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07:00 Uhr - 01.10.2021

«Die Aktivierung des antizyklischen Kapitalpuffers würde mich nicht überraschen»

Nervosität an den Börsen, die Zinsen steigen. Wie geht es weiter? Teil 3 von fünf Fragen an fünf Banker: Fabienne Hockenjos-Erni, CIO BLKB.

Die Investoren müssen sich derzeit der Kernfrage stellen, ob das Fundament des seit über zwölf Jahren andauernden Superzyklus an den Finanzmärkten am Bröckeln ist. Die Befürchtungen eines «Lehman-Moments» für China und den Rest der Welt aufgrund der Misere des Immobilienkonzerns Evergrande haben sich zwar etwas gelegt. Doch Fragezeichen hinsichtlich der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung im Land der Mitte bleiben bestehen.

Immer wieder erschüttert der Regierungsapparat in Peking die Märkte mit Regulierungsmassnahmen in einer Reihe von Sektoren. Die Abschwächung der Wirtschaftsdynamik ist in den Daten bereits offensichtlich.

Doch auch andernorts signalisieren die Einkaufsmanagerindizes, dass die initiale Phase der Erholung nach dem pandemiebedingten Einbruch abgeschlossen ist. Dem nicht genug: Das von den Notenbanken in Aussicht gestellte Nachlassen des Inflationsdrucks will sich einfach nicht einstellen. Dies wiederum lässt einige Experten ein Schreckensgespenst zum Leben erwecken: die Stagflation.

Schwaches Wirtschaftswachstum gepaart mit hoher Teuerung brächte die Währungshüter in eine Zwickmühle. Und selbst wenn sich die Stagnation des Wachstums nicht einstellt, haben die Notfallmassnahmen, die während der Pandemie rasch Einzug in den Massnahmenkatalog der Währungshüter genommen haben, keine Berechtigung mehr.

Die Preise steigen vielerorts auf breiter Front. Der Winter könnte in Sachen Teuerung heisser werden als ursprünglich gedacht. Der Mangel an Energieträgern lässt wiederum vielerorts Kälte und Mangelwirtschaft befürchten.

Einzelne Notenbanken haben den Leitzins bereits erhöht, andere machen sich daran, ihre Wertpapierkäufe zu reduzieren. Eine neue Phase für Wirtschaft und Finanzmärkte ist angebrochen. Wie werden Aktien und Obligationen darauf reagieren, und wie können Anleger ihr Portfolio fit machen für potenzielle neue Entwicklungen? Wo bietet der Finanzmarkt noch ansprechende Rendite für das eingegangene Risiko?

Diesen und weiteren Fragen wird im Rahmen des FuW-Forums «Opportunities 2022» nachgegangen. Der hier in einer Serie präsentierte Fragenkatalog an fünf Banker, die an der Veranstaltung konkrete Ideen auf dem Podium präsentieren werden, bietet nur einen kleinen Vorgeschmack auf die Themen des Anlasses.

Frau Hockenjos, die Börsen sind nervös und die Bewertungen hoch. Kommt der Superzyklus, der 2009 begann, bald zu einem Ende?
Das fundamentale Umfeld bleibt trotz einer sich abzeichnenden Wachstumsverlangsamung positiv für Aktien. Die Gewinnentwicklung der Unternehmen stützt das erhöhte ­Bewertungsniveau, und das tiefe Zinsumfeld lässt Investoren wenig Alternativen zu Aktien. Entsprechend rechnen wir nicht mit einem Ende der Kursrally an den Börsen. Wir gehen jedoch davon aus, dass die bevorstehende Drosselung der Liquiditätsflut der Notenbanken zu höherer Volatilität führen wird.

Wo kann im Aktienmarkt noch Überrendite erzielt werden?
Opportunitäten ergeben sich in einzelnen Sektoren wie dem ­zyklischen Konsum, welcher von der guten Konsumentenstimmung profitiert, oder dem zurückgebliebenen Pharmasektor. Wir erachten auch Themeninvestments als attraktive Renditequelle. Lösungsanbieter gegen den Klimawandel oder für die Digitalisierung bleiben im Fokus.

Finger weg von Anleihen oder gibt es bei festverzinslichen Werten noch Opportunitäten?
Obligationen sind ein wichtiger Bestandteil zur Risikoreduktion im Portfolio und können selbst in einem negativen Zinsumfeld durch eine aktive Verwaltung einen positiven Renditebeitrag liefern.

Was muss geschehen, dass die ­Langfristzinsen nachhaltig steigen?
Eine anhaltende Konjunkturerholung legt den Grundstein für eine Normalisierung der Geldpolitik und damit des Zinsumfeldes. Diese dürfte jedoch einige Zeit in Anspruch nehmen. Die Schuldensituation der Staaten könnte einer der limitierenden Faktoren sein.

Die SNB äussert warnende Worte ­angesichts der Immobilien­preisentwicklung in der Schweiz. ­Befindet sich der hiesige Häusermarkt in einer Blase?
Wir sehen keine Blasenbildung. Die Asset-Inflation spiegelt sich auch in den Häuserpreisen. Die Risikoprämien von Renditeobjekten bleiben attraktiv. Angesichts der Warnung von SNB-Vizepräsident Fritz Zurbrügg würden mich jedoch eine Aktivierung des antizyklischen Kapitalpuffers und somit strengere Eigenkapitalricht­linien für Banken nicht überraschen.

 

 

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