Der britische Leitindex FTSE 100 setzt seit Tagen neue Bestmarken. Doch ist dieser Optimismus gerechtfertigt?
Auch im neuen Jahr geht es an der Londoner Börse weiter aufwärts. Der FTSE 100, der die hundert grössten Unternehmen des Vereinigten Königreichs umfasst, schloss die erste Handelswoche mit einem Plus von 1% ab.
Dieser Gewinn hievte den Footsie – wie der Index aufgrund seiner Abkürzung genannt wird – am Freitag auf ein Rekordniveau von 7205 Zählern. Seit dem 28. Dezember oder sechs Handelstagen schloss der FTSE 100 jeweils höher als am Vortag. Das ist die längste unterbruchlose Kursrally seit rund zwanzig Jahren.
Bereits 2016 schloss der FTSE 100 mit einem ansehnlichen Gewinn von 14% ab. Treiber waren hauptsächlich die Aktien von Anglo American (395% Kursrendite), Glencore (GLEN 288.3 -0.86%) (+272%), Royal Dutch Shell (RDSB 2356 -0.02%) (+72%) und BP (+56%).
Längste Rally 0hne Unterbruch in Sichtweite
Das britische Börsenbarometer ist allerdings auf dem besten Weg, die bisherige Rekordserie von acht aufeinanderfolgenden positiven Handelstagen von Mai 1997 zumindest zu egalisieren. Und bereits wächst die Hoffnung, dass der Schwung der ersten Januarwoche noch länger andauern könnte.
Diese Entwicklung lässt auch in der Londoner City aufhorchen. «Was sagt uns der FTSE über die britische Wirtschaft?», fragte kürzlich das Analysehaus Capital Analytics. Daran anlehnend, dass die Börse in der Regel die Zukunft vorwegnimmt.
Robuste Wirtschaft
Für Capital Analytics ist der oft gehörte Hinweis, dass die im Leitindex enthaltenen Unternehmen einen grossen Teil ihres Gewinns ausserhalb Grossbritanniens erzielen, allerdings nur ein Teil der Erklärung.
Denn auch der breiter gefasste FTSE 250 notiert heute deutlich höher als nach dem Brexit-Votum vom vergangenen Juni. Dieser Index umfasst mittelgrosse britische Unternehmen, die deutlich weniger international exponiert sind. Eine schwächelnde Wirtschaft würde diese Gesellschaften deshalb deutlich stärker treffen. Allerdings zeigt der Chart von Capital Analytics, dass der FTSE 250 deutlich hinter dem Leitindex zurückhängt.
Eine andere Erklärung ist deshalb, dass sich die britische Wirtschaft bislang entgegen allen Prognosen erstaunlich robust hält. Für 2016 wird ein Wirtschaftswachstum von rund 2% erwartet, die Konsumenten sind weiterhin guten Mutes, und auch die Unternehmen halten sich nicht so stark zurück mit Investitionen wie befürchtet.
Unterstützend wirkt die massive Abwertung des Pfunds, das gegenüber den wichtigen Handelswährungen Dollar und Euro rund 15% an Wert verloren hat. Das begünstigt die britischen Exportfirmen. Andererseits dürfte 2017 die Inflation wegen des tiefen Pfunds deutlich steigen. Grossbritannien weist nämlich seit Jahren eine negative Aussenhandelsbilanz auf.
Aktienhausse nicht breit abgestützt
Allerdings mehren sich auch die kritischen Worte zur britischen Aktienrally. So fällt auf, dass die Aufwärtsbewegung nicht breit abgestützt ist. Einige Sektoren wie Rohstoffminen oder Öl- und Gasfirmen konnten ihren Kurs teilweise verdoppeln, andere wiederum wie die Immobilienbranche tauchten bis zu ein Drittel.