Trotz niedriger Renditen konnten Investoren dieses Jahr mit Franken-Anleihen viel Geld verdienen. Der Aktienmarkt hat das Nachsehen.
Die Rendite beträgt 0,6%, die Laufzeit 33 Jahre, Schuldner der Anleihe ist die Schweizerische Eidgenossenschaft. Wer würde diese Obligation kaufen? Kaum jemand, denn das Zinsänderungsrisiko ist wegen der Laufzeit zu gross. Genau mit dieser Ausgangslage jedoch waren Anleger Anfang Jahr konfrontiert. In der Zwischenzeit notiert der Bond knapp 16% höher, die Rendite ist heute negativ. Es hätte sich also gelohnt. In derselben Periode verlor der Swiss Market Index SMI (SMI 8264.13 -0.61%) knapp 4%. Die Dividendenrendite des Index von 3,5% liegt zwar deutlich über der Anleihenrendite, verhalf aber nicht zu einer besseren Performance.
«Aufgrund der negativen Renditen kurzfristiger Frankenanleihen haben die Anleger zunehmend in längere Laufzeiten und tiefere Ratings investiert», sagt Jürg Bretscher, Portfoliomanager bei Vontobel (VONN 48.7 0.93%) Asset Management mit Schwerpunkt Obligationenfonds und Mandate in Schweizer Franken. Durch die Nachfrage nach längeren Laufzeiten sind die Renditen zunehmend zurückgekommen.
Anleger sind über lange Laufzeiten Risiken eingegangen. Sie scheinen Mühe damit zu haben, eine Anleihe mit negativer Rendite zu kaufen, denn dies kommt der Geldvernichtung nahe. Auch die Märkte tun sich damit nicht leicht. Negative Zinsen machen sie zunehmend nervös. Das zeigte sich auch am Donnerstag. Die Europäische Zentralbank hatte an ihrer Ratssitzung beschlossen, das Wertschriftenkaufprogramm weder aufzustocken noch zu verlängern. Das hatten die meisten Marktbeobachter so erwartet. Dennoch waren sie überrascht, als der EZB-Chef Mario Draghi mitteilte, der Zentralbankrat habe eine Verlängerung nicht einmal diskutiert. Seit dieser Aussage verloren 30-jährige Euro-Anleihen der Bundesrepublik Deutschland 3,5% an Wert.
Auch wenn sich die EZB in Zurückhaltung übt, dürfte sie an ihrer Politik festhalten. «Die grosse Zinswende steht meines Erachtens noch nicht an, ich rechne allerdings mit einer Normalisierung», sagt Bretscher. Wann die Negativzinsen aufgehoben werden können, ist schwierig vorherzusagen. Somit schränken sie den Handlungsspielraum weiter ein. «Ein möglicher Wendepunkt wäre ein Anstieg des Euro-Franken-Kurses über 1.10. Damit würde Druck von der SNB (SNBN 1544 -0.71%) genommen, die Zinsen noch weiter in den negativen Bereich zu senken», sagt Bretscher.
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