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16:57 Uhr - 16.12.2016

Seco droht Banken wegen Depotgebühren

Die Behörde zieht Zivilklagen in Betracht, um Banken zur Aufgabe von Gebühren beim Transfer von Wertschriften zu bewegen. Die Branche wehrt sich.

Wenn ein Anleger sein Wertschriftendepot zu einer anderen Bank zügelt, fallen hohe Gebühren an. Für den Preisüberwacher und das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) sind diese Gebühren missbräuchlich.

Dass sich Private und zum Teil auch Unternehmen über Bankgebühren beschweren, ist so etwas wie ein Schweizer Volkssport. Aber wenn sich staatliche Stellen bei der Festsetzung solcher Abgaben einschalten, dann ist das ungewöhnlich. Doch genau das ist derzeit der Fall.

Konkret geht es um die Kosten, um ein Wertschriftendepot zu einer anderen Bank zu transferieren. Die allermeisten Banken verlangen dafür eine pauschale Gebühr, die meistens zwischen 50 und 200 Fr. liegt – pro Position wohlgemerkt. Gegen diese Gebühren will das Seco nun rechtlich vorgehen.

«Scharf formulierter» Brief

Im September haben deshalb rund dreissig Schweizer Banken einen bösen Brief vom Seco erhalten, wie «Finanz und Wirtschaft» aus mehreren Quellen erfahren hat. Das Seco verlangt von ihnen bis zum 31. Dezember 2016, auf Gebühren bei der Beendigung der Kundenbeziehung zu verzichten. Sie seien missbräuchlich und würden gegen Artikel 8 des Bundesgesetzes gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) verstossen (vgl. Textkasten unten.) Deshalb sollten die Banken bestätigen, dass sie auf solche Gebühren verzichten würden. Andernfalls, so drohen die Juristen des Seco, werde eine Zivilklage eingereicht, wie es das UWG vorsieht.

Die Behörde kriegt nun die Wut der Banken zu spüren. Ein Banker sagt, das Schreiben sei «scharf formuliert», ein anderer wundert sich über die «heftige Sprache». Forsch sind in ihren Augen sowohl die Forderung als auch die Frist. Jedenfalls war der Ärger unter den Banken so gross, dass ihr Dachverband, die Schweizerische Bankiervereinigung, eingeschaltet wurde. Sie erstellte dazu ein Rechtsgutachten. Das Gutachten kommt unter anderem zum Schluss, solche Gebühren seien rechtens. Das ist wohl auch die Basis für das Gespräch zwischen Banken und Seco.

Denn wie eine gut informierte Person weiss, hat erst vor kurzem zwischen dem Seco und der Bankiervereinigung ein Treffen stattgefunden. In diesem Gespräch haben Vertreter der Bankiervereinigung ihre Argumente vorgebracht und offenbar erreicht, dass das Seco die Antwortfrist bis zum 31. März 2017 verlängert hat.

Eine Sprecherin des Seco bestätigt gegenüber «Finanz und Wirtschaft», dass ihre Behörde bezüglich der Transfergebühren mit der Bankiervereinigung in Kontakt ist und die Frist für die Stellungnahme auf Ende März verlängert wurde. Der Sprecher der Bankiervereinigung sagt, es sei «positiv, dass das Seco nun genügend Zeit für die abklärenden Gespräche mit der Branche eingeräumt hat».

Auslöser des Gebührenstreits ist der Preisüberwacher, Stefan Meierhans. Seine Stelle sah sich aufgrund von Beschwerden veranlasst, im vergangenen Jahr eine Erhebung dazu vorzunehmen. Er sammelte Informationen zu Gebühren bei der Auflösung von Konti, dem Transfer einer Hypothek und von Wertschriften. 32 Banken erhielten damals vom Preisüberwacher eine entsprechende Anfrage: die zwei Grossbanken CS und UBS (UBSG 16.6 -1.07%), alle 24 Kantonalbanken, PostFinance, Valiant (VATN 99.3 -0.05%) Bank, Raiffeisenbank Bern, Bank Migros, Bank Coop (BC 41.8 0.24%) und die Baloise (BALN 129.2 1.02%) Bank SoBa. Dem Vernehmen nach hat das Seco exakt diese Banken angeschrieben.

Druck des Preisüberwachers

Im Fokus der Untersuchung des Preisüberwachers standen hauptsächlich Transfergebühren für Wertschriftendepots. Das Resultat passte dem Preisüberwacher gar nicht. Er vermutete, dass sich diese Abgaben nicht an den Kosten orientieren, sondern Kunden vom Wechsel der Bank abhalten sollen. Er verlangte von den Banken, die Gebühren zu überprüfen und auf Basis der effektiv entstandenen Kosten anzusetzen sowie die Gebühreninformation leichter zugänglich zu machen.

Bei einem Teil der Banken hatte er Erfolg. Credit Suisse (CSGN 15.84 -0.5%) senkte die Gebühr ab 2016 von 200 auf 135 Fr. CS und die Kantonalbanken Uri, Schaffhausen und Glarus fügten in der Kundendokumentation die Kosten für Titeltransfers ein. Und UBS sowie die Basellandschaftliche KB wollen die Preisinformation über die Kosten einfacher zugänglich machen.

Kosten werden übernommen

Die Anpassungen genügten dem Preisüberwacher aber nicht, und er übergab das Dossier im Frühjahr dem Seco. Einzelne Banken, auf die Gebühren angesprochen, verteidigen sich. Die Auslieferung sei mit einem manuellen Aufwand verbunden, und die Kosten, die entstünden, seien zum Teil beträchtlich. Die pauschalen Gebühren pro Position fallen aber vor allem bei kleineren Depots ins Gewicht. Eine Alternative wäre es, diese Kosten in die Depotgebühr einzurechnen, was dann möglicherweise höhere Depotgebühren für alle bedeuten würde.

In der Branche ist es ein offenes Geheimnis, dass die Transferkosten oft von der neuen Bank übernommen werden. Allerdings wird die neue Bank sich nur darauf einlassen, wenn der Kunde künftig auch genügend Kommissionen generiert. Gerade weil oft ein Konkurrent die Kosten übernimmt, setzen einzelne Banken die Transferabgaben extra hoch an. Der Anbieter Tradedirect der Banque Cantonale Vaudoise (BCVN 626 -1.18%) wirbt sogar offen damit, bis zu 500 Fr. der Kosten zu übernehmen.

Wie der Konflikt nun zwischen Seco und den Banken weitergeht, ist offen. Die Extremvariante wäre ein Gerichtsfall, damit die Frage juristisch geklärt wird. Ob sich allerdings eine Bank finden lässt, die sich derart exponiert, ist fraglich.
Missbrauch oder nicht? Rechtlich gehe es um die Frage, ob für «Titeltransfers Gebühren erhoben werden dürfen», schrieb der Preisüberwacher im Jahresbericht 2015. Solche Gebühren könnten gegen das Bundesgesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) verstossen, konkret gegen Artikel 8.

Demnach darf in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) kein Missverhältnis zwischen Rechten und Pflichten zum Nachteil der Konsumenten bestehen. In einer Fusszeile des Jahresberichts hielt der Preisüberwacher fest, die Gebühren für den Wertschriftentransfer würden einer Missbrauchsprüfung nicht standhalten, obwohl sich bisher noch kein Schweizer Gericht dieses Themas angenommen hat. Das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) hat den Ball aufgenommen. Es ist offenbar der Auffassung, dass die Transfergebühren in den AGB der Banken missbräuchlich sind (vgl. Haupttext). Die Banken ihrerseits dürften argumentieren, der Transfer verursache Kosten und die Gebühren seien zulässig, solange sie auch transparent gemacht werden.

Es ist wohl eine Auslegungssache, ob die AGB und die Gebühren rechtens sind oder nicht. Jedenfalls war es der Preisüberwacher, der den Stein ins Rollen gebracht hat. Er hat durch eine Umfrage vor etwas über einem Jahr festgestellt, wie hoch die Gebühren von Banken sind, wenn die Kundenbeziehung aufgelöst wird. Besonders hoch sind sie, wenn man ein Wertschriftendepot zu einer anderen Bank verschieben will, etwa weil die Konditionen besser sind. Die Untersuchung hat gezeigt, dass die zweiunddreissig angefragten Banken – drei von vier waren Kantonalbanken– beim Transfer von Wertschriften pro Position zwischen 50 und 200 Fr. verlangen und dabei zwischen Schweizer und ausländischen Titeln unterscheiden.

Der Preisüberwacher kritisierte, dass die Kosten bei kleineren Portfolios rasch ein paar Prozent des Depotwerts ausmachen können. Im letzten Jahresbericht hielt er fest, die Gebühren seien «unangemessen hoch», vor allem im Vergleich zu den Handelsgebühren. Bei Online-Anbietern könnte ein Titel günstiger verkauft und wieder gekauft werden.
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