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16:04 Uhr - 16.04.2015

Regulierung als Segen für das Schweizer Private Banking

Die Beratungsgesellschaft KPMG hat mit der Universität St. Gallen (HSG) eine Studie über den Privatbankenmarkt entwickelt. Sie zeigt, dass Regulierung für Privatbanken Mehrwert schaffen kann.

Die Autoren der Studie von KPMG und der HSG weisen darauf hin, dass die Umsetzung transnationaler Regulierungen für Privatbanken überlebenswichtig ist und ihre Wettbewerbsfähigkeit fördert. «Durch die Umsetzung transnationaler Regulierungen wird die Schweiz als sauberer Finanzplatz anerkannt», ist Philipp Rickert, Leiter Financial Services und Mitglied der Geschäftsleitung von KPMG Schweiz, überzeugt. Dadurch werde die Reputation des Finanzplatzes gestärkt und ein Level Playing Field erreicht.

Denn das Schweizer Private Banking ist ein Exportartikel und ist dadurch gezwungen, sich transnationalen Regulierungen anzupassen, um international wettbewerbsfähig zu bleiben und überhaupt Zugang zu ausländischen Kunden zu erhalten.

«Proaktiver Ansatz»

KPMG ist überzeugt, dass eine proaktive Umsetzung der neuen Bestimmungen die Dienstleistungen und den Kundenschutz verbessert – und dadurch auch der Glaubwürdigkeit der Banken förderlich ist. «Regulierung wird zu einem höheren Qualitätsstandard führen, wodurch Effizienz und Kundenzufriedenheit gesteigert werden», sagt Philipp Rickert.

Die Umsetzung transnationaler Regulierung soll nach Meinung der im Rahmen der KPMG-Studie Befragten allerdings nicht «Rule-Based», sondern «Principle-Based» vorgenommen werden. Konkret heisst dies, dass der Regulator in der Schweiz entscheidet, was reguliert werden soll, und die Banken bestimmen, wie sie die vorgegebenen Regulierungen adäquat umsetzen wollen.

Fidleg bringt Nutzen, AIA nicht

Eine Differenzierung nach gewissen Kriterien, zum Beispiel nach Geschäftsmodell oder Grösse, erachtet die Mehrheit der Befragten in diesem Prozess als sinnvoll. Das Fehlen von Differenzierung wird als hindernd für künftige Entwicklungen in der Branche erachtet.

Die meisten Befragten sind der Ansicht, dass das Finanzdienstleistungsgesetz Fidleg dank höherer Transparenz dem Kunden einen bedeutenden Nutzen bringen wird. Im Gegensatz dazu ist fast die Hälfte der Befragten der Meinung, dass der automatische Informationsaustausch (AIA) und die Client Data Confidentiality (CDC) nur wenig Nutzen sowohl für die Bank als auch für den Kunden bringen.

Regulierung soll allen dienen

Die anstehenden Regulierungen schützen gemäss KPMG  primär den Kunden. Sie schaffen Transparenz und helfen dem Kunden, Investitionsentscheide zu fällen. «Die Regulierung soll jedoch auch dem Schutz der Banken und der Kundenvermögen dienen und nicht nur den Kunden gegen die Bank schützen», fordern die KPMG-Experten auf Basis der Umfrage.

Denn eine proaktive Umsetzung der neuen Bestimmungen werde zu qualitativ besseren Dienstleistungen führen und somit die Attraktivität der Banken steigern. Gemäss der KPMG-Umfrage glaubt die Mehrheit der Banken, dass die Regulierung heute zu wenig pragmatisch umgesetzt werde und die Kunden bevormundet würden.

«Wichtig ist, dass Regulierung allein nicht unmittelbar zu höherem Vertrauen der Kunden in die Banken oder einer grösseren Kundenzufriedenheit führt. Zur Erreichung dieses Ziels sind auch das Know-how und die Beratungsqualität des Kundenberaters entscheidend», sagt Philipp Rickert dazu.

Mindestgrösse von 10 Mrd. Fr.

Die Autoren der Studie sind überzeugt, dass die Regulierung Banken zwingt, ihr Geschäftsmodell zu schärfen und nachhaltiges Wachstum zu generieren. Kleinere Banken werden grösstenteils zu Nischenplayern: Die zunehmende Regulierung wird immer komplexer und anspruchsvoller, weshalb sich viele Banken aus Compliance- und Kostengründen auf einzelne Märkte und Produkte fokussieren müssen.

«Unsere Befragung zeigt, dass die meisten Privatbanken einen Bereinigungsprozess eingeleitet haben, der noch nicht abgeschlossen ist», heisst es dazu. Gemäss Umfrage wird sich die Mindestgrösse einer profitablen Privatbank (in Bezug auf Assets under Management) aufgrund der anstehenden Regulierungen auf 10 Mrd. Fr. oder mehr erhöhen.

«Entscheidend für die Beurteilung der Mindestgrösse ist auch das Geschäftsmodell, wobei Outsourcing eine grosse Rolle spielen wird», erläutert Rickert. Automatisierung und Digitalisierung von Prozessen und Kontrollen seien erforderlich. Die Rückgabe der Banklizenz mit einem Wechsel zum Vermögensverwalter oder zum Family Office wird kaum als Option betrachtet.

Investitionen in Digitalisierung

Als Folge davon müssen Banken gemäss KPMG-Umfrage  in die Automatisierung der Kernprozesse sowie die notwendige Technologie investieren. «Investitionen in die Digitalisierung sind auch notwendig, um den Anforderungen der Regulierungen gerecht zu werden», sagt Rickert. Eine «proaktive Zusammenarbeit mit Technologieunternehmen» sei empfehlenswert.

Die riesigen Mengen an Daten in Form von Kundendaten, Risikoprofilen und Informationen zu Anlagegewohnheiten müssen auch aufgrund von regulatorischen Bestimmungen erhoben werden. Doch diese Daten ermöglichen zudem eine dynamische Segmentierung der Kunden und ein verbessertes Verständnis der Kundenbedürfnisse.

Einzelne Banken erwägen gemäss Umfrage auch eine Unterstützung durch Nichtbanken-Spezialisten zur Strukturierung ihrer Daten. «Es ist jedoch unabdingbar, dass diese Daten anhand eines intelligenten IT-Systems vollständig digitalisiert werden können. In diesem Bereich sind noch grössere Investitionen nötig», fordert  KPMG-Mann Rickert.

Klare und transparente Preismodelle

Performance ist ein wichtiger Faktor im Private Banking, aktuell jedoch gemäss KPMG nicht der wichtigste. Die Kunden seien aber sehr preissensitiv, insbesondere bei Transaktions- und Bestandesgebühren.

«Die Banken müssen ihre Preise klar offenlegen, dann sind die Kunden bei erkennbarem Nutzen auch bereit, einen höheren Betrag für nicht standardisierte Dienstleistungen zu bezahlen», heisst es dazu. Ausserdem sei die Mehrheit der befragten Bankenvertreter der Meinung, dass die Kunden bereit wären, eine Performance Fee zu bezahlen.

Der Verwaltungsrat und die Geschäftsleitung tragen die Verantwortung für die rechtzeitige Implementierung neuer Regulierungen. Aufgrund der Fülle der Regulierungen braucht es gemäss KPMG klare strategische Ziele und eine Projektgruppe auf Stufe Geschäftsleitung für die Umsetzung. «Zudem ist die Schulung der Kundenberater wesentlich, um die Regulierungen richtig anzuwenden und Regulierung als Chance und nicht als Bedrohung oder Hindernis anzusehen.»

Digitalisierung verändert alles

Die Mehrheit der Befragten geht davon aus, dass aufgrund der Digitalisierung die Interaktion mit den Kunden zunehmen wird und im Kundengespräch vermehrt digitale Geräte zum Einsatz kommen werden. Diese sollen verschiedene Analysen, Simulationen und Produktinformationen des Portfolios darstellen können. Und Social Media wird für den Austausch von Informationen auch im Private Banking an Bedeutung gewinnen.

Und schliesslich sind die Teilnehmer der KPMG-Umfrage überzeugt, dass sich die Rolle der und die Anforderung an die Kundenberater  stark verändern. «Da Banking ein Vertrauensgeschäft bleibt, muss die Kundenzufriedenheit an oberster Stelle stehen: Offene und transparente Kommunikation, ethisches Verhalten, faire Preise und gesicherter Datenschutz sind zentral», wird dazu ausgeführt.

Der Kundenberater müsse die Regulierungen vollständig verstehen, um die Bank und den Kunden vor Schaden zu schützen, Non-Compliance werde nicht toleriert. Die Banken sehen aber auch, dass die Kundenberater neben dem üblichen Bankgeschäft zusätzliche Dienstleistungen anbieten müssen, zum Beispiel Unterstützung bei Immobilienfragen oder in Familienangelegenheiten.

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