Pierin Vincenz ist vom Vorzeigebanker zur Belastung geworden. Was innerhalb eines Jahres in der Causa Vincenz passiert ist.
Am Montag hat der Ex-Raiffeisen-Chef Pierin Vincenz sein letztes grosses Mandat niedergelegt: «Die anhaltende Unsicherheit und die medialen Begleiterscheinungen haben mich bewogen, im Interesse des Unternehmens per sofort zurückzutreten. Damit kann Helvetia (HELN 550 1.2%) unbelastet meine Nachfolge planen», begründet Vincenz seinen Rücktritt als Präsident des Versicherers.
Bereits seit über einem Jahr hat der Banken-Blog «Inside Paradeplatz» über fragwürdige Geschäftspraktiken von Vincenz berichtet. Im Zentrum standen Unternehmenskäufe, die unter seiner Führung vollzogen wurden, dies bei Raiffeisen und dem Kartendienstleister Aduno, einem Gemeinschaftsunternehmen verschiedener Kantonal- und Regionalbanken, darunter Raiffeisen.
Die aufgeworfenen Fragen lauten: War Vincenz an den akquirierten Unternehmen im Vorfeld beteiligt? Und hat er sich einen persönlichen finanziellen Vorteil verschafft, als sie von Raiffeisen und Aduno, die er zu diesem Zeitpunkt als CEO respektive Präsident leitete, übernommen wurden?
Die Medienberichte veranlassten Raiffeisen, die Kanzlei Prager Dreifuss zu beauftragen, diese Fragen in einer internen Untersuchung zu klären. Auch die Finma trat auf den Plan und setzte das Beratungsunternehmen Deloitte ein, um die Situation extern zu durchleuchten, wie die «Sonnntagszeitung» Anfang November publik machte. Basierend auf den Prüfberichten hat die Finanzmarktaufsicht zwei Enforcementverfahren eröffnet: eines gegen Raiffeisen, das deren Führungs- und Kontrollmechanismen ins Visier nimmt. Ein zweites läuft gegen Pierin Vincenz persönlich. Vincenz beteuerte stets, potenzielle Interessenkonflikte mit der notwendigen Sorgfalt behandelt zu haben.
Dennoch: Mitte November hat auch der Kartendienstleister Aduno, der nicht der Aufsicht der Finma untersteht, eine Prüfung der Akquisitionstätigkeit während der Präsidentschaft von Vincenz in Auftrag gegeben, zeigten Recherchen von «Finanz und Wirtschaft». Diesen Bereich untersucht die Anwaltskanzlei Baumgartner Mächler. Konkret stehen bei Aduno die Akquisition von EuroKaution 2014 und der Kauf von Commtrain 2007 im Visier. Im Fall von Raiffeisen geht es in erster Linie um die Beteiligungsnahme an Investnet, wie CEO Patrik Gisel im FuW-Interview erläutert hat.
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