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07:06 Uhr - 03.10.2016

Keine Routine am Investorentag von ABB

Der Industriekonzern wird sich zur Zukunft der Division Stromnetze äussern. Anleger können auf ein neues Aktienrückkaufprogramm hoffen.

Am 4. Oktober richten sich alle Augen auf ABB (ABBN 21.81 0.09%). An diesem Tag will der Automations- und Energietechnikkonzern über die Zukunft der Division Stromnetze informieren. Diese wurde im Zusammenhang mit einer Reorganisation neu gebildet und wird seit rund einem Jahr einer strategischen Überprüfung unterzogen. Bei der Ankündigung dieser Überprüfung sagte CEO Ulrich Spiesshofer, alle Optionen seien auf dem Tisch – also auch eine Abspaltung der Sparte mit anschliessendem Börsengang oder Verkauf, wie das Cevian Capital und andere Grossinvestoren von ABB fordern. Doch so weit dürfte es nicht kommen. Vieles deutet darauf hin, dass der Konzern am Investorentag zumindest am Kern der Division Stromnetze festhalten wird.

Wer der beste Eigentümer der Sparte Stromnetze ist, ist allerdings nur eine der Fragen, die im Rahmen der strategischen Überprüfung beantwortet werden. Es geht etwa auch darum, ob das Angebot an Produkten und Dienstleistungen in der Division stimmt, ob das Geschäftsmodell das richtige ist, ob die Organisationsstrukturen genügen oder ob die Leistungszielvorgaben angepasst werden müssen. Kurz, ABB will mit der strategischen Überprüfung sicherstellen, dass die Division fit gemacht wird für einen sich rasch wandelnden Stromnetzmarkt.

Fitnessprogramm

Statt der Ankündigung einer Abspaltung der Division Stromnetze dürfte ABB deshalb am Investorentag eine Art Fitnessprogramm für die Sparte bekanntgeben. Dazu könnte gehören, dass der Konzern seine Rolle als Generalunternehmer in Stromnetzgrossprojekten aufgibt, um Geschäftsrisiken zu minimieren. Eine Vorgängersparte der Division Stromnetze hatte nämlich solche Projekte vermasselt, was in der Folge zu Verlusten führte.

zoomTeil des Fitnessprogramms könnte auch sein, dass die Division weitere Teilgeschäfte aufgibt und veräussert, in denen das Umsatzpotenzial gering und der Konkurrenzdruck hoch sind. Bereits vergangene Woche angekündigt hat ABB den Verkauf des Hochspannungskabelgeschäfts an die dänische NKT Cables.

Die Division Stromnetze hat, nachdem die Probleme mit den Grossprojekten fast alle gelöst werden konnten, einen beachtlichen Turnaround hinter sich. Die Betriebsmarge auf Stufe Ebita ist in kurzer Zeit wieder in das Zielband von 8 bis 12% zurückgekehrt. Das zu erwartende Fitnessprogramm dürfte nun noch mehr möglich machen. Die Analysten der US-Bank Morgan Stanley (MS 32.06 3.29%) halten es deshalb nicht für ausgeschlossen, dass ABB am Investorentag für die Division eine Anhebung des Margenzielbands auf 10 bis 14% bekanntgeben könnte.

Am Investorentag geht es aber nicht nur um die Division Stromnetze. Ein anderer Fokus wird die weitere Entwicklung des Gesamtkonzerns sein. Ein Problem ist etwa, wie ABB wieder zu Wachstum finden kann. Das Unternehmen hat nämlich in den vergangenen Quartalen – auch wegen der flauen Weltkonjunktur – nur verhaltene Zahlen zu Auftragseingang und Umsatz geliefert. Wahrscheinlicher als eine nochmalige Anpassung des Umsatzwachstumsziels von aktuell 3 bis 6% pro Jahr nach unten, ist die Lancierung von Wachstumsinitiativen in den zukunftsversprechenden Bereichen Industrie 4.0 und Internet der Dinge, Dienstleistungen und Personen. Erst vor kurzem hat ABB in diesem Zusammenhang einen Chief Digital Officer ernannt.

Die Kosten stehen ebenfalls im Fokus. Vor einem Jahr hat der Konzern ein Programm zur Effizienzsteigerung bei den Büroangestellten lanciert, mit dem pro Jahr 1 Mrd. $ gespart werden soll. Da dieses Programm gut unterwegs ist, denken die Analysten von Morgan Stanley, dass am Investorentag eine Erhöhung des Sparziels auf 1,5 Mrd. $ bekanntgegeben werden könnte.

Profitabilität steigern

Bisherige Sparbemühungen haben trotz schwieriger Märkte eine stetige Verbesserung der Betriebsmarge ermöglicht. Aktuell beträgt sie 12,7%. Der Turnaround bei der Division Stromnetze und der Erfolg des Effizienzsteigerungsprogramms bei den Büroangestellten lassen eine Fortsetzung des Trends erwarten. Die Analysten der französischen Bank Société Générale (GLE 30.78 -0.11%) prognostizieren deshalb, dass das Margenzielband für den Gesamtkonzern am Investorentag um 100 Basispunkte auf 12 bis 17% erhöht wird.

Eben ist das im September 2014 angekündigte Aktienrückkaufprogramm, bei dem für 3,5 Mrd. $ eigene Titel erworben wurden, ausgelaufen. Trotzdem verfügt ABB noch über überschüssige Mittel von mehr als 5 Mrd. $. Die Analysten von Société Générale und von Deutsche Bank (DBK 11.57 6.39%) gehen deshalb davon aus, dass der Konzern am Investorentag ein neues Aktienrückkaufprogramm in der Höhe von 2 bis 4 Mrd. $ bekanntgibt. Freie Mittel und die gute Verschuldungssituation lassen zudem Raum für eine Verstärkung der Akquisitionstätigkeit. Lücken im Portfolio des Konzerns bestehen dabei vor allem bei den Automationsdivisionen.

Die ABB-Aktien sind dieses Jahr schon 25% gestiegen. Im langjährigen Vergleich schneiden sie jedoch schlecht ab – auch im Vergleich mit den Titeln von Konkurrenten (vgl. Chart). Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis für 2017 von 20 haben die ABB-Valoren denn auch noch zusätzliches Potenzial nach oben. Weitere Kurssteigerungen dürften vom Investorentag ausgehen, wenn es dem Management gelingt, für den Konzern einen glaubwürdigen Weg in die Zukunft zu kommunizieren. Kursrücksetzer können dann für den Einstieg genutzt werden.

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