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15:15 Uhr - 09.07.2018

OC Oerlikon verschiebt IPO von GrazianoFairfield

Die Getriebesparte des Industriekonzerns kommt nun doch nicht an die SIX. Grund sei die derzeitige Lage an den Finanzmärkten.

Sand ist im Getriebe. An der Börse flutschen die Gänge nicht mehr sauber durch, es knirscht und rüttelt. Die Unsicherheit nimmt zu, die Stimmung ist labil, der Markt volatil, und die Kurse tendieren schwächer.

Für einen Börsengang in Form eines öffentlichen Erstzeichnungsangebots (IPO, Initial Public Offering) sind das ungünstige Voraussetzungen. Das hat nun auch OC Oerlikon (OERL 14.51 0.76%) erkannt: Der für Mittwoch geplante Börsengang des Konzernsegments Drive Systems unter dem Namen GrazianoFairfield wird verschoben.

Keine Überraschung

Überraschend kommt das nicht. Die Risikoaversion habe signifikant zu- und der Appetit auf zyklische Unternehmen mit hoher Abhängigkeit vom Investitions­güterzyklus entsprechend abgenommen, hält Reto Amstalden, Analyst von Baader-­Helvea, in einer Notiz fest.

Viel freundlicher war das Umfeld allerdings schon vor einem Monat, am 15. Juni, nicht, als OC Oerlikon den Börsenplan publik machte. Die Führung hat gepokert, bis zuletzt. Nun bläst sie zum Rückzug.

Schlimm ist das nicht. Auf Basis der ­Finanzzahlen besteht weder Not noch Eile, sich von Graziano­Fairfield zu trennen. OC Oerlikon braucht die Mittel aus dem Börsengang ihres kleinsten Segments insofern nicht, als Ende 2017 eine Netto­liquidität von 0,5 Mrd. Fr. zu Buche stand.
Nur falls ein grösserer Zukauf geplant ist – reizvoll könnte etwa die Oberflächentechnik von Praxair sein –, wäre die Verschiebung ungünstig.

Zum Verscherbeln zu schade

Investoren haben am Entscheid eines Aufschubs jedenfalls nichts auszusetzen. Die Aktien OC Oerlikon zogen nach der Bekanntgabe der Verschiebung zunächst 1% an, gaben in der Folge dann aber Terrain preis, sodass sich unter dem Strich eine neutrale Reaktion einstellt. Selbst das zeigt aber, dass GrazianoFairfield nicht verscherbelt werden soll.

Gemäss den Zahlen zum ersten Quartal entwickelt sich das Geschäft mit (Hochleistungs-)Getrieben, Powershifteinheiten, Kraftübertragungseinheiten, Differenzialen und Planetengetrieben sowie mit Hybrid- und Elektro­antriebslösungen schwungvoll.

Auftragseingang und Auftragsbestand sind im Auftaktquartal 19 und 84% auf 217 und 197 Mio. Fr. gestiegen. Der Umsatz hat sich 23% auf 209 Mio. Fr. erhöht, und die Ebitda-Marge ist von 8,4 auf 12,4% gestiegen. Für den Halbjahresbericht vom 7. August lässt das gute Zahlen erwarten.

Risikoscheue Investoren

«Das Feedback zu GrazianoFairfield auf der IPO-Roadshow war positiv, auch was die Preisspanne von 48 bis 62 Fr. je Aktie betrifft», sagt Michael Präger, Leiter der Unternehmenskommunikation bei Oerlikon. Die Preisspanne hätte einem Börsenwert von 480 bis 620 Mio. Fr. entsprochen.

Ausschlaggebend für den Entscheid sei die momentane Stimmungslage unter Investoren im Bezug auf globale Industriewerte gewesen sowie der Mangel an Bereitschaft, im derzeitigen Umfeld entsprechende Investments in diesem Sektor vorzunehmen.

Offensichtlich war OC Oerlikon nicht bereit, diese Bereitschaft über einen günstigen Ausgabepreis anzustacheln, zu Recht nicht.

Strategie ändert sich nicht

Aufgeschoben ist aber nicht aufgehoben. An der Strategie von OC Oerlikon ändert sich durch die Verschiebung nichts. Konkret heisst das: Das Unternehmen wird sich künftig auf die Segmenten Surface Solutions (Oberflächentechnik, inklusive Aktivitäten im 3-D-Druck) und Manmade ­Fibers (Maschinen zur Herstellung technischer Textilien) konzentrieren.

Für Drive Systems gibt es demnach längerfristig keinen Platz mehr. Dementsprechend betont das Unternehmen, Drive Systems sei als eigenständiges Unternehmen besser in der Lage, das Potential zu entwickeln. «Was das Drive Systems respektive GrazianoFairfield betrifft, sind wir überzeugt, dass der IPO die richtige Option für dieses Geschäft ist», sagt Präger.

Wann der IPO-Prozess von GrazianoFairfield wiederbelebt wird, kann OC Oerlikon natürlich nicht sagen. Voraussetzungen dafür ist ein stabiles und vorzugsweise positives Börsenumfeld. Das Unternehmen steht nicht unter Druck.

Wie viele Kräfte ein verselbständigter Unternehmensteil freisetzen und wie gut er gedeihen kann, zeigt das Beispiel von Autoneum (AUTN 226.4 1.52%), des Automobilzulieferers, der 2011 von Rieter (RIEN 165.9 1.53%) abgetrennt wurde und sich in der Folge von einem hässlichen Entlein zu einem Schwan entwickelt hat.

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