Der Zugang zum schnellen Glasfasernetz soll reguliert werden. Das würde Sunrise und anderen Swisscom-Konkurrenten in die Hände spielen.
Mit neuen Regeln will der Bundesrat den Wettbewerb in der Schweizer Telecom-Branche fördern. Eine am Donnerstag verabschiedeten Botschaft zur Teilrevision des Fernmeldegesetzes hält fest, der Zugang zum Kundenanschluss solle künftig «technologieneutral» ausgestaltet werden. Das heisst konkret, dass im Falle von «Marktversagen» der Zugang zur schnellen Glasfaser-Netzinfrastruktur durch die Behörden reguliert werden kann.
Netzbetreiber und -anbieter wie Sunrise (SRCG 79.5 -0.19%), Salt oder UPC begrüssen die Teilrevision, weil ohne diese Eingriffsmöglichkeit kein funktionierender Wettbewerb möglich sein soll. Swisscom (SCMN 477.7 0.55%) hingegen qualifiziert in einer ersten Stellungnahme die Revision als «unnötig und schädlich». Der Wettbewerb sei mit der aktuellen Gesetzeslage gesichert. Sollte es der Regulierungsvorschlag in dieser Form durch die politischen Instanzen schaffen, würde das die sehr starke Marktstellung der Ex-Monopolistin schwächen.
Staat als Wettbewerbshüterin
Die Zugangsbedingungen zu leistungsfähiger Breitbandinfrastruktur sind für Netz- und Inhaltsanbieter wie Sunrise oder Salt entscheidend. Denn über diese Netze verkaufen sie ihre Dienste und Inhalte. Je tiefer die Infrastruktur-Kosten, desto lukrativer können die darauf vertriebenen Dienste wie Telefonie, Internet oder Fernsehen angeboten werden.
Aus der Sicht von Swisscom, die mit Abstand am meisten in den Ausbau der Schweizer Netzinfrastruktur investiert aber auch eine dominante Marktposition hat, würde eine Verschärfung der Regulierung den Markt verzerren und wichtige Investitionsvorhaben besonders in Randregionen gefährden.
Dennoch erwartet Swisscom auf Anfrage «keine unmittelbaren Konsequenzen». Gemäss Swisscom-Sprecher Sepp Huber komme die Botschaft nicht unerwartet. Zudem würden die politischen Beratungen einige Zeit beanspruchen. Bis das Vorhaben alle politischen Instanzen – Kommissionen, Parlament – durchlaufen hat, können zwei bis drei Jahre vergehen.
Die Börse reagiert gelassen auf die publizierten Einzelheiten der Teilrevision. Die Swisscom-Aktien notierten am Donnerstag mit +0.6% gar leicht positiv; und auch in den Sunrise-Titel war mit einer Kursveränderung von -0.4% nur wenig Bewegung.
Allianz gegen Swisscom
Im Gegensatz zu Swisscom begrüsst der Branchenverband Suissedigital die Botschaft des Bundesrats. Der Verband vertritt die Interessen von Netzanbietern wie Sunrise, Salt oder UPC. Diese fordern eine zügige Revision, damit der Bundesrat Regulierungskompetenz erhalte, um ein «Mindestmass an fairem Wettbewerb» zu garantieren. Auf das Swisscom-Monopol im alten Kupfernetz dürfe kein neues im schnellen Breitband-Netz folgen. Es sei Aufgabe des Bundes dafür zu sorgen, dass insbesondere in ländlichen Gebieten Investitionen in den Netzausbau gesichert würden.
In einer Stellungnahme sagt Sunrise-CEO Olaf Swantee die Angebotsvielfalt sei in Städten und urbanen Gebieten gegeben, müsse künftig aber auch auf dem Land gesichert werden. Darüber, ob die Vernehmlassung der Teilrevision finanziell positive Auswirkungen auf Sunrise haben würde, wollte sich ein Sunrise-Sprecher aber nicht festlegen.
Die Teilrevision wird nicht nur von Suissedigital, Sunrise, Salt und UPC unterstützt, sondern auch von einer Allianz (ALV 181.05 0.89%) kleinerer Swisscom-Konkurrenten wie Green, Inti7, VTX und Swiss Fibre Net, die für die Interessen von lokalen und regionalen Energieversorgen einsteht. Eine Verzögerung der Revision schadet in den Augen dieser Anbieter dem Wettbewerb. «Nutzniesser wäre alleinig Swisscom, die ihre dominante Marktstellung weiter ausbauen könnte», heisst es in einem Communiqué.
Erhöhte Transparenz
Neben der Möglichkeit zur Regulierung des Netzzugangs sieht die Teilrevision auch Massnahmen vor, die die Stellung des Konsumenten stärken soll, etwa im Bereich unverhältnismässig Roaming-Tarife und unerwünschter Werbeanrufe.
Internetprovider sollen zudem verpflichtet werden, Kunden über die tatsächlich gemessene Qualität ihres Dienstes zu informieren. Auch sollen Netzbetreiber verpflichtet werden zu informieren, wenn die Netzneutralität verletzt wird. Also (ALSN 122.9 0.74%) wenn gewisse Inhalte bei der Datenübermittlung gegenüber anderen bevorzugt werden.
Schliesslich sieht das revidierte Gesetz eine flexiblere Nutzung der Frequenzen vor und es schafft die Grundlage für die Sperrung von Internetseiten mit verbotener Pornografie. Auch sollen Netzanbieter verpflichtet werden, Massnahmen gegen Cyber-Kriminalität zu ergreifen.
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