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16:34 Uhr - 14.11.2017

Kunden müssen Freibrief liefern

Das Bankgeheimnis gilt längst nicht mehr gegenüber dem Ausland. Die Finanzinstitute sichern sich ab.

Ende vergangenen Monats mussten die Kunden der Zürcher Kantonalbank (ZKB) leer schlucken. «Sie entbinden die Zürcher Kantonalbank von der Pflicht zur Wahrung des Bankkundengeheimnisses und des Datenschutzes», schrieb die Bank ihren Kunden und bat sie, eine Zustimmung zu unterschreiben.

Betroffen sind der Handel und die Verwahrung von Wertschriften und Finanzinstrumenten mit Auslandsbezug. Nicht betroffen sei das Bankgeheimnis im Inland, sagt ZKB-Sprecher Patrick Friedli. Handelt ein ZKB-Kunde Aktien über ausländische Börsen, muss die Bank laut ihrem Schreiben gewisse Kundendaten «aufgrund ausländischen Rechts oder vertraglicher Bestimmungen (…) offenlegen», und zwar «gegenüber Aufsichts- und Steuerbehörden, Emittenten, Zentralbanken, Finanzintermediären, Finanzmarktinfrastrukturen oder Selbsregulierungsorganisationen».

Zum Standard geworden

Dabei unterliegen die Daten «dann nicht mehr dem Schutz der schweizerischen Gesetzgebung, insbesondere nicht mehr dem schweizerischen Datenschutz und Bankkundengeheimnis». Sprich: Die Bank übernimmt keine Haftung.

Das Vorgehen der ZKB stösst nicht bei allen auf Zustimmung. «Dies scheint ein weiteres Beispiel dafür zu sein, dass die Privatsphäre der Bankkunden kein grosses Anliegen mehr der Banken selbst ist», sagt Bankenrechtsprofessor Peter V. Kunz gegenüber «Finanz und Wirtschaft». Und der Vermögensverwalter Albin Kistler empfiehlt seinen Kunden «diese Carte blanche» nicht zu unterschreiben. «Das Vorgehen der ZKB ist allerdings legal», hält Kunz fest, «weil der Kunde ja auch Nein sagen könnte». Er müsse dann wohl aber mit dem Ende dieser Bankbeziehung rechnen. Im Falle der ZKB zumindest mit Einschränkungen. «Ohne schriftliche Einwilligung», schreibt die ZKB, «können wir Ihnen (…) Anlageberatung und Vermögensverwaltung mit Auslandbezug in Zukunft leider nicht mehr anbieten».

Doch die ZKB ist bei weitem nicht die Einzige, die sich von Bankgeheimnis und Datenschutz längst losgesagt hat. «Dies ist mittlerweile im ausländischen Wertschriften- und Zahlungsverkehr zum Marktstandard geworden», sagt Sabine Jaenecke, Sprecherin der Bank Julius Bär (BAER 57.95 -0.09%). Gewisse Kundeninformationen seien auf Verlangen gegenüber ausländischen Börsen, Depotbanken, Clearing-Häusern und Aufsichtsbehörden offenzulegen.

Transparenz lautet der internationale Regulierungstrend. So führt die EU-Verordnung über Märkte für Finanzinstrumente (Mifir) ab 2018 eine Meldepflicht von Transaktionen für europäische Handelsplätze ein. «Wir werden die Kunden über diese Anpassung vorzeitig informieren», sagt UBS-Sprecher Igor Moser. Damit Kunden weiterhin über diese Plätze handeln könnten, müsse UBS (UBSG 16.85 -0.41%) diese Informationen liefern.

Es gilt ausländisches Recht

Doch Mifir ist wie der Automatische Informationsaustausch (AIA) zwischen den Steuerbehörden der OECD-Länder nur das jüngste Regulierungsvorhaben, unter dem Schweizer Bankkundendaten ins Ausland gelangen. Ausländische Gesetze gegen Steuerflucht, Geldwäscherei oder Terrorismusfinanzierung veranlassen die Schweizer Banken schon lange, Daten an ausländische Stellen zu liefern.

Darauf machte die Schweizerische Bankiervereinigung (SBVg) bereits Anfang vergangenen Jahres aufmerksam und schlug der Finanzmarktaufsicht (Finma) die Einführung einer Liste vor, die klar deklariert, in welchem Fall Banken Daten liefern dürfen. «Die Finma verlangt, dass die von ihr beaufsichtigten Finanzinstitute auch ausländisches Recht befolgen», sagt ZKB-Sprecher Patrick Friedli.

Die Aufsicht führt eine Liste mit ausländischen Behörden, welche Daten erhalten können. Die Informationen dürfen laut ZKB umfassen: Name, Geburtsdatum, Nationalität, Pass-, Steuer-, Telefon-, Konto- und Depotnummer, Adresse, E-Mail, aktueller oder früherer Wertschriftenbestand oder Kontoguthaben.

Die Banken holen sich entweder wie die ZKB die explizite Zustimmung des Kunden oder sie informieren schlicht über die Änderungen in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB). Letzteres wird bald auch die Bank Vontobel (VONN 58.35 -0.85%) tun, wie auf Anfrage zu erfahren ist. Die Credit Suisse (CSGN 15.76 -0.19%) änderte ihre AGB zuletzt 2016. Es sei zu einzelnen Beschwerden gekommen, gekündigt hat dem Vernehmen nach aber kaum ein Kunde. Denn eine Bank, die diese Meldepflichten nicht beachtet, findet sich in der Schweiz praktisch nicht mehr. Will ein Kunde seine Daten überhaupt nicht mehr im Ausland wissen, bleibt ihm nur eines: Geschäfte mit Auslandbezug komplett einstellen.

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