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11:15 Uhr - 30.05.2016

Ehemaliger Zurich-CEO Martin Senn ist tot

Der 59-jährige Versicherungsmanager hat sich das Leben genommen. Er hat die Zurich-Gruppe ab 2010 vorangebracht, doch beim Rücktritt Ende 2015 war ihm der grosse Erfolg verwehrt geblieben.

Martin Senn ist tot. Der ehemalige CEO von Zurich Insurance hat sich am Freitag das Leben genommen, wie der Versicherungskonzern am Montag bestätigt hat.

Der 59-Jährige war im Dezember nach sechsjähriger Tätigkeit an der Konzernspitze unter Druck zurückgetreten. Er hatte nach erhöhter Fluktuation im Topmanagement und der Erosion der Gewinnmarge den Rückhalt des Verwaltungsrats verloren.

Ein sorgsamer und verbindlicher Unternehmenschef

An Interviews und Informationsgesprächen machte Senn stets den Eindruck eines verbindlichen Unternehmenschefs, der viel Wert auf ein sorgsames Vorgehen legte. Er zeigte beherztes Engagement, und er nahm sich Zeit für eine umfassende Beantwortung aller Anliegen. Dieser an sich sympathische Wesenszug mag zu einer Last werden, wenn nicht allen Ansprüchen die nach eigenem Massstab gerechte Beachtung zukommen kann.

Der Zurich-Konzern beklagte bereits 2013 einen schweren menschlichen Verlust wegen des Selbstmordes des damaligen Finanzchefs Pierre Wauthier. Seine Familie stellte die Tragödie in einen Zusammenhang mit Auseinandersetzungen Wauthiers mit dem damaligen Zurich-Präsidenten Josef Ackermann (früher Deutsche Bank). Die Aufarbeitung der Sachlage durch das Unternehmen und die Revisionsstelle brachte kein Fehlverhalten zutage, dennoch trat Ackermann zur Beruhigung der Situation aus dem Verwaltungsrat zurück.

Überflieger-Image verloren gegangen

Martin Senn gab seine Cheffunktion im Dezember 2015 auf. Er war in die Kritik geraten, weil der bestens kapitalisierte Konzern das zuvor jahrelang sorgfältig gepflegte Image eines Branchenüberfliegers nicht mehr hochhalten konnte. Die Konzernleitung wurde durch mehrere hochkarätige Abgänge geschwächt, und die Kernsparte Schadenversicherung war im dritten Quartal in die Verlustzone gefallen. Senn war nicht mehr in der Lage, die strategisch bedeutsame Übernahme der britischen RSA Insurance durchzuziehen.

Mit dem Fallenlassen des weit gediehenen Akquisitionsplans war klar, dass Senns Wirken der ganz grosse Erfolg verwehrt bleiben würde. Zuvor waren ihm mehrere strategische Transaktionen in Schwellenländern gelungen – 2010 in Indonesien und 2011 in Malaysia. Bedeutsam ist die im selben Jahr für 1,7 Mrd. $ geschlossene Teilakquisition der lateinamerikanischen Santander-Versicherung. 2014 wurde andererseits das unrentabel gebliebene russische Retailgeschäft abgestossen.

Hinter Konkurrenten zurückgefallen

Insgesamt fiel das Ergebnis der Jahre 2010 bis 2014 stabil hoch aus. Doch die mehr als auskömmliche Finanzlage dürfte mit eine Rolle gespielt haben, dass die Betriebskosten und auch das Risikomanagement aus dem Ruder liefen. Die Zurich-Aktien fielen 2015 hinter die Papiere der Wettbewerber und den Gesamtmarkt zurück.

Vorbei war die Sonderstellung am globalen Assekuranzsegment, die Senns Vorgänger James Schiro aufzubauen vermochte. Der ehemalige Chef des Beraters PwC wurde 2002 mit der Sanierung beauftragt. Das Unternehmen hatte sich 1998 mit dem Kauf des Finanzteils der britischen BAT übernommen. Wertvolle Unternehmensteile wurden abgestossen, und das Kapital musste unter erheblicher Verwässerung der Aktionäre neu aufgebaut werden. Schiro brachte die schockgeprägte Gruppe mit einem disziplinierten Vorgehen auf eine ruhige Spur. Ende 2009 gab Schiro das Zepter weiter an Martin Senn, der nach langer Karriere in der UBS (bzw. im Bankverein) zunächst Investmentchef von Swiss Life und ab 2006 in gleicher Funktion für Zurich tätig war.

Sanierung macht raschen Fortschritt

Jetzt muss der Konzern die organisatorische Struktur stutzen. Seit März leitet der 57-jährige Mario Greco den Konzern. Im ersten Quartal ist bereits ein gewaltiger Sprung gelungen. Das Betriebsergebnis ist gegenüber dem Schlussviertel 2015 beinahe verdreifacht worden. Greco machte in ersten Stellungnahmen klar, Ertrag vor Umsatz zu stellen.

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