältnis von 0,5 und einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (2022) von 8 ausgesprochen günstig bewertet. Mit einer Kapitalisierung von nunmehr 24 Mrd. Fr. ist CS weniger als halb so viel wert wie UBS (UBSG 16.99 +1.89%) (60 Mrd. Fr.).
Die Valoren sind aus dieser Sicht als «Deep Value» zu bezeichnen. Doch angesichts der tiefsitzenden kulturellen und operativen Probleme der Bank kommt ein Engagement nur für risikofähige, sehr langfristig orientierte Investoren in Frage. Alle anderen lassen weiter die Finger von den CS-Papieren.
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