Zurück zur Übersicht
17:17 Uhr - 08.12.2015

Die Bären sind auf der Jagd nach BSI

Die Tessiner Privatbank steht wieder im Visier – und das Management kämpft erneut um Selbständigkeit. Diese böte am ehesten ein aussereuropäischer Eigner.

Die Zürcher Vermögensverwaltungsbank Julius Bär (BAER 48.14 -2.67%) ist an BSI interessiert, hat «Finanz und Wirtschaft» erfahren. Auch arabische und asiatische Banken sollen eine Übernahme der Tessiner Privatbank ins Auge fassen. Zu rechnen ist zudem mit der brasilianischen Safra-Gruppe. Sie ist ebenso finanzkräftig wie verschwiegen und hat sich 2011 bereits Sarasin geschnappt.

Noch sind bezüglich des Verkaufs der BSI keine offiziellen Gespräche im Gang. Auch ein Verkaufsmandat sei noch nicht vergeben worden, sagt ein Investmentbanker. Er erwartet, BTG Pactual werde in den nächsten Tagen darüber entscheiden.

Eine Transaktion könnte schnell durchgeführt werden, wie BTG Pactual gegenüber der brasilianischen Börsenaufsicht offengelegt hat. Die mit der Inhaftierung ihres CEO André Esteves in den Sog des brasilianischen Korruptionsskandals Petrobras geratene Bank erklärte, sie erwäge, eine Reihe von Beteiligungen zu veräussern, um die Liquiditätslage zu verbessern, darunter BSI, das Inkassounternehmen Recovery und die Einzelhandelskette Leader.

Taktierende Interessenten

Pactual hat bestätigt, bereits von Kaufinteressenten kontaktiert worden zu sein. Und Interessenten für BSI gibt es offenbar einige. Zu ihnen gehört nach Informationen der FuW Julius Bär – auch wenn CEO Boris Collardi das Interesse gegenüber der «Financial Times» heruntergespielt hat. Eine solche Gelegenheit will sich der akquisitionshungrige Zürcher Geldverwalter nicht entgehen lassen – obwohl Bär den US-Steuerstreit noch am Hals hat.

Um BSI wird jedenfalls erneut taktiert. BTG Pactual gewann den Bieterwettbewerb 2014 gegen zwei Konkurrenten, eine Schweizer Bank und einen ausländischen Mitbewerber, sagt ein mit dem Prozess Vertrauter. Mit im Rennen war damals die Genfer UBP, weiss «Finanz und Wirtschaft». Diesmal winkt die Vermögensverwalterin jedoch ab. UBP sei noch mit der Integration von Coutts in Asien beschäftigt, sagt eine Sprecherin.

Einen Blick in die Bücher von BSI hatte damals auch Credit Suisse (CSGN 21.33 -1.93%) geworfen, sagt eine mit dem Prozess vertraute Person. Der neue CS-CEO Tidjane Thiam hat unlängst verkündet, die Schweizer Einheit der Grossbank als Plattform der Konsolidierung etablieren zu wollen. Mit BSI dürfte nun bereits eine erste, gewichtige Opportunität greifbar werden. Ob die Managementkapazität der CS reicht, diese ergreifen zu können, während eine anspruchsvolle Neuausrichtung läuft, ist jedoch fraglich. Kommentieren wollte die Bank das Thema jedenfalls nicht.

Grosse Pläne hat auch Raiffeisen. Sie war im Kampf um Sarasin leer ausgegangen und hat sich später Notenstein angeschnallt. «Obwohl wir alle Optionen prüfen, sind wir in diesem Geschäft nicht involviert», erklärt ihr Sprecher. Für Raiffeisen wäre es eine Herausforderung, die nötigen Mittel für eine Übernahme bereitzustellen, urteilt ein Branchenkenner. Kaum Restriktionen dieser Art kennt die brasilianische Safra, die sich mit Sarasin bereits 2011 eine gewichtige Schweizer Privatbank mit über 100 Mrd. Fr. Vermögen einverleibt hat. Safra gilt als weiterhin übernahmefreudig, wollte aber auf Anfrage keine Stellung nehmen.

Anspruchsvolle Braut

BSI mit Hauptsitz in Lugano bringt über 90 Mrd. Fr. verwaltete Vermögen auf die Waage, hauptsächlich von Kunden aus der Schweiz, Italien, Asien und Lateinamerika. Dem Vernehmen nach will BTG für die Bank aber mehr lösen als die 1,25 Mrd. Fr., die sie bei Vollzug der Übernahme vor drei Monaten bezahlt hat.

Doch der Preis ist nicht das Einzige, was einen erneuten Verkaufsprozess prägen dürfte. Die BSI-Führung hat bisher gezielt und letztlich – entgegen den Erwartungen – erfolgreich für den Erhalt der Selbständigkeit gekämpft. Im Verbund mit BTG wurde ihr eine eigenständige Rolle zugesichert. Eine ähnliche Zusage wäre von Bär wahrscheinlich nicht zu erhalten, ebenso wenig von den meisten europäischen Interessenten. Gemunkelt wird auch über einen potenziellen italienischen Bieter, möglicherweise Intesa Sanpaolo (ISP 3.108 -1.89%). Doch die BSI-Führung scheint Vorbehalte zu haben, meint ein Banker. Übernahmen gegen den Willen des Managements sind im Bankgeschäft unüblich.

Auch die chinesische Bank ICBC, die japanische Mizuho Bank sowie Institute aus Katar und Abu Dhabi haben früher Interesse an BSI bekundet, ebenso die Singapurer DBS und United Overseas Bank. Da BTG aber einen raschen und reibungslosen Verkauf anstreben dürfte, wird ein Kaufinteressent bereits über eine Schweizer Banklizenz verfügen müssen, um das Rennen machen zu können.

Ein Schweizer oder zumindest ein europäischer Käufer wäre nach den jüngsten Erfahrungen vorteilhaft. Er könnte BSI ein stabiles Dach bieten. Wie wertvoll dies für eine Privatbank ist, kann man am Schicksal der Besitzerin BTG Pactual ablesen. Binnen weniger Wochen ist die brasilianische Investmentbank vom bewunderten Finanzhaus zum Problemfall geworden, mit einem (Ex-)Chef, der auf unbestimmte Zeit in Untersuchungshaft sitzt, einer Massenflucht von Kunden und Geschäftspartnern, einem Zerfall des Aktienpreises und Schuldpapieren, die auf Ramschniveau abgestuft worden sind.

Hat Ihnen der Artikel gefallen? Lösen Sie für 4 Wochen ein FuW-Testabo und lesen Sie auf www.fuw.ch Artikel, die nur unseren Abonnenten zugänglich sind.

Seite empfehlen



Kopieren Sie den Link [ctrl + c] und fügen Sie ihn in ein E-Mail ein [ctrl + v]. Aus Sicherheitsgründen ist kein Versand von E-Mails direkt vom VZ Finanzportal möglich.