Zurück zur Übersicht
11:02 Uhr - 19.01.2016

IWF erwartet weitere Verlangsamung des Wirtschaftswachstums

Der Internationale Währungsfonds senkt die Prognose für das globale Wirtschaftswachstum. Er rät den Industrieländern zu Investitionen in die Infrastruktur und zu einer weiterhin lockeren Geldpolitik.

Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat seine Prognose für das Weltwirtschaftswachstum ein weiteres Mal nach unten korrigiert und sieht die grössten Risiken für die globale Erholung erstmals bei den Schwellenländern. Für die Industrienationen rechnet er mit weiterhin moderatem, aber unebenem Wachstum, angetrieben von der Konjunkturlokomotive USA.

Gefahren für die globale Konjunktur gehen unter anderem von einem noch stärkeren Einbruch in China, dem niedrigen Ölpreis sowie dem robusten Dollar und andauernden geopolitischen Spannungen aus. Das besagt die am Dienstagvormittag publizierte Aktualisierung zum Weltwirtschaftsausblick (WEO) des IWF.

Starker Dollar bremst US-Exporteure

Im laufenden Jahr rechnet der IWF mit einer globalen Wachstumsrate von 3,4% und für 2017 mit einer Zunahme der Weltwirtschaftsleistung um 3,6%. Im Oktober hatten beide Werte noch um 0,2 Prozentpunkte höher gelegen. Für die Industrienationen wurden die Voraussagen marginal heruntergesetzt und werden laut Währungsfonds in beiden Jahren 2,1% erreichen. Praktisch unverändert bleiben die Prognosen für die Eurozone, wo die Wirtschaft 2016 und 2017 um jeweils 1,7% wachsen wird. Einbussen sind hingegen in den Schwellen- und Entwicklungsländern zu erwarten.

In den USA wird der robuste Aufschwung von der andauernden Erholung des Arbeits- und des Häusermarktes ebenso wie den nach wie vor insgesamt günstigen Finanzmarktkonditionen gestützt. Nach Darstellung von IWF-Chefökonom Maurice Obstfeld haben allerdings der Kursgewinn des Dollars und die damit verbundenen Einbussen beim Export «zu einer marginalen Schrumpfung des verarbeitenden Gewerbes geführt». Trotz der leichten Abnahme der Nettoexporte profitiert die Eurozone von dem niedrigen Ölpreis ebenso wie von der ultralockeren Geldpolitik der EZB.

Paradigmenwechsel in den Schwellenländern

In den Schwellenländern, lange Zeit Zugpferd der globalen Konjunktur, zeichnet sich nach Darstellung des IWF ein Paradigmenwechsel ab. In Asien schlagen vor allem die unerwartet starken Ansteckungseffekte der Krise in China auf die Wachstumsaussichten durch. In China vollziehe sich der längst fällige Wandel von einer auf Investitionen und Produktion gestützten Wirtschaft zu einer vorwiegend auf Konsum und Dienstleistungen ausgerichteten Konjunktur. Die Strukturreformen können sich laut Obstfeld als «sehr holpriger Pfad» erweisen und schwächere Wachstumsraten folglich längere Zeit Bestand haben.

Das stärkste Wachstum unter den Emerging Markets (EmMa) wird in Indien erwartet, das als grösster Rohstoffimporteur vom Preisverfall beim Öl ebenso wie bei den Rohstoffen profitiert. Die lateinamerikanischen Länder leiden vor allem unter den Folgen der Rezession in Brasilien. Für die europäischen EmMa prognostiziert der IWF stetes, aber gedämpftes Wachstum. Dort schlägt vor allem die Rezession in Russland negativ zu Buche.

Industrieländer sollen in die Infrastruktur investieren

Die Industrieländer werden von den IWF-Ökonomen aufgefordert, mit einem angemessenen Policy-Mix aus konjunktur- und strukturpolitischen Reformen auf eine Erhöhung des Potenzialwachstums hinzuwirken. Wo der fiskalpolitische Spielraum vorhanden ist, «wäre es angemessen, deutlich mehr in Infrastrukturprojekte zu investieren», betonte Obstfeld.

Auch rät der Chefvolkswirt den Zentralbanken zur Beibehaltung der akkommodierenden Geldpolitik und sieht ein potenzielles Konjunkturrisiko in einer zu raschen Normalisierung der Zinspolitik. Speziell in Europa und Japan müssten Schritte unternommen werden, um sowohl die Beteiligungsquote am Arbeitsmarkt als auch die Zahl der Beschäftigten zu erhöhen.

Nicht zu unterschätzen sei als Folge der Volatilität an den Finanzmärkten die Gefahr einer deutlichen Zunahme der Risikoaversion. Dies könnte zu weiteren Kurseinbrüchen und somit vor allem zu wachsenden Spannungen in den anfälligsten Schwellenländern führen.

Hat Ihnen der Artikel gefallen? Lösen Sie für 4 Wochen ein FuW-Testabo und lesen Sie auf www.fuw.ch Artikel, die nur unseren Abonnenten zugänglich sind.

Seite empfehlen



Kopieren Sie den Link [ctrl + c] und fügen Sie ihn in ein E-Mail ein [ctrl + v]. Aus Sicherheitsgründen ist kein Versand von E-Mails direkt vom VZ Finanzportal möglich.