Der Auftrag der Bank of Ireland schickt die Titel auf Allzeithoch.
Beim Bankensoftwarespezialisten Temenos (TEMN 65.6 -2.81%) braucht es derzeit nicht viel, um Anleger zu begeistern. Als am Donnerstagmorgen die Nachricht eines «materiellen» Auftrags von einer wichtigen europäischen Bank über die Bloomberg-Terminals flimmerte, hagelte es Kaufaufträge. Auftraggeber und Einzelheiten des Software-Deals waren zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt. Die Aktien verteuerten sich im Laufe des Tages um ein Zehntel. Sie gingen mit einem Preis von 61.20 Fr. in den Handel und mit 67.50 Fr. wieder heraus – Allzeithoch.
«Der Auftrag bestärkt das hohe Momentum des aktuellen Geschäftsgangs», sagt Panagiotis Spiliopoulos, Leiter Research bei der Bank Vontobel (VONN 48.7 -0.2%). «Die Zielsetzung für das laufende Jahr könnte zu konservativ angesetzt sein», fährt er fort. Temenos will den Umsatz mit Softwarelizenzen – einem verlässlichen Indikator für die Entwicklung des Kerngeschäfts – dieses Jahr 10 bis 15% vergrössern und bei einer 30%-Betriebsmarge 180 bis 185 Mio. $ Betriebsgewinn einfahren. Dank des neuen Auftrags von der Bank of Ireland (BIR 0.182 -1.62%) (BoI) dürfte dieses Ziel problemlos erreicht, wenn nicht übertroffen werden.
Hohe Visibilität
«Die Aussagen des Unternehmens haben wieder eine hohe Glaubwürdigkeit», sagt Andreas Müller, IT-Analyst bei der ZKB. Die Visibilität über die Auftragslage sei mit über 80% «so hoch wie nie». Temenos hat seit achtzehn Monaten einen starken Lauf. CEO David Arnott hat wiederholt angedeutet, dass die Dynamik hoch bleiben dürfte. Nach dem Grossauftrag der skandinavischen Bank Nordea im September 2015, die die aktuelle Kursrally eingeläutet hat, dem WealthSuite-Auftrag der britischen Grossbank Standard Chartered (STAN 654 2.98%) im Juli, ist der BoI-Auftrag nun der dritte Streich in einem Jahr.
Zum Auftrag selbst sind wenig Einzelheiten bekannt. Gemäss Temenos hat sich die zweitgrösste irische Bank für die Implemementierung der Lösung «UniversalSuite» entschieden. Das Produkt ist eine Front- und Backend-Lösung für Universalbanken, die auch das Kernbankensystem und digitale Kanäle umfasst. Gemäss «The Irish Times» plant die BoI im Rahmen eines «Omega» genannten Projekts, in den kommenden fünf Jahren die IT-Infrastruktur zu erneuern. Dafür soll das Unternehmen rund 500 Mio. € aufwenden. Ein BoI-Sprecher wollte diese Zahl nicht bestätigen. Auch Temenos gab keine weiteren Details zum Auftrag bekannt. Sicher ist, von diesen Gesamtinvestitionen werden Temenos nur einen Bruchteil betreffen. Migration, Beratung und Restrukturierung verschlingen bei umfassenden IT-Projekten typischerweise einen Grossteil der Kosten.
Momentum hält an
Gemäss Einschätzung der ZKB dürfte das Auftragsvolumen für Temenos mindestens 5 bis 10 Mio. Fr. betragen, wobei unklar ist, ob der Umsatz periodisch über die nächsten Jahre verteilt oder zu einem Grossteil bereits im laufenden Jahr verbucht werden kann. Die genauen Eckdaten des BoI-Auftrags sind denn auch zweitrangig. Fest steht, Temenos-Lösungen werden immer mehr auch von grösseren Banken herangezogen. So genannte «Tier 1 und 2»-Kunden machen nunmehr fast die Hälfte des Umsatzvolumens aus. Auch der Anteil gewonnener Ausschreibungen steigt beständig. Zudem kamen die meisten Grossaufträge bisher aus Europa. «Wenn auch noch das US-Geschäft anzieht, könnte das Wachstum im kommenden Jahr zusätzlich Schub bekommen», sagt Spiliopoulos.
Für Temenos hängt der Himmel also voller Geigen. Das ist auch der Analystengilde nicht entgangen. Kepler Cheuvreux initiierte im August die Abdeckung mit einer Kaufempfehlung. Goldman Sachs (GS 163.27 1.37%) und Bryan, Garnier & Co. haben die Valoren heraufgestuft, und bei Credit Suisse (CSGN 13.11 2.34%) sind Temenos auf der «High Conviction List» gelandet. Die Popularität darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Aktien stattlich bewertet sind. Mit einem geschätzten Kurs-Gewinn-Verhältnis für 2017 von 30 und einem Verhältnis von Unternehmenswert zu Ebitda von rund 20 ist Temenos mittlerweile eines der am höchsten bewerteten Softwareunternehmen Europas. Für Käufe sollten Anleger Rücksetzer nutzen.
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