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16:02 Uhr - 22.03.2018

Omega-Präsident: «In zwanzig Jahren wird Singularität ‹ultrahuman›»

Omega hat in Biel ihr neues Produktionsgebäude eingeweiht. Weitere Investitionen folgen 2019 zum 125. Geburtstag.

Sämtliche Marken konzentrieren heute ihre Anstrengungen vor allem auf die Generation Y. Welches sind die Geschichten und Werte, die Sie den Millennials in Zukunft bieten werden?
Einige Ereignisse, an denen Omega beteiligt war, haben die Geschichte geprägt. Ich denke zum Beispiel an die Raumfahrt. Die Träume der kommenden Generationen werden auf diesen Teilen der Geschichte basieren, die wir auch weiterhin lebendig halten wollen. Wir werden neue Storys erzählen, die von unseren jungen Markenbotschaftern wie Kaia und Presley Gerber weitergegeben werden. Sie sind es, die die Zukunft repräsentieren und gleichzeitig Werte und Integrität verkörpern; Werte also, die auch im Sport oder an den Olympischen Spielen vermittelt werden und wo Helden geboren werden. Das andere zentrale Anliegen von Omega sind natürlich Innovation und Entwicklung neuer Technologien. Ich denke etwa an die Master-Chronometer-Zertifizierung, die Qualität und Präzision einer Uhr transparent macht. Was wiederum bedeutet, Geschichte zu schreiben und den Anforderungen der Millennials zu entsprechen. Transparenz ist das erste Anliegen dieser Generation.

Welches ist die Position von Omega in der Eroberung des Weltraums, die heute wieder zum Anliegen der Grossmächte geworden ist, zu einem Zeitpunkt, wo grosse Marken bereits Partnerschaften mit Raumfahrtprogrammen eingegangen sind?
Unsere Legitimität in diesem Bereich ist unbestritten. Tatsächlich ist unsere Uhr von der Nasa und der ESA für sämtliche Raumfahrtmissionen sowie für die ISS zugelassen. Wir haben klare Projekte, die noch vertraulich sind, die aber grosse technische Fortschritte bedeuten. Seit über fünfzig Jahren schreiben wir mit an der Geschichte der Raumfahrt.

Würden Sie die Uhrenindustrie noch als visionär bezeichnen?
Für Omega war sie noch nie so visionär wie heute. Beispiel: Indem man heute in die magnetische Widerstandsfestigkeit investiert, wie es Omega mit dem Master-Chronometer-Programm gemacht hat, nimmt man die Bedürfnisse einer total vernetzten Generation vorweg. Die Uhr muss zwar weiterhin ein einzigartiges, emotionales und eigenständiges Objekt sein, gleichzeitig aber die höchsten technologischen Ansprüche erfüllen. Nur so wird es möglich sein, dass Schönheit, Geschichte, Erbe – Bereiche, in denen wir arbeiten – im digitalen Zeitalter überleben. Wobei man Funktionalität nie aus den Augen verlieren darf, denn ohne sie ist Luxus visionslos. Die Schweizer Uhrenindustrie muss weiterhin spannende Geschichten erzählen, die Schönheit der Zeit umsetzen, aber stets auf einer greifbaren, reellen Basis. Nur dann kann sie in Anspruch nehmen, Kunstwerke zu kreieren. Ihre Stärke liegt im Emotionellen.

Welches sind auf globaler Ebene die Wege, die die Schweizer Uhrenindustrie einschlagen muss, um weiterhin kompetitiv zu bleiben? Hyper-Industrialisierung, Hyper-Engineering, also innovative Materialien und Entwicklungen? Oder soll sie vielmehr auf den auf menschlichem, auf uhrmacherischem Know-how basierenden Mehrwert setzen?
Für Omega ist die Antwort eindeutig. Wir sind eine industrielle Manufaktur. In Bezug auf die ständig steigende internationale Nachfrage (pro Jahr rund 700’000 Uhren, Anm. d. Red.) sind wie ein Industriebetrieb, in dem der Mensch im Mittelpunkt steht. In den nächsten zwanzig Jahren, in der Ära der künstlichen Intelligenz, wird sich Singularität aus dem «UltraHumanen» generieren. Unsere Uhren werden nicht von Robotern produziert. In unserer neuen Fabrik sind 350 Mitarbeitende am Werk, die mit Spitzentechnologie arbeiten. Mit Blick auf die ausländische Uhrenindustrie sage ich gerne, dass wir mit einem 361-Grad-Blick agieren müssen. Dieses eine Grad mehr bedeutet Detailpflege, Perfektion, die Schönheit der sorgfältig ausgeführten Manipulation. Man muss der Poesie die Tür öffnen. Denn es ist die Menschenhand, die etwas in Gang setzt, die Emotionen entfacht, die unsere ausländischen Konkurrenten nicht haben. Die grosse Gefahr besteht darin, dass man die Entwicklung ignoriert, dass man den Kunden nicht beachtet. In China, wo der Konsument mit Informationen bombardiert wird, ist dies offenkundig. Hier ist Omega die Nummer eins, die Marketingabteilung ist bald grösser als der Sitz. Wir brauchen Fachleute, die fähig sind, die Menschen zu verstehen. China kann man nicht von der Schweiz aus erobern.

An der Einweihung der neuen Produktionsstätte vor einigen Monaten hatten die Medien Gelegenheit, eine Hightech-Fabrik zu entdecken, wo modernste Technologien eingesetzt werden. Sie erklärten dabei, dass es möglich sein werde, hier 3 Mrd. Umsatz zu erwirtschaften. In welchem Zeitraum?
Unser Ziel war es, sämtliche Teams unter einem Dach zusammenzufassen und zu valorisieren, aber natürlich auch die Produktivität zu steigern. Die seit einigen Monaten realisierten Resultate sind glänzend. Im neuen Werk konnten wir die Produktion um mehrere zehntausend Uhren steigern, wobei wir immer noch mit 50’000 Stück im Rückstand sind. Die Nachfrage ist grösser als das Angebot. Dieses Jahr werden wir zweifellos Rekordergebnisse erzielen.

Haben Sie immer noch das Ziel, das Produktionsniveau der weltweiten Nummer eins, Rolex (1 Mio. Uhren jährlich, Anm. d. Red.), zu erreichen?
Wir haben das Ziel, das Beste für die Marke Omega herauszuholen. Unser Potenzial ist realistisch. Die neue Fabrik ist so konzipiert, dass wir vertrauensvoll ins nächste Jahrzehnt blicken können. Die einzelnen Modelllinien haben Entwicklungspotenzial. 2018 ist das Jahr der Seamaster, denn wir werden den 25. Geburtstag der Seamaster 300M, der berühmten «James Bond Watch», zelebrieren. Universalität und Inspiration ermöglichen Omega ein weiterhin kräftiges Wachsen. Auf meiner Weltreise am Jahresanfang konnte ich die grosse Nachfrage feststellen. Es ist somit keine Unmöglichkeit, 1 Mio. Uhren zu produzieren. Wobei die Achtung vor dem Konsumenten gebietet, seine Wünsche stets zu berücksichtigen.

Stehen neue Investitionen bei der Herstellung der Uhrwerke auf dem Programm?
Diesbezüglich wird das nächste Jahr sehr wichtig sein, wozu ich aber jetzt noch nichts sagen kann. Wir haben bereits grosse Entwicklungsarbeit geleistet. 2017 haben wir über 100’000 Master Chronometer produziert, dieses Jahr werden wir das Volumen verdoppeln. 2020 werden wir 400’000 Werke herstellen. 100% unserer mechanischen Produktion werden mit dem Master-Chronometer-Zertifikat ausgestattet. Das ist unsere Priorität.

Der von Apple (AAPL 169.38 -1.1%) Watch im vierten Quartal 2017 erzielte Umsatz ist grösser als derjenige der ganzen Uhrenbranche. Ist Apple für Omega ein Konkurrent?
Da ist einerseits die Uhr, die eine Seele, ein lebendiges Werk hat, anderseits das Telefon am Handgelenk, ein «Consumer Electronic». Ja, die Zahlen sind interessant, aber wir betrachten Apple nicht als Konkurrenz, denn wir bieten Emotionen. Die Analoguhr ist geradezu die Verkörperung der Emotion. Bei der Smartwatch sind es die Daten, aber nie das Objekt selbst.

Globalisierung vs. Ultrapersonalisierung. Ein Bereich, der die Marken motiviert, über neue, individualisierte Erlebnisformen für die Kunden nachzudenken. Welches sind die innovativen Lösungen bei Omega?
Es ist der Pop-up Store für die Uhrenarmbänder Nato, den wir in Paris eröffnet haben. Hier verkaufen wir keine Uhren, sondern zeigen ausschliesslich Armbänder, die der Kunde über Internet bestellen kann. Sie sind das Symbol für Personalisierung par excellence. Jeder von uns will seinen eigenen Stil, möchte sich durch Accessoires unterscheiden. Eine globale Marke muss Individualität bieten.

Gibt es neue Territorien, die Sie entwickeln möchten?
Ich möchte eben gerade den Bereich Accessoires ausbauen. Die Nachfrage nach derivaten Produkten ist sehr gross, wie es auch der Erfolg unserer Sonnenbrillen zeigt. Aber verstehen Sie mich richtig: Wir sind und bleiben Uhrmacher.

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