Die Nationalbank trimmt ihre Milliardenpositionen an den US-Börsen. Das ist eine sinnvolle Massnahme, wie die heftigen Turbulenzen im Oktober zeigten. Dennoch dürfte der Kurssturz erheblichen Schaden im Portfolio angerichtet haben.
An den Finanzmärkten kann die Stimmung in einem Augenblick drehen. Das haben die Kursverwerfungen im Oktober demonstriert. An den amerikanischen Aktienmärkten haben Investoren sogar den schlimmsten Monat seit fast zehn Jahren erlebt.
Diesen Risiken setzt sich auch die Schweizerische Nationalbank aus. Um ihren Bestand an Devisenreserven zu diversifizieren, investiert sie Milliardenbeträge in amerikanische Aktien. Wie aus den am Donnerstag bei der US-Börsenaufsicht SEC eingereichten Unterlagen hervorgeht, beziffert sich das Engagement per Ende September auf nahezu 90 Mrd. $.
Im Vergleich zu Ende Juni hat der Wert des Portfolios im dritten Quartal demnach weiter um 2,3 Mrd. $ zugenommen. Das ist aber nur ein Teilaspekt. Wie ein genauerer Blick auf die Daten zeigt, hat die SNB ihre Positionen an den US-Börsen zuletzt leicht getrimmt. Umfasste das Portfolio per Ende des zweiten Quartals rund 1320 Mio. einzelne Aktien, so sind es gemäss aktuellstem Stand noch 1280 Mio.
Mit dieser Massnahme hat die SNB eine glückliche Wahl getroffen. Dass der Gesamtwert des Portfolios im dritten Quartal zunahm, hat mit der Entwicklung der Kurse zu tun. So ist der breit gestreute Marktindex Wilshire 5000 im Berichtszeitraum knapp 7% gestiegen. Anders gesagt: Die Kursavance an den Börsen bis Ende September überdeckt den leichten Abbau des Portfolios.
Empfindliche Verluste
Da die SNB ihre Positionen etwas reduzierte, hat der Kurssturz, der dann im Oktober folgte, einen weniger grossen Schaden im Portfolio angerichtet. Auch so dürften aber empfindliche Verluste resultiert haben. Auf Basis der SEC-Daten zum dritten Quartal wäre das SNB-Portfolio heute knapp 4 Mrd. $ weniger wert als Ende September, wenn man den Wilshire 5000 als Referenzindex nimmt.
Unter Druck gekommen sind während den Oktober-Turbulenzen vor allem Schwergewichte aus dem US-Techsektor. Hier ist die SNB besonders exponiert. Mit Apple, Amazon, Microsoft und dem Google-Mutterkonzern Alphabet sind gleich vier der fünf grössten Positionen im SNB-Portfolio IT-Aktien. Facebook ist nach deutlichen Kursabgaben vom fünften auf den sechsten Platz gefallen.
Die Hausse im Techsektor hat der SNB in den letzten Jahren satte Gewinne eingetragen. Umso wichtiger ist es, dass sie das Klumpenrisiko reduziert. Ein erster Warnschuss war bereits der Crash der Facebook-Aktien. Wie sich den SEC-Dokumenten entnehmen lässt, hat die SNB im vergangenen Berichtszeitraum zum Beispiel die Beteiligung an Apple um gut 6% auf 15,8 Mio. Titel reduziert. Im Fall der anderen vier IT-Kolosse beträgt der Rückgang zwischen 3 und 4%.
Indexnahe Strategie
Dennoch machten die fünf IT-Werte gemäss dem Stand von Ende September nach wie vor rund 14% des SNB-Portfolios aus. Allein die Position an Apple beträgt per Ende September rund 3,5 Mrd. $. Die Nationalbank geht das Klumpenrisiko im IT-Sektor nicht durch eine aktive Auswahl von Einzelaktien ein (Stock Picking). Vielmehr verfolgt sie eine passive Anlagestrategie, die sich am jeweiligen Referenzindex eines Landes orientiert. In den USA machen Technologieaktien einen grossen Anteil der Gewichtung aus.
Dazu erklärt die SNB, sie investiere weltweit diversifiziert und indexnah. Ihr Portfolio umfasse rund 6600 Aktien aus 95% aller Aktienmärkte. Damit halte sie 0,25% der Weltmarktkapitalisierung.
«Wir verzichten bewusst darauf, einzelne Unternehmen oder Sektoren über- oder unterzugewichten. Wir treten möglichst neutral auf am Markt und nehmen möglichst wenig Einfluss auf das Handelsgeschehen», sagte Dewet Moser, stellvertretendes Mitglied des SNB-Direktoriums, am FuW-Indexing-Forum im Juni. Im Geschäftsbericht ergänzt die SNB: «Dadurch wird die Anlagepolitik vor politischen Überlegungen abgeschirmt.»
Der weltweite Aktienbestand der SNB hatte per Ende September einen Wert von 153 Mrd. Fr. Er macht 20% ihrer gesamten Devisenanlagen aus. 80% davon sind in Anleihen mit hoher Bonität investiert.
Starker Franken prägt Bilanz
Die SNB hat Fremdwährungsanlagen gekauft, um den Franken zu schwächen. Der Wert dieses Devisenbestands in der SNB-Bilanz schwankt mit den Wechselkursen des Frankens zu Euro, Dollar, Yen, Pfund und weiteren Anlagewährungen. Dazu kommen die Kursschwankungen der Aktien und Anleihen.
Auch nach der Aufgabe des Euromindestkurses im Januar 2015 intervenierte die SNB immer wieder am Devisenmarkt. Ab Sommer 2017 hat sie das angesichts der Entspannung am Markt und dem höheren Franken-Euro-Wechselkurs allerdings kaum mehr getan.
Der Bestand der Fremdwährungsanlagen in der SNB-Bilanz hat seit der Mindestkursaufgabe knapp 50% zugenommen, von 510 auf 763 Mrd. Fr. Diese Summe ist höher als das jährliche Bruttoinlandprodukt der Schweiz.
Kein gezielter Abbau der Devisenanlagen
Im ersten Quartal 2018 hatte die SNB erstmals US-Aktien verkauft. Offenbar will sie jedoch den Devisenbestand nicht gezielt abbauen. Das sei keine vordringliche Aufgabe, sagte SNB-Präsident Thomas Jordan im Sommer in einem Interview im «Central Banking Journal».
Jordan führte aus: «Besonders in einer kleinen, offenen Volkswirtschaft wie der Schweiz sollten wir nicht neue Zielgrössen für den Umfang oder die Entwicklung der Bilanzsumme schaffen, denn das wäre nicht hilfreich für die Steuerung der Geldpolitik in einer Volkswirtschaft, die immer wieder sehr grossen externen Schocks ausgesetzt sein kann.»
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