Der langjährige Gouverneur des US-Bundesstaats setzt sich für die Netzneutralität ein und löst damit einen Rechtsstreit mit der Trump-Regierung aus.
Es ist das Ende einer Ära. Am Sonntag hat Jerry Brown eines seiner letzten Gesetze als Gouverneur von Kalifornien verabschiedet. Es soll die Netzneutralität wahren, indem es Internetbetreibern verbietet, bestimmte Datenströme zu beschleunigen und andere zu verlangsamen. Damit kommt es zu einer weiteren Auseinandersetzung zwischen dem grössten US-Bundesstaat und der Regierung von Präsident Donald Trump, die solche Einschränkungen im Sommer aufgehoben hat. Wer am Schluss gewinnt, wird ein langwieriger Rechtsstreit zeigen. Für Brown markiert es jedoch den Schlusspunkt einer politischen Karriere, die selbst in Amerika einmalig ist.
Keiner hat in Sacramento so lange den Takt angegeben wie der pragmatische Demokrat. Wenn er im Januar den Posten räumt, blickt er auf eine Regierungszeit von insgesamt sechzehn Jahren zurück – und das in einem Bundesstaat mit 40 Mio. Einwohnern und einer kräftigeren Wirtschaftsleistung als Grossbritannien. Ethnische Vielfalt und eine liberale Haltung machen den «Golden State» heute zu einem Zentrum des Widerstands gegen Washington. Entsprechend populär ist Brown mit seiner progressiven Einstellung zur Umwelt- und zur Migrationspolitik. Anders als viele Parteikollegen zählt er sich jedoch nicht zur Anti-Trump-Rebellion, sondern vertritt einen zentrumsorientierten Ansatz.
Politik hat Brown in der DNS. Aus Deutschland stammend, siedelte sich seine Familie Mitte des 19. Jahrhunderts während des Goldrauschs im Norden der Region an. Bereits sein Vater Edmund «Pat» Brown amtierte von 1959 bis 1967 als Gouverneur und gilt als Architekt des modernen Kalifornien. Er reformierte das Bildungswesen, baute das Autobahnnetz aus und verbesserte die Wasserversorgung. Sein Sohn Edmund Gerald wollte ursprünglich Priester werden, wählte dann aber eine Laufbahn als Jurist und ging Ende der Sechzigerjahre ebenfalls in die Politik.
Das Erbe des Vaters anzutreten, war nicht einfach. 1975 wurde Brown erstmals zum Gouverneur gewählt, worauf zwei ambivalente Amtsperioden folgten. Dann versuchte er sich mehrmals als Präsidentschaftskandidat und bewarb sich ebenso erfolglos für den Senat. Nach einer politischen Auszeit wurde er 1999 Bürgermeister der Stadt Oakland und amtierte danach als Staatsanwalt Kaliforniens. 2010 eroberte er den Gouverneursposten zurück, wobei er sich für höhere Löhne und strengere Umweltvorschriften einsetzte.
Sein wichtigstes Verdienst ist aber die Sanierung der kalifornischen Staatsfinanzen, die ihm sein Vorgänger Arnold Schwarzenegger in desolatem Zustand hinterlassen hatte. «Nobody is tougher with a buck than I am – keiner geht mit einem Dollar so sparsam um wie ich», versprach Brown. Dank einer Kombination aus Sparmassnahmen, höheren Steuern und wirtschaftlichem Aufschwung gelang es ihm, den Haushalt ins Lot zu bringen. Belief sich das Defizit bei seinem Antritt auf 27 Mrd. $, sieht das aktuelle Budget sogar einen Überschuss von 9 Mrd. $ vor.
Das Gesetz zur Netzneutralität hat der Achtzigjährige ohne Medienrummel signiert. Anwesend waren lediglich Mitarbeitende und seine Frau Anne, die zu seinen engsten Beratern zählt. Auch andere amerikanische Bundesstaaten haben Vorschriften zum freien Datenverkehr im Internet erlassen. In Kalifornien sind sie jetzt aber am strengsten. Die Telecombranche lobbyierte deshalb im Vorfeld heftig gegen die Vorlage, während die grossen IT-Konzerne aus dem Silicon Valley sie unterstützten.
Den Kampf gegen Washington wird fortan Browns Nachfolger austragen, der am 6. November gewählt wird. Favorit ist der Ex-Bürgermeister von San Francisco und Demokrat Gavin Newsom. Er tritt gegen den republikanischen Geschäftsmann John Cox an, den Trump unterstützt. Brown hat derweil feste Pläne für die Zukunft. Er zieht sich endgültig aus der Politik zurück und wird das einfache Leben auf seiner Ranch geniessen, die sich seit rund 150 Jahren im Familienbesitz befindet.
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