In einem flexiblen Modell die meisten Lerninhalte online ort- und zeitunabhängig bearbeiten – ohne Einbussen bei der Arbeitsleistung und im Studium.
Eine qualitativ hochwertige Ausbildung gepaart mit einschlägiger Praxiserfahrung ist ein gutes Fundament für eine erfolgreiche Karriere im Finanzbereich. Daher entscheiden sich aufstrebende Talente häufig für ein berufsbegleitendes Teilzeitstudium. In einigen Fällen konkurrieren die Bedürfnisse des Arbeitgebers mit den Stundenplanvorgaben der Hochschulen, was entweder zulasten der Berufstätigkeit oder des Studiums gehen kann.
Zu den AutorenMarion Pester und Maximilian Müller sind beide Studiengangleiter an der ZHAW School of Management and Law. Um die Vereinbarkeit von Beruf und Studium zu verbessern, bietet die ZHAW School of Management and Law (SML) seit Herbst 2015 den Bachelor in Betriebsökonomie mit der Vertiefung Banking & Finance in einem flexiblen Teilzeitstudium (Flex) an. Die Studierenden erwerben den gleichen Abschluss und schreiben entsprechend die gleichen Prüfungen wie Studierende im regulären Teilzeitstudium – in der Hälfte der Präsenzzeit.
Lernphasen flexibel einteilen
Ein Beispiel: Clarissa Ernst arbeitet bei der Zürcher Kantonalbank im Bereich Kundensupport Firmenkunden. «Ich interessierte mich für ein Studium, um innerhalb der Bank meine Entwicklungsmöglichkeiten zu verbessern», sagt die 25-Jährige. Nach Abstimmung mit dem Arbeitgeber schrieb sie sich im Frühjahr 2015 für das Flex-Studium in Banking and Finance ein. «Anfangs war ich unsicher, ob ich den Grossteil der Inhalte auch im Selbststudium lernen kann», erzählt sie.
Spätestens nach den ersten erfolgreichen Prüfungen im ersten Semester haben sich ihre Zweifel gelegt. Mittlerweile studiert sie im dritten Semester und hat ihre Wahl nicht bereut. «Besonders gut gefällt mir die Freiheit, meine Lernphasen grösstenteils frei einzuteilen und die Lerninhalte blockweise zu bearbeiten.» Auch für ihren Arbeitgeber habe sich das Flex-Studium als Vorteil erwiesen, weil sie im Rahmen von Vertretungsregelungen und Plänen deutlich flexibler eingesetzt werden könne.
Selbstverantwortung fördern
Weil ein Grossteil der Lerninhalte in digitaler Form zur Verfügung steht, konnte der Präsenzunterricht gegenüber dem regulären Studium um mehr als die Hälfte reduziert werden. Die Studierenden im herkömmlichen Teilzeitmodell besuchen vierzehn Semesterwochen lang jede Woche an einem Tag und zwei Abenden Präsenzveranstaltungen. Die Flex-Studierenden kommen dagegen in nur sechs ausgewählten Wochen für jeweils zwei aufeinanderfolgende Tage nach Winterthur.
Die digitalen Lernressourcen wie zum Beispiel aufgezeichnete Videovorlesungen und Online-Tests werden grösstenteils orts- und zeitunabhängig genutzt. Dadurch können die Studierenden wesentlich flexibler auf die Bedürfnisse ihres Arbeitgebers eingehen. Zugleich wird ihre Selbstverantwortung und Disziplin gefordert und gefördert.
Bei der Entwicklung des Studiengangs haben die Verantwortlichen sämtliche Inhalte des regulären Studiums dahingehend beurteilt, in welcher Form sie am besten vermittelt beziehungsweise erlernt werden können. Dozierende und didaktische Fachleute haben daraus gemeinsam innovative Lern- und Kontrollformen für den Studienprozess entwickelt. Ausser dem klassischen Präsenzunterricht und Leseaufträgen sind vor allem Onlineübungen und Lernvideos geeignete Alternativen.
Lernfortschritt überprüfen
Damit die Studierenden ihre Fortschritte regelmässig überprüfen können und wissen, ob der Kompetenzaufbau erfolgreich war, wurden Testverfahren eingebaut. Alle Studieninhalte sind zudem systematisch neu so strukturiert, dass sich Online- und Präsenzphasen möglichst gut ergänzen.
Im Vorfeld der Einführung des neuen Studienformats gab es auch kritische Stimmen. So wurden Befürchtungen laut, dass der niedrige Präsenzanteil dazu führen könne, dass Inhalte von Studierenden nicht gleich gut verstanden würden. Um die Qualität des Konzepts und den Erfolg des in der Schweiz bisher ersten Programms dieser Art zu messen, werden sowohl die studentischen Evaluationen der Module als auch die Prüfungsergebnisse regelmässig ausgewertet. Die Ergebnisse zeigen, dass Flex-Studierende in Bezug auf Zufriedenheit und Prüfungsresultate gleich gute Ergebnisse erzielen wie regulär Studierende. Die Flexibilität geht demnach nicht zulasten der Leistungen oder der Freude am Studium.
Die Wahl eines geeigneten Studienplatzes hängt von mehreren Kriterien ab: Aufnahmebedingungen, Standort, fachliche Schwerpunkte, Vernetzung mit der Wirtschaft, wissenschaftlicher Anspruch und Ruf der Hochschule werden als Entscheidungsgrundlage genannt. Für Studieninteressierte, die bereits mitten im Berufsleben stehen, ist ausser diesen traditionellen Kriterien die Vereinbarkeit von Beruf und Studium zentral.
Der technische Fortschritt bietet verschiedene Möglichkeiten, Wissen und Kompetenzen in digitaler Form zu vermitteln und damit das Nebeneinander von Studium und Beruf zu vereinfachen. Das Flex-Studium ist ein erster Schritt in diese Richtung.
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