Zurück zur Übersicht
02:46 Uhr - 18.01.2019

Netflix verschleisst Milliarden für Wachstum

Der Streamingdienst aus den USA weitet die Kundenbasis rasch aus. Das hohe Tempo erfordert jedoch enorme Kosten, wie der Quartalsabschluss zeigt. Die Aktien geraten unter Druck.

Netflix (NFLX 353.19 0.51%) forciert das Wachstum mit allen Kräften. Im vierten Quartal hat der Online-Videodienst aus dem Silicon Valley weltweit 8,8 Mio. zahlende Abonnenten gewonnen. Analysten haben mit 7,5 Mio. gerechnet, nachdem das Unternehmen im Herbst 7,6 Mio. in Aussicht gestellt hat. Insgesamt ist die Kundenbasis damit per Ende 2018 auf 139 Mio. gestiegen.

«Seit zwanzig Jahren versuchen wir unsere Abonnenten zu erfreuen. Dieses Ziel ist Jahr für Jahr in unserem Fokus», sagte Konzernchef Reed Hastings während der Ergebnispräsentation am Donnerstagabend. Gut lief es Netflix vor allem im internationalen Geschäft, wo die Nutzerzahl 43% gegenüber der Vorjahresperiode zugenommen hat. Im Heimmarkt USA resultiert ein Plus von 2%.

Konkurrenz im Anmarsch

Auf den ersten Blick erscheinen diese Nachrichten ermutigend, wird sich der Konkurrenzdruck künftig doch erheblich verschärfen. In den Vereinigten Staaten lancieren die Medienriesen Disney (DIS 111.01 0.09%) und AT&T (T 30.64 0.26%) dieses Jahr neue Streamingangebote. Mit Amazon (AMZN 1693.22 0.56%), Apple (AAPL 155.86 0.59%) und Google (GOOGL 1099.12 0.88%) drängen zudem Schwergewichte aus dem IT-Sektor in den Markt.

Um sich an der Spitze zu halten, investiert Netflix in grossem Stil in kostspielige Inhalte. Paradebeispiel ist der Mystery-Thriller «Bird Box», den 80 sich Mio. Nutzer in den ersten vier Wochen nach der Lancierung angesehen haben. Als Hit erweist sich ebenfalls das mexikanische Filmdrama «Roma», das sogar als Preisanwärter bei den anstehenden Oscar-Verleihungen gehandelt wird.

Für solche Blockbuster-Produktionen verbrennt Netflix viel Geld. Der negative freie Cashflow beträgt allein für das vierte Quartal mehr als 1,2 Mrd. $. Das ist annähernd doppelt so viel wie in der vorangegangenen Berichtsperiode. Für das Gesamtjahr beläuft sich der Cash-Abfluss auf rund 3 Mrd. $, wobei Konzernchef Hastings für 2019 einen ähnlichen Betrag budgetiert.

Aufholjagd gestoppt

An der Börse weckt das gemischte Gefühle. Die Aktien von Netflix, die im Zug der Resultatpublikation oft heftig ausschlagen, büssten am Donnerstag im nachbörslichen Handel knapp 3,5% auf 341.20 $ ein. Das mag zum Teil an Gewinnmitnahmen liegen, zumal die Valoren seit dem Tief von Ende Dezember über 50% vorgeprescht sind. Das im Juli markierte Allzeithoch von 418.79 $ ist allerdings noch immer weit entfernt.

Ein weiterer Schwachpunkt im Quartalsabschluss ist die Umsatzentwicklung. Verglichen mit der Vorjahresperiode haben die Einnahmen 27% auf fast 4,2 Mrd. $ zugenommen. Das ist bemerkenswert, bleibt aber hinter den Analystenschätzungen zurück. Das gleiche gilt für die 4,5 Mrd. $ Umsatz, die Netflix für die laufende Berichtsperiode in Aussicht stellt.

Preiserhöhungen in den USA

In der Prognose bereits berücksichtig sind die Preiserhöhungen, die Netflix Anfang Woche in den USA eingeführt hat. Für das populärste Abonnement zum Beispiel stellt der Konzern Neukunden ab sofort 13 statt 11 $ pro Monat in Rechnung.

«Das könnte das Kundenwachstum dramatisch bremsen», warnt Michael Pachter vom Broker Wedbush Securities in Los Angeles. Er denkt, dass speziell Haushalte mit mittlerem und unterdurchschnittlichem Einkommen Konkurrenzangebote von Amazon und Hulu vorziehen werden.

«Wir erwarten von den Preiserhöhungen auch keinen bedeutenden Effekt auf die Profitabilität, da Netflix das zusätzliche Geld wohl für die sich aufblähenden Investitionen in Inhalte ausgeben wird», meint Pachter.

Die hohen Kosten spiegeln sich im Gewinnausblick. Netflix prognostiziert für das erste Quartal einen Gewinn von 56 Cent pro Aktie, wogegen Wallstreet bislang mit 85 Cent je Titel gerechnet hat. Im vergangenen Berichtszeitraum verringerte sich das Ergebnis 28% auf 134 Mio. $ oder 30 Cent pro Aktie.

Hat Ihnen der Artikel gefallen? Lösen Sie für 4 Wochen ein FuW-Testabo und lesen Sie auf www.fuw.ch Artikel, die nur unseren Abonnenten zugänglich sind.

Seite empfehlen



Kopieren Sie den Link [ctrl + c] und fügen Sie ihn in ein E-Mail ein [ctrl + v]. Aus Sicherheitsgründen ist kein Versand von E-Mails direkt vom VZ Finanzportal möglich.