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10:02 Uhr - 23.07.2018

Royal-Mail-Aktionäre revoltieren gegen Wahlschweizer

Rico Back will als neuer Chef von der britischen Royal Mail viel Geld und Privilegien. Die Reaktion der Investoren darauf fällt heftig aus.

Rico Back ist seit wenigen Wochen neuer Konzernchef der Royal Mail, des ehemaligen staatlichen Postunternehmens Grossbritanniens. Diese Zeit hat ausgereicht, um auf der Insel für den grössten Aktionärsaufstand seit Jahren zu sorgen.

Auslöser der Revolte gegen den Wahlschweizer, der nach Angaben von Royal Mail «seit über zehn Jahren in der Nähe von Zürich lebt», ist das Vergütungspaket, das das Postunternehmen seinem neuen Chef zugesteht. Das Grundsalär beträgt 640’000 £ – oder 17% mehr, als noch seine Vorgängerin Moya Greene erhalten hatte. Erfüllt Back die Vorgaben, steigt seine Entlohnung auf 2,6 Mio. £.

Ablehnung bleibt wohl ohne Folgen

Über 70% der Royal-Mail-Aktionäre lehnten an der Generalversammlung vom vergangenen Donnerstag das Vergütungspaket ab. Auch die beiden einflussreichen Stimmrechtsberater ISS und Glass Lewis forderten die Anleger auf, die Vergütung abzulehnen.

Damit lag die Ablehnungsquote deutlich höher als bei vergleichbaren Fällen, die sich seit der Finanzkrise in Grossbritannien ereignet hatten. Im April dieses Jahres wehrten sich 64% der Aktionäre gegen ein 75-Mio.-£-Vergütungspaket für den Chef des Hausbauers Persimmon, 2012 lehnten 60% der Investoren ein 7-Mio.-£-Salär des früheren WPP-Chefs Martin Sorrell ab.

Allerdings dürfte die Ablehnung von Backs Vergütungspaket folgenlos bleiben. Die Abstimmung hatte bloss konsultativen – und keinen bindenden – Charakter.

Zürich–London retour

Für zusätzliche Aufregung sorgte die Bedingung des gebürtigen Deutschen, regelmässig von Zürich nach London an seinen neuen Arbeitsplatz pendeln zu können. Er will an seinem Wohnsitz in der Schweiz festhalten, wo seine Familie wohnt und sein jüngster Sohn zur Schule geht.

Rico Back ist seit dreissig Jahren im Bereich der Paketlogistik tätig und amtierte vor seiner neuen Aufgabe in London als CEO von General Logistics Systems, einem holländisch-britischen Tochterunternehmen der Royal Mail.

Gemäss «Handelszeitung» wohnt Back im steuergünstigen Schindellegi, einem Ort mit gut 5300 Einwohnern. Dort leben auch andere Wirtschaftsgrössen wie Urs Wietlispach, Mitbegründer von Partners Group (PGHN 752.5 -0.46%), oder Jörg Wolle, Ex-Chef von DKSH (DKSH 71.55 -0.97%).

Grösste Privatisierung in den letzten zwanzig Jahren

Dass die Briten genau hinschauen, was bei Royal Mail passiert, hat auch mit der Vergangenheit als Staatsbetrieb zu tun. Der Postdienstleister, der im frühen 16. Jahrhundert gegründet wurde und heute rund 160’000 Mitarbeiter beschäftigt, ging 2013 unter Premierminister David Cameron an die Börse. Es war der grösste Verkauf von Staatseigentum seit der Privatisierung der Eisenbahnen zwanzig Jahre zuvor.

Backs Vorgängerin Greene hatte den Börsengang nicht nur eingefädelt, sondern entscheidend mitgeprägt. Beim Listing an der Londoner Stock Exchange erhielten die Mitarbeiter 10% der Aktien, den grössten Teil sicherten sich institutionelle Anleger. Und der Schritt an die Öffentlichkeit war erfolgreich: In den ersten Monaten schoss die Aktie vom Ausgabepreis von 330 p hoch auf 600 p.

Die Katerstimmung kam jedoch früher als erwartet. Wegen der abnehmende Bedeutung der Briefpost bekundet Royal Mail Mühe, Umsatz und Gewinn zu steigern. Als Folge davon bröckelte der Aktienkurs ab. Heute notieren die Titel bei rund 465 p.

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