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17:55 Uhr - 24.04.2015

Implenia-CEO: «Wir wollen zu den Leadern gehören»

Anton Affentranger, Konzernchef Implenia, äussert sich im Interview mit der FuW zur Auslandstrategie sowie zur Akquisition und Integration von Bilfinger Construction.

Anfang März hat Implenia mit dem Erwerb der deutschen Bilfinger Construction die grösste Akquisition ihrer Geschichte vollzogen. Konzernchef Anton Affentranger erläutert im Gespräch die Auslandsstrategie von Implenia, die Integration von Bilfinger Construction und die Perspektiven des Schweizer Baumarkts.

Herr Affentranger, Implenia hat sich die ­Internationalisierung auf die Fahne geschrieben. Ist Ihnen die Schweiz zu eng ­geworden?
Implenia ist nun ziemlich genau neun Jahre alt. Wir haben bei der Gründung, also der Fusion von Zschokke und Batigroup, festgehalten, dass wir Kosten- und Marktsynergien in der Schweiz nutzen wollen. Schon damals haben wir Schritte in Richtung kritischer Grösse für internationales Wachstum in Aussicht gestellt. Wir wussten, dass die grossen Projekte im Infrastrukturbereich in der Schweiz auslaufen werden und der Markt wieder auf ein früheres Niveau zurückgehen wird. Erste Gehversuche in Russland und im Mittleren Osten haben sich nicht wunschgemäss entwickelt, waren aber gute Lehrstücke. Zur PersonDer CEO des Baukonzerns Implenia ist ein Quereinsteiger.

Nach dem Ökonomiestudium in Genf trat der heute 59-jährige Anton Affentranger in die damalige Bankgesellschaft ein, für die er in verschiedenen Funktionen und Ländern tätig war. Im Alter von 39 Jahren rückte er in die Generaldirektion der UBS auf. 1998 wechselte er als Teilhaber zur Privatbank Lombard Odier.

Ein Jahr später trat er in den VR der Baugruppe Zschokke ein und avancierte 2003 zum Präsidenten. Er wurde 2006 auch Vorsitzender der aus der Fusion von Zschokke und Batigroup hervorgegangenen Implenia. Im April 2009 übernahm er interimistisch auch das Amt des CEO, das er im August 2010 abgegeben hat.

Seit Oktober 2011 ist Affentranger CEO von Implenia. Auf diesen Zeitpunkt ist er aus dem VR zurückgetreten.
In Norwegen haben wir dann reüssiert, wir konnten einen Infrastrukturspezialisten übernehmen, der in unsere Strategie gepasst hat. Mit der Akquisition von Bilfinger Construction in Deutschland konnten wir eine Ergänzung in wichtigen Märkten vornehmen.

Welche internationalen Ambitionen haben Sie, wollen Sie sich den Grossen annähern?
Grösse als solche war in unseren Überlegungen nie ein Thema. Wir richten uns nicht an den Megafirmen wie Strabag oder Hochtief (HOT 70.35 0.82%) aus. Für gewisse Projekte braucht es jedoch eine bestimmte Grösse. An Bilfinger Construction interessiert uns die technische Kompetenz. Nun wollen wir den Gruppenzuwachs konsequent und sauber integrieren, das wird uns etwa zwei Jahre beschäftigen.

Wo sehen Sie Hauptrisiken der Internationalisierung?
Das grösste Risiko liegt in den unterschiedlichen Kulturen der neu erworbenen Unternehmen. Können wir sie in unserem Sinn führen? Wir führen traditionell sehr direkt und ich bin zuversichtlich, dass wir das schaffen. Wir wurden bei Bilfinger Construction sehr gut aufgenommen. Ein derart positive Einstellung bei der übernommenen Gesellschaft habe ich noch nie erlebt. Die Mitarbeiter sind froh, dass wir gekommen sind. Bilfinger Construction passte strategisch nicht mehr zum deutschen Dienstleistungskonzern.

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Wie schätzen Sie die Währungsrisiken ein?
Mit der Akquisition von Bilfinger hat sich unser Auslandsanteil auf rund 30% verdoppelt. Damit sind wir dem Währungsrisiko natürlich verstärkt ausgesetzt. Allerdings haben wir einen natürlichen Hedge. Unsere Kosten und Erträge fallen mehrheitlich jeweils im selben Währungsraum an, die Risiken sind limitiert. Was bleibt, ist der Umrechnungseffekt in Franken.

Drängen Bauunternehmen aus dem benachbarten Ausland in die Schweiz?
Ja, diesen Effekt gibt es. Er ist aber abhängig von den Kostenstrukturen. Ausländische Unternehmen müssen, genauso wie wir auch, die hiesigen Löhne und Sozialleistungen einhalten. Wenn es allerdings um maschinenintensive Projekte etwa im Spezialtiefbau geht, haben sie gewisse Vorteile. Da kann sich Bilfinger Construction für uns auch positiv auswirken. Wir können ihren Maschinenpark auch für Projekte in der Schweiz nutzen.

Sie haben auch heikle Projekte übernommen. Besteht nicht die Gefahr, dass da noch  Wertberichtigungen nötig werden?
Gegen Überraschungen im Nachhinein ist man nie gefeit. Wir sind aber überzeugt, dass wir Projektrisiken in der Due Diligence angemessen berücksichtigt haben. So haben wir, unter anderem, das Projekt U5 in Berlin übernommen, welches technisch anspruchsvoll ist. Wir meinen, dass wir es richtig bewertet haben.

Bilfinger hat in der Vergangenheit deutlich tiefere Margen als Implenia erzielt.
Die Bilfinger Gruppe als Ganzes ist ein umfassendes Konglomerat. Wir haben  den Grossteil des Infrastrukturbereichs übernommen. Die Gruppe als Ganzes hatte in den vergangenen zwei Jahren Schwierigkeiten und entsprechend gedrückte Margen. Das von uns übernommene Portfolio erreichte in den vergangenen Jahren eine operative Marge, die wir im Infrastrukturbau etwa auch realisieren. Auf Konzernebene haben wir eine Ebit-Marge von rund 4% erreicht, die übernommenen Bilfinger-Teile kommen auf etwa 3%.

Wie sehen die Aussichten im Infrastrukturbau in Deutschland generell aus?Deutschland ist der grösste Markt in Europa. Allerdings ist in den vergangenen Jahren wenig gemacht worden, es hat sich ein Nachholbedarf aufgestaut. Die Pipeline an Projekten ist umfangreich. Für uns ist wichtig, dass wir einen Teil des Marktes ergattern können. Wir müssen die Beziehungen zu den Kunden neu aufbauen, Bilfinger war in den vergangenen rund zwei Jahren am Markt kaum mehr präsent.

Wie wird Bilfinger Construction in den Konzern integriert?
Wir befinden uns jetzt im Integrations­prozess. Der Name Bilfinger Construction wird verschwinden. Wir wollen die Marke Implenia ab Juni in Deutschland, Österreich und Schweden einführen.

Wie ist der Stand der Dinge in Österreich, Schweden und vor allem in Norwegen?
Im Infrastrukturbau ist die Konstellation in Schweden ähnlich wie die in Norwegen. Der Markt ist etwa gleich gross, rund 12 Mrd. €, und auch die Schweden verfügen über ein langfristiges Infrastrukturprogramm. Das Wachstum ist nicht ganz so hoch wie in Norwegen. Der österreichische Markt ist kleiner, er umfasst ungefähr sechs bis sieben Milliarden Euro. Die ­österreichischen Bundesbahnen ÖBB haben ein grösseres Programm in Gang gesetzt. Da haben wir schon das eine oder andere Projekt geholt und gehen davon aus, dass wir weitere ausführen können. Mit Bilfinger Construction haben wir ­unsere technischen Kompetenzen weiter gestärkt. Norwegen läuft weiter gut. An den langfristigen Investitionsprogrammen ändert auch die Tatsache nichts, dass die Konjunktur schwächer geworden ist.

In welchem Zustand befindet sich die Schweizer Baukonjunktur?
Sie ist auf hohem Niveau stabil. Im Bereich der öffentlichen Hand ist die Nachfrage gut. Allerdings zeichnet sich 2015 im Infrastrukturbau ein kleines Loch ab. Im kommenden Jahr dürfte sich die Lage wieder bessern. Im Hochbau sehe ich kaum Wachstum, aber auch da ist das Niveau hoch. Die Auswirkung der Aufhebung der Eurountergrenze zum Franken lässt sich noch nicht abschätzen. Die Nachfrage nach Immobilien bleibt ungebremst.

Könnte dadurch die Gefahr einer Blase auf dem Immobilienmarkt erhöht werden?
Ja, das ist möglich. Eine Blase haben wir dann, wenn auf Reserve gebaut wird, wenn es also im Wohnungsbereich Leerstände gibt. Das gibt es derzeit in der Schweiz höchstens punktuell. Im Bereich der Geschäftsimmobilien sieht die Lage anders aus, da gibt es Leerstände. Allerdings ist das kein neues Phänomen.

Die Masseneinwanderungsinitiative könnte der Blasenbildung entgegenwirken.
Ja, wenn wirklich weniger Menschen in die Schweiz kommen, das Bevölkerungswachstum also sinkt. Wir stellen aber noch keinen Rückgang der Nachfrage fest.

Wo kann Implenia in der Schweiz wachsen?
Der Infrastrukturbau ist stabil auf hohem Niveau. Das gilt auch für den klassischen Hochbau. Sehr gut entwickelt sich die Modernisierung. Wir sind erst vor zwei Jahren in dieses Geschäft eingestiegen. Das ist für uns der wichtigste Wachstumstreiber.

Können Sie schon Aussagen zum Geschäftsgang im ersten Quartal machen?
Das ist noch zu früh. Der Bau ist ein saisonales Geschäft, und die Erträge fallen vorab im zweiten Semester an. Wir sehen die Auftragseingänge, und die sind gut.

Wie sieht der Ausblick 2015 aus, was erwarten Sie von Bilfinger?
Bilfinger Construction sollte ein ausgeglichenes Ergebnis erreichen, inklusive die Integrationskosten. Ab 2016 erwarte ich operativ positive Beiträge. Der Umsatz dürfte auf Jahresbasis rund 600 Mio. € betragen. Das Closing war Anfang März, wir konsolidieren für zehn Monate. Der Umsatz dürfte in den kommenden Jahren wachsen. Für genauere Aussagen ist es ­jedoch noch zu früh.

Und für den Konzern?
Wir bestätigen die mittelfristige Zielsetzung eines Ebits von 140 bis 150 Mio. Fr.

Wo wird Implenia in fünf bis zehn Jahren stehen?
Wir wollen in unseren Kernmärkten im Infrastrukturgeschäft zu den Leadern gehören. Weitere ausländische Märkte sind erst nach der erfolgreichen Integration von Bilfinger Construction ein mögliches Thema.

Die komplette Historie zu Implenia finden Sie hier »

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