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15:57 Uhr - 01.12.2016

Der Aufschwung nimmt der SNB die monetäre Arbeit ab

Monatliche Zinskurve Schweiz: Handelsgewichtet und inflationsbereinigt ist der Franken gar nicht so «deutlich überbewertet», wie behauptet wird.

Die Schweizer Wirtschaft zeigt wieder Stärke. Trotz teurem Franken nimmt das Volumen der Schweizer Ausfuhren dank reger internationaler Nachfrage nach Medikamenten deutlich zu. Zudem deuten Unternehmensbefragungen wie der Einkaufsmanagerindex (PMI) und das Kof-Barometer darauf hin, dass sich der Aufschwung nicht auf die Pharmaindustrie beschränkt, sondern immer breiter abgestützt ist.

Eine Deflation sieht anders aus, und die Deflationsgefahr ist weiter gesunken. Dementsprechend hat für die Schweizerische Nationalbank (SNB (SNBN 1805 0.84%)) die Notwendigkeit, ihre Geldpolitik nochmals deutlich zu  lockern, weiter abgenommen.

Der Franken ist aber nach wie vor überbewertet. Die SNB bezeichnet ihn in ihren offiziellen Stellungnahmen sogar als «deutlich überbewertet». Bei genauem Hinschauen liegt der inflationsbereinigte handelsgewichtete Frankenkurs jedoch nur noch knapp über den Notierungen, die die SNB in der Vergangenheit lediglich als «hoch» bezeichnet hatte.

Wenn der Franken sich real noch um wenige Prozentpunkte abwertet, dürfte die SNB ihn folgerichtig nicht länger als «deutlich überbewertet» bezeichnen. Gleichzeitig – und dies illustriert das Dilemma, in dem sich die Nationalbank befindet – würde eine mildere Formulierung (also lediglich «hoch bewertet» statt «deutlich überbewertet») wohl zusätzlichen Aufwertungsdruck auf die Sicherer-Hafen-Währung Franken ausüben.

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Druck aus Ausland wächst

Hinzu kommt, dass der Druck aus dem Ausland auf die schweizerische Geldpolitik in jüngster Zeit wieder gestiegen ist. Erstens hat das US-Finanzministerium die Schweiz auf eine Liste potenzieller Wechselkursmanipulatoren gesetzt. Auch wenn diese Massnahme bisher keine Konsequenzen hatte, könnte der Druck der USA für eine Verringerung der Devisenmarktinterventionen durch die SNB zunehmen.

Vor diesem Hintergrund trägt die Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten sicher nicht zur Entspannung bei. Sein Einsatz für protektionistische Massnahmen während seines Wahlkampfs spricht nicht für mehr Toleranz gegenüber der Schweizer Geldpolitik. Zudem ist durchaus denkbar, dass die Kriterien des US-Finanzministeriums zur Identifizierung von tatsächlichen Wechselkursmanipulatoren unter Präsident Trump zum Nachteil der Schweiz angepasst werden.

Zweitens haben andere Zentralbanken, darunter die Bank von Japan und in geringerem Masse auch die Europäische Zentralbank, wiederholt Bedenken hinsichtlich der rapide wachsenden Bilanzen zum Ausdruck gebracht.

Stärkerer Franken akzeptabel

Und schliesslich möchte ja auch die SNB selbst ihre Bilanz nicht kontinuierlich vergrössern. Jedenfalls hat sie dies bei der Aufhebung der Wechselkursuntergrenze kundgetan. Vor dem Hintergrund einer stärkeren Wirtschaft, einer geringeren realen Überbewertung und eines weniger nachsichtigen Auslands dürfte die SNB künftig weniger intervenieren. Sie könnte einen stärkeren Franken tolerieren. Die Tage nach der Trump-Wahl haben gezeigt, dass die SNB keinen inoffiziellen Mindestkurs bei 1.08 Fr./€ durchsetzt, denn der Euro fiel zeitweise unter 1.07 Fr./€.

Die SNB hat aber nach den US-Wahlen ihr Interventionsvolumen kurzfristig aufgestockt, wenn auch weniger stark als nach dem Brexit-Entscheid in Grossbritannien. Dies zeigt: Auch wenn die SNB in Zukunft zwar durchaus einen stärkeren Franken tolerieren dürfte, wird sie Aufwertungsschüben aufgrund einer plötzlichen Zunahme der Risikoaversion an den Finanzmärkten (etwa als Reaktion auf das italienische Referendum Anfang Dezember) wohl weiterhin mit stärkeren Devisenkäufen begegnen. Ein abruptes Ende der Devisenkäufe ist zum jetzigen Zeitpunkt somit unwahrscheinlich.

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